Online:Das Jahr 2920, Band 10

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Inhalt

Das Jahr 2920, Band 10

2920: Das letzte Jahr der Ersten Ära


Von Carlovac Stadtweg


11. Regenhand 2920

Die Insel Artaeum, Sommersend


Die Initianden standen stumm in einer Reihe vor der Holzlaube und betrachteten die Flammen, die aus dem tiefen, mit Marmor ausgekleideten Graben vor ihnen schlugen. Die Luft darüber flirrte von der Hitze. Obwohl jeder Schüler sein Gesicht so ausdruckslos hielt, wie es sich für einen echten Psijik gebührte, war der Schrecken in ihnen fast ebenso spürbar wie die Hitze. Sotha Sil schloss die Augen und sprach den Zauber des Feuerwiderstands. Langsam schritt er durch das Becken aus lodernden Flammen und kletterte unversehrt auf der anderen Seite über den Rand. Nicht einmal seine weiße Robe wurde dabei angesengt.


„Wie bei allen anderen Sprüchen gewinnt auch dieser Zauber durch die Energie, die Ihr ihm durch Euer eigenes Können verleiht, zusätzliche Kraft“, sagte er. „Eure Vorstellungskraft und Eure Willenskraft sind der Schlüssel dazu. Man braucht keinen Zauber, um der Luft oder Blumen Widerstand zu leisten, und nachdem Ihr diesen Zauber gewirkt habt, müsst Ihr vergessen, dass es überhaupt jemals die Veranlassung für einen Zauber gab, der Euch einen Widerstand gegen das Feuer schenkt. Doch Ihr solltet mich nicht missverstehen: Dem Feuer Widerstand zu leisten, heißt nicht, seine Existenz zu leugnen. Ihr werdet die Substanz der Flammen spüren, ihre Struktur, ihren Hunger und selbst ihre Hitze, doch Ihr werdet wissen, dass sie Euch weder verletzen noch verwunden können.“


Die Schüler nickten, und einer nach dem anderen wirkten sie den Zauber und schritten durch das Feuer. Einige gingen sogar so weit, sich zu bücken und eine Handvoll Feuer aufzuklauben, um ihm mehr Luft zum Brennen zu geben, sodass es sich erst wie eine Blase ausdehnte und ihnen schließlich durch die Finger troff. Sotha Sil lächelte. Sie bekämpften ihre Furcht auf eindrucksvolle Weise.


Hauptaufsicht Thargalith kam eilig aus dem Laubengang herbeigelaufen. „Sotha Sil! Almalexia ist auf Artaeum angekommen. Iachesis schickt mich, Euch zu holen.“


Sotha Sil drehte sich nur für einen Moment zu Thargalith, doch er wusste durch die Schreie hinter ihm sofort, was geschehen war. Der junge Nord Wellig hatte den Zauber nicht korrekt gesprochen und stand in Flammen. Der Geruch von versengtem Haar und Fleisch versetzte die Schüler in Panik. Sie versuchten, aus dem Becken zu entkommen und ihn mit sich zu ziehen, doch die Steigung war so weit von den Zugängen zum Graben entfernt viel zu steil. Mit einem Wink löschte Sotha Sil die Flammen.


Wellig und einige andere Schüler erlitten zwar Verbrennungen, aber keine allzu schweren. Sotha Sil wirkte einen Heilzauber auf sie, ehe er sich wieder Thargalith zuwandte.


„Ich werde gleich bei Euch sein. Gebt Almalexia erst einmal die Zeit, sich den Straßenstaub abzuschütteln.“ Sotha Sil richtete sich mit ernster Stimme zurück an die Schüler. „Es ist nicht die Angst, die einen Zauber bricht, sondern Zweifel und Inkompetenz sind die größten Feinde eines Zauberwirkers. Meister Wellig, Ihr müsst Euer Bündel packen. Ich werde ein Boot vorbereiten, das Euch morgen früh ans Festland bringt.“


Der Zauberer fand Almalexia und Iachesis lachend und bei heißem Tee im Studierzimmer. Sie war noch schöner, als er sie in Erinnerung hatte, obwohl er sie zuvor noch nie so zerzaust gesehen hatte, in eine Decke gehüllt, das lange, feuchte Haar dicht am Feuer, um die dunklen Locken zu trocknen. Als sich Sotha Sil ihr näherte, sprang sie auf und schloss ihn in die Arme.


„Seid Ihr den ganzen Weg von Morrowind hergeschwommen?“, fragte er lächelnd.


„Es gießt von der Himmelswacht bis runter zur Küste in Strömen“, erklärte sie und erwiderte sein Lächeln.


„Wir sind nur eine halbe Meile entfernt, und doch regnet es hier nie“, sagte Iachesis stolz. „Natürlich vermisse ich manchmal den Trubel von Sommersend und bisweilen sogar das Festland. Dennoch bin ich immer wieder erstaunt über jeden, der da draußen überhaupt irgendetwas zustande bringt. Es ist eine Welt voller Ablenkungen. Wo ich gerade von Ablenkungen spreche: Was muss ich da über einen Krieg hören?“


„Meint Ihr den, der den Kontinent die letzten achtzig Jahre mit Blut tränkt, Meister?“, fragte Sotha Sil amüsiert.


„Ich schätze, den meine ich wohl“, entgegnete Iachesis mit einem Schulterzucken. „Wie läuft der Krieg?“


„Wir werden ihn verlieren, sofern ich Sotha Sil nicht davon überzeugen kann, Artaeum zu verlassen“, sagte Almalexia, wobei ihr Lächeln erstarb. Sie hatte eigentlich vorgehabt, noch etwas zu warten und unter vier Augen mit ihrem Freund zu sprechen, doch der alte Altmer gab ihr den nötigen Mut, in ihren Absichten forsch voranzuschreiten. „Ich hatte eine Vision. Ich weiß, dass es wahr ist.“


Sotha Sil schwieg für einen Moment und schaute dann zu Iachesis. „Ich muss zurück nach Morrowind.“


„Wie ich Euch kenne, werdet Ihr tun, was Ihr tun müsst“, seufzte der alte Meister. „Die Wege der Psijiker dürfen nicht gestört werden. Kriege werden gekämpft, Reiche steigen auf und fallen. Ihr müsst gehen, genau wie wir.“


„Was meint Ihr damit, Iachesis? Ihr wollt die Insel verlassen?“


„Nein, die Insel wird die See verlassen“, sagte Iachesis, und seine Stimme klang verträumt. „In ein paar Jahren werden Nebel über Artaeum aufziehen, und wir werden verschwunden sein. Wir sind von Natur aus Berater, und es gibt schon zu viele Berater in Tamriel. Nein, wir werden gehen und wiederkehren, wenn das Land uns braucht, vielleicht in einem anderen Zeitalter.“


Der alte Altmer erhob sich mühsam und nahm den letzten Schluck aus seiner Tasse, ehe er Sotha Sil und Almalexia alleine ließ. „Verpasst nicht das letzte Boot.“