< Artikel
Diese Seite enthält den Text des Buches Die Hoffnung der Redoran aus The Elder Scrolls III: Morrowind.
Inhalt
Turiul Nirith
Eine der magischen Künste, die die Psijics von Artaeum für sich selbst behalten haben, fern von den gewöhnlichen Zaubern und Schulen der Magiergilde, ist die Gabe der Weissagung. Trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, gab es in Tamriel reichlich Omen und Vorhersagungen, einige mit Grundlage, andere reiner Unsinn, und wieder andere so mehrdeutig, dass sie nicht nachprüfbar waren. Es gab noch andere Vorhersagungen, die geheim gehalten wurden, von den Vorhersagungen der Dro'Jizad in Elsweyr und den Nerevarine in Morrowind bis zu den Schriften der Ahnen selbst.
Der Adel der Nord hat die Tradition, Omen für ihre Kinder lesen zu lassen. Im Allgemeinen sind diese Omen schwer verständlich. Eine meiner Bekannten erzählte mir, dass ihren Eltern zum Beispiel gesagt wurde, dass das Leben ihrer Tochter von einer Schlange gerettet werden würde, und so gaben sie ihr in einer besonderen Zeremonie den Namen Schlangenkind. Und diese junge Dame, Eria Valkor Schlangenkind, wurde viele Jahre später wirklich von einer Schlange gerettet, als ein Meuchelmörder sich an sie heranschlich und dabei auf eine Danswyrmviper trat.
Gelegentlich scheinen Omen absichtlich irreführend zu sein, als ob Boethiah sie als Fallen gefertigt hätte. Ich erinnere mich insbesondere an ein Omen. Vor vielen, vielen Jahren wurde dem Fürstenhaus Redoran ein Knabe geboren. Es war eine schwierige Geburt, und als sie vorüber war, befand die Mutter sich im Delirium, dem Tode nahe. Sie sang, als ihr Sohn zur Welt kam, und sie selbige verließ.
Das Schicksal war heut' voller Freud', nicht Wut
Mein Kind wird mächtig sein, in Kraft und im Herzen
Dem Fürstenhaus der Redoran soll er bringen Hoffnung
Er wird nicht verletzt durch Schwert oder Verzauberung
Weder Krankheit noch Gift werden ihm zufügen Schmerzen
Auf den Boden soll niemals tropfen sein Blut
Der Junge, Andas genannt, war wahrhaft außergewöhnlich. Während seiner ganzen Kindheit war er nie krank, und hatte sich auch nie den kleinsten Kratzer zugezogen. Zudem war er sehr intelligent und stark, was, vereint mit seiner Unverletzbarkeit, viele dazu veranlasste, ihn nach dem Omen seiner Mutter zu nennen: Die Hoffnung der Redoran. Selbstverständlich musste jeder, der die Hoffnung der Redoran genannt wird, irgendwann ein gewisses Maß an Frechheit entwickeln, und so dauerte es nicht lange, bis er sich Feinde geschaffen hatte.
Sein schlimmster Feind war Athyn, der durch die Hand von Andas vieles hatte erdulden müssen. Einer der gravierendsten Gründe für seinen Groll war, dass Athyn, auf Andas Drängen hin, nach Rihad geschickt wurde, um dort seine Ausbildung zu beenden. Nach dem Tod seines Vaters, der ebenfalls ein Ratsherr des Fürstenhauses gewesen war, kehrte Athyn aus Hammerfell zurück. Er war alt genug, seines Vaters Sitz im Rat einzunehmen, aber Andas beanspruchte den Sitz für sich, und begründete es damit, dass Athyn zu lange von Morrowind fort gewesen sei, und die hiesige Politik nicht so verstand, wie er es tat. Die Mehrheit des Fürstenhauses stimmte mit Andas überein, da sie den schnellen Aufstieg des Fürstenhauses herbeiführen wollten.
Athyn nahm das Recht in Anspruch, seinen Cousin um den Sitz herauszufordern. Selbstverständlich dachte niemand, dass er eine ernsthafte Chance auf den Sieg hatte, trotzdem war der Kampf für den nächsten Morgen angesetzt worden. In dieser Nacht hurte und schlemmte und trank Andas mit den Ratsherren, überzeugt davon, dass ihm der Platz im Fürstenhaus sicher war, und dass die viel versprechende neue Dämmerung des Hauses Redoran nun anbrach. Athyn zog sich mit seinen Freunden, Andas Feinden, und den Dienern, die er aus Hammerfell mitgebracht hatte, auf seine Burg zurück.
Als Athyn und seine Freunde verdrießlich über das bevorstehende Duell sprachen, betrat eine seiner alten Lehrerinnen, eine Kriegerin namens Shardie, den Saal. In seinen Jahren in Hammerfell war Shardie sehr stolz auf ihren Schüler gewesen, stolz genug, ihn quer durch das Kaiserreich zum Land seiner Familie zu begleiten. Sie wollte nun wissen, warum sie so wenig Vertrauen in seine Chancen in dem Duell hatten. Sie erzählten ihr von Andas ungewöhnlicher Segnung und von dem Omen seiner Mutter.
'Wenn ihm Krankheit, Gift oder Magie nicht schaden, und sein Blut niemals vergossen werden kann, welche Hoffnung habe ich dann, ihn zu besiegen?' rief Athyn.
„Erinnert Ihr Euch an nichts, was ich Euch gelehrt habe?” antwortete Shardie. „Könnt Ihr Euch keine Waffe vorstellen, die töten kann, ohne Blut zu vergießen? Sind Schwerter und Speere und Pfeile die einzigen Gegenstände in Eurem Waffenlager?”
Athyn verstand schnell, von welcher Waffe Shardie sprach, aber es schien so lächerlich. Nicht nur lächerlich, sondern armselig und primitiv. Und dennoch war es die einzige Hoffnung, die er hatte. Während der ganzen Nacht trainierte Shardie ihn in der Kunst und Technik, zeigte ihm die verschiedenen Schläge, die ihre Leute in Alibion-Gora entwickelt hatten, Gegenattacken, Finten, und Blöcke aus Yokuda, die klassischen ein- und zweihändigen Griffe für die älteste Waffe der Welt.
Am nächsten Morgen standen die Cousins sich gegenüber, und niemals passten zwei Kämpfer weniger zueinander. Andas Einzug erregte laute Beifallsrufe, denn er war nicht nur als die Hoffnung der Redoran beliebt, sondern, da sein Sieg schon im vornherein feststand, wollten sich die meisten auch gut mit ihm stellen. Seine glänzende Rüstung und Schwert erregten Bewunderung und Ehrfurcht. Im Gegensatz dazu erregte Athyn ein Keuchen der Überraschung und nur vereinzelten, höflichen Applaus. Er war in der Kleidung und Bewaffnung eines Barbaren erschienen.
Wie Shardie es vorgeschlagen hatte, überließ Athyn Andas den ersten Angriff. Die Hoffnung der Redoran war erpicht, den Kampf zu beenden und die ihm zustehende Macht zu übernehmen. Das Schwert, geführt von Andas mächtigem Arm, schlitzte über Athyns Brust, jedoch nur leicht, und bevor es zurückschwingen konnte, schlug Athyn es mit seiner eigenen Waffe zurück. Als Athyn angriff und Andas verwundete, war die Hoffnung der Redoran, nun zum ersten Mal in seinem Leben verletzt, so überrascht, dass er sein Schwert fallen ließ.
Je weniger über das Ende des Kamps gesagt wird, desto besser. Nur so viel sei gesagt: Athyn, bewaffnet mit einer einfachen Keule, erschlug Andas, ohne einen Tropfen Bluts zu vergießen.
Athyn nahm den Sitz seines Vaters als Ratsherr ein, und man sagte dann, die Hoffnung im Omen sich auf Athyn, und nicht auf Andas beziehe. Hätte Andas schließlich nicht versucht, seinem Cousin den Ratssitz zu entreißen, so hätte der wenig ehrgeizige Athyn vielleicht nie versucht, ihn einzunehmen. So kann sicherlich argumentiert werden, nehme ich an.