Oblivion:Der Argonische Bericht - Band II

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Band I Der Argonische Bericht Band III

Diese Seite enthält den Text des zweiten Bandes von Der Argonische Bericht aus The Elder Scrolls IV: Oblivion.

Inhalt

Der Argonische Bericht - Band II
von
Waughin Jarth


Decumus Scotti tauchte aus dem Modder und Schilf auf, erschöpft vom Rennen, sein Gesicht und seine Arme bedeckt von roten Fleischfliegen. Er blickte zurück nach Cyrodiil und sah, wie die Brücke unter dem zähflüssigen schwarzen Fluss verschwand, und er wusste, dass er nicht zurückkehren konnte, bis die Flut in einigen Tagen zurückgehen würde. Außerdem hielt der Fluss seine Aufzeichnungen zum Schwarzmarsch-Bericht in seinen klebrigen Tiefen. Er würde sich hinsichtlich seiner Kontakte in Gideon auf sein Gedächtnis verlassen müssen.


Mailic schritt entschlossen weiter vor ihm durch das Schilf. Scotti schlug wild, doch zwecklos nach den Fleischfliegen und eilte ihm nach.


„Wir haben Glück, Sir,” sagte der Rothwardone, was Scotti außergewöhnlich seltsam erschien, bis seine Augen den ausgestreckten Fingern des Mannes folgten. „Die Karawane ist hier.”


Einundzwanzig rostige, schlammbespritzte Wagen mit verrottendem Holz und wackeligen Rädern lagen vor ihnen, halb versunken im weichen Boden. Eine Menge von Argoniern mit grauen Schuppen und grauen Augen, die übliche Art von mürrischen Arbeitern in Cyrodiil, zogen einen der Wagen, der von den anderen abgehängt war. Als Scotti und Mailic näherkamen, sahen sie, dass er eine Ladung schwarzer Beeren enthielt, die so verfault waren, dass man sie kaum noch erkennen konnte... mehr ein gärendes Gelee als eine Wagenladung Früchte.


Ja, sie seien auf der Reise nach Gideon, und, ja, so sagten sie, Scotti könne bei ihnen mitfahren, sobald sie damit fertig seien, diese Ladung Lumbeeren abzuladen.


„Vor wie langer Zeit sind sie gepflückt worden?” fragte Scotti mit einem Blick auf die verrottenden Früchte im Wagen.


„Die Ernte war natürlich in der Letzten Saat,” sagte der Argonier, der anscheinend den Wagen betreute. Nun war es Sonnenuntergang, so dass sie seit etwas über zwei Monaten von den Feldern unterwegs waren.


Ganz offensichtlich, dachte Scotti, gab es hier Transportprobleme. Doch die Lösung solcher Probleme war schließlich seine Aufgabe hier als Repräsentant von Fürst Vanechs Bauausschuss.


Es dauerte beinahe eine Stunde, während der die Beeren in der Sonne noch weiter faulten, bis der Wagen zur Seite geschoben war, die Wagen vor und hinter ihm miteinander verbunden waren, und eines der acht Pferde von der Spitze der Karawane nach hinten zu dem nunmehr einzelnen Wagen gebracht worden war. Die Arbeiter bewegten sich mit trübseliger Lethargie, und Scotti ergriff die Gelegenheit, den Rest der Karawane zu inspizieren und mit seinen Reisegefährten zu reden.


Vier der Wagen hatten im Inneren Bänke, die für eine unbequeme Reise sorgen würden. Alle übrigen waren gefüllt mit Getreide, Fleisch und Gemüse in verschiedenen Stadien des Zerfalls.


Die Reisegesellschaft bestand aus den sechs argonischen Arbeitern, drei kaiserlichen Kaufleuten, von Insekten so zerstochen, dass ihre Haut so schuppig aussah wie die der Argonier, und drei mit Umhängen verhüllten Personen, die offensichtlich Dunmer waren, wenn man von ihren roten Augen ausging, die aus dem Schatten unter ihren Kapuzen glühten. Alle transportierten ihre Waren entlang dieser Straße, der Kaiserlichen Handelsstraße.


„Das soll eine Straße sein?” rief Scotti aus und blickte auf die endlosen Felder von Schilf, das bis an sein Kinn oder höher reichten.


„Es ist wenigstens eine Art fester Boden,” meinte einer der verhüllten Dunmer achselzuckend. „Die Pferde fressen einen Teil des Schilfs, und gelegentlich brennen wir es nieder, doch es wächst einfach wieder nach.”


Schließlich gab der Karawanenführer das Zeichen, dass die Karawane zum Aufbruch bereit war, und Scotti nahm im dritten Wagen mit den anderen Kaiserlichen Platz. Er schaute sich um, doch Mailic war nicht an Bord.


„Ich erklärte mich einverstanden, Euch nach Schwarzmarsch und wieder zurück zu bringen,” sagte der Rothwardone, der sich auf einen Stein im Schilfmeer hatte fallen lassen und eine haarige Möhre verspeiste. „Ich werde hier sein, wenn Ihr zurückkommt.”


Scotti runzelte die Stirn, und nicht nur weil Mailic den respektvollen Titel „Sir” weggelassen hatte, als er mit ihm sprach. Nun kannte er wirklich niemanden in Schwarzmarsch, doch die Karawane holperte und rumpelte langsam weiter, so dass keine Zeit für eine Auseinandersetzung blieb.<


Ein ungesunder Wind blies über die Handelsstraße und erschuf Muster in der endlosen eintönigen Ausdehnung des Schilfs. In der Entfernung schienen Berge zu liegen, doch sie verschoben sich ständig, und Scotti wurde bewusst, dass es sich um Nebelbänke handelte. Schatten huschten über die Landschaft, und als Scotti aufblickte, sah er, dass sie von riesigen Vögeln stammten, mit langen, sägenähnlichen Schnäbeln, die fast so lang waren wie der Rest ihres Körpers.


„Hackflügel,” murmelte Chaero Gemullus, ein Kaiserlicher auf Scottis linker Seite, der vielleicht durchaus noch jung war, aber alt und erschöpft aussah. „Wie alles andere in dieser abscheulichen Gegend fressen sie einen, wenn man nicht in Bewegung bleibt. Die Viecher stürzen sich auf Euch und hacken auf Euch ein, fliegen dann davon und kehren zurück, wenn Ihr wegen des Blutverlusts halb tot seid.”


Ein Schauder überlief Scotti. Er hoffte, dass sie Gideon vor Einbruch der Nacht erreichen würden. Und in diesem Augenblick fiel ihm auf, dass die Sonne auf der falschen Seite der Karawane stand.


„Entschuldigung, Sir,” rief Scotti dem Karawanenführer zu. „Ich dachte, wir wären unterwegs nach Gideon?”


Der Karawanenführer nickte.


„Warum fahren wir dann nach Norden, wenn wir eigentlich nach Süden fahren müssten?”


Es kam keine Antwort außer einem Seufzer.


Scotti ließ sich von seinen Reisegefährten bestätigen, dass sie ebenfalls nach Gideon wollten, aber keiner von ihnen schien übermäßig besorgt wegen der umständlichen Route zu ihrem Ziel. Sein Rücken und Gesäß, die schließlich zu einem Mann im mittleren Alter gehörten, schmerzten auf dem harten Sitz, doch der holpernde Rhythmus der Karawane und das hypnotisch wogende Schilf zeigten schließlich doch eine Wirkung, und Scotti schlief ein.


Einige Stunden später erwachte er im Dunkeln und wusste nicht, wo er war. Die Karawane war nicht mehr in Bewegung, und er lag auf dem Boden unter der Bank neben einigen kleinen Kisten. Stimmen waren zu hören, die eine zischende, klickende Sprache sprachen, die Scotti nicht verstand, und er spähte durch irgendjemandes Beine, um zu sehen, was vor sich ging.


Die Monde durchdrangen kaum den dichten Nebel, der die Karawane umgab, und Scotti konnte von seinem Versteck aus nicht genau sehen, wer da redete. Einen Augenblick lang sah es so aus, als ob der graue Karawanenführer mit sich selbst spräche, doch in der Dunkelheit waren Bewegung und Feuchtigkeit, genau genommen schimmernde Schuppen. Es war schwierig zu sagen, wie viele dieser Dinge da waren, doch sie waren groß und schwarz, und je länger Scotti sie anstarrte, desto mehr Einzelheiten konnte er erkennen.


Als ein besonderes Detail sichtbar wurde - gewaltige Mäuler mit triefenden nadelartigen Fängen - schlüpfte Scotti zurück unter die Sitzbank. Noch hatten die kleinen schwarzen Augen ihn nicht erspäht.


Die Beine vor Scotti bewegten sich und begannen dann zu zappeln, als ihr Besitzer gepackt und aus dem Wagen gezerrt wurde. Scotti kroch weiter nach hinten, hinter die kleinen Kisten. Er wusste nicht viel über Tarnung, hatte jedoch einige Erfahrung mit Schilden. Er wusste, dass es immer gut war, etwas, irgendetwas zwischen sich selbst und üblen Dingen zu haben.


Wenige Sekunden, nachdem die Beine aus der Sicht verschwunden waren, ertönte ein schauerlicher Schrei. Und dann ein zweier und ein dritter. Verschiedene Tonlagen, unterschiedliche Akzente, doch mit derselben wortlosen Botschaft - Todesangst und Schmerz, schrecklicher Schmerz. Scotti erinnerte sich an ein lang vergessenes Gebet an den Gott Stendarr und flüsterte es vor sich hin.


Und dann herrschte Stille... eine gespenstische Stille, die nur wenige Minuten dauerte, die jedoch wie Stunden... Jahre erschien.


Und dann begann der Wagen, sich wieder vorwärts zu bewegen.


Scotti kroch vorsichtig unter der Bank hervor. Chaero Gemullus grinste ihn verdattert an.


„Da seid Ihr ja,” sagte er. „Ich dachte, die Nagas hätten Euch erwischt.”


„Nagas?”


„Üble Kreaturen,” sagte Gemullus finster. „Puffottern mit Armen und Beinen, sieben Fuß groß, acht, wenn sie wütend sind. Sie kommen aus dem Inneren des Sumpfes, und es gefällt ihnen hier nicht besonders, so dass sie besonders gereizt sind. Ihr seid genau die Sorte vornehmer Kaiserlicher, die sie suchen.”


Scotti hätte sich selbst nie im Leben als vornehm bezeichnet. Seine von Schlamm und Fleischfliegen befleckte Kleidung erschien ihm bestenfalls als Mittelklasse. „Was würden sie denn von mir wollen?”


„Euch ausrauben natürlich,” lächelte der Kaiserliche. „Und töten. Habt Ihr nicht bemerkt, was mit den anderen geschehen ist?" Der Kaiserliche runzelte die Stirn, als ob ihm gerade ein Gedanke gekommen wäre. „Ihr habt nicht zufällig was aus den Kisten da unten probiert, oder? Den Zucker zum Beispiel?”


„Himmel, nein.” Scotti schnitt eine Grimasse.


Der Kaiserliche nickte, offensichtlich erleichtert. „Ihr erscheint nur ein wenig schwer von Begriff. Zum ersten Mal in der Schwarzmarsch, nehme ich an? Oh! Heiho, pst piss!”


Scotti wollte Gemullus gerade fragen, was dieser vulgäre Ausdruck bedeutete, als es zu regnen begann. Es war ein infernalischer, übel riechender, gelblich brauner Regen, der die Karawane überflutete, begleitet von entferntem Donnergrollen. Gemullus bemühte sich, das Verdeck über den Wagen zu ziehen, und funkelte Scotti an, bis dieser bei der mühseligen Arbeit half.


Es schauderte ihn, nicht allein von der kalten Nässe, sondern von der Betrachtung des ekelerregenden Niederschlags, der auf die bereits widerlichen Naturprodukte im unbedeckten Wagen niederprasselte.


„Bald genug werden wir trocken sein,” sagte Gemullus lächelnd und wies in den Nebel hinein.


Scotti war noch nie in Gideon gewesen, doch er wusste, was er erwarten konnte. Eine große Ansiedlung, mehr oder weniger wie eine kaiserliche Stadt angelegt, mit einer Architektur mehr oder weniger im Kaiserstil, und mehr oder weniger allen kaiserlichen Vorzügen und Traditionen.


Das Durcheinander von Hütten, die zur Hälfte im Schlamm versunken waren, war entschieden weniger.


„Wo sind wir?” fragte Scotti verblüfft.


„Hixinoag,” antwortete Gemullus und sprach den eigenartigen Namen geläufig aus. „Ihr hattet Recht. Wir fahren nach Norden, obwohl wir nach Süden unterwegs sein sollten.”



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