Skyrim:Das giftige Lied - Band II: Unterschied zwischen den Versionen

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Band I Das giftige Lied Band III
Auflagen des Buches

Diese Seite enthält den Text von Das giftige Lied - Band II aus The Elder Scrolls V: Dragonborn.

Inhalt

Das giftige Lied
Band II
von
Bristin Xel

ay fühlte keinerlei Schuld, was ihm Angst machte. Während des gesamten langen Weges zurück von der Schlucht, durch die Wälder, über das ausgetrocknete Bett des Stroms, plauderte er fröhlich mit Baynarah, sich der Tatsache völlig bewusst, dass er soeben einen Mord begangen hatte. Jedes Mal, wenn seine Gedanken von ihrer Unterhaltung abschweiften und er an die letzten Momente in Vasters kurzem Leben denken musste, schwoll das Lied in seinem Inneren an. Er konnte nicht an den Tod des Jungen denken, doch Tay wusste, dass er verantwortlich war.


"Du meine Güte, wie seht ihr denn aus!", rief Tante Ulliah, als sie die beiden Kinder aus dem Wald hervor und auf das Sandil-Haus zukommen sah. "Wo seid ihr gewesen?"


"Hat euch das Vaster noch nicht erzählt?", fragte Tay.


Alles lief so ab, wie Tay es sich vorgestellt hatte: Jeder Tänzer im Lied trat genau dort auf, wie es die Choreografie vorgab. Tante Ulliah sagte, dass sie Vaster nicht gesehen habe. Baynarah, noch unbekümmert und sorglos, erzählte eine unschuldige Lüge: Die drei seien nicht weit weg gewesen und er müsse sich verlaufen haben. Mit dem Einbruch der Nacht erhöhte sich der Herzschlag der Panik langsam, aber beständig, denn Vaster war immer noch nicht zurückgekehrt. Baynarah und Tay gestanden tränenreich ein - er war überrascht, wie leicht es ihm fiel, ohne jedes Gefühl zu weinen -, wo sie gewesen waren und führten Onkel Triffith und eine Gruppe von Dienern zu der Schlucht und dem Schrotthaufen. Die unermüdliche Suche, die bis zum Tagesanbruch andauerte. Das Weinen. Die leichte Strafe, lediglich Zornesrufe, die Baynarah und Tay dafür erhielten, dass sie ihren kleinen Cousin verloren hatten.


Weil sie so reuevoll aussahen, nahmen alle an, dass die Kinder sich schuldig genug fühlten. Sie wurden bei Tagesanbruch ins Bett geschickt, während die Suche in den Wäldern weiterging.


Tay stand kurz davor, einzuschlafen, als sein Kindermädchen Edebah ins Zimmer kam. Der Ausdruck von unerschütterlicher Liebe und Hingabe war nicht aus ihren Augen verschwunden, und während sie seine Hand hielt, versank er dankbar ins Reich seiner Träume und Albträume. Das Lied wehte beinahe unwahrnehmbar durch sein Bewusstsein, als erneut die Vision des Zimmers im Schloss in ihm aufflammte. Das Mädchen und ihr Kind. Der Vogel unter dem Dach. Das sterbende Feuer. Der plötzliche Gewaltausbruch. Tay riss die Augen auf.


Edebah stahl sich aus dem Zimmer, während sie leise die Melodie des Lieds vor sich hin summte. In ihrer Hand: die Kristallkugel aus seinem Beutel. Er zögerte einen Moment lang, wollte aufschreien. Woher kannte sie das Lied? Wusste sie, dass er einen anderen Jungen ermordet hatte, um an die Kugel zu kommen?


Irgendwie wusste er, dass sie ihm helfen würde, dass sie alles wusste, ihn liebte und ihn durch ihre Tat nur beschützen wollte.


Der nächste Tag, die nächste Woche und der nächste Monat verliefen immer gleich. Keiner sprach viel, und wenn, dann ging es um neue Orte, an denen man nach dem verschwundenen Jungen suchen könnte. Doch die Suche war bereits sehr gründlich gewesen. Tay fragte sich, warum sie nie in der Schlucht nachsahen, aber er wusste, wie unzugänglich sie war.


Ein Nebeneffekt von Vasters Abwesenheit war, dass die Unterrichtsstunden mit Kena Gafrisi eine ernsthaftere, fast schon akademische Qualität annahmen. Die Lebhaftigkeit und begrenzte Aufmerksamkeitsspanne des Jüngeren hatten die Stunden immer verkürzt, doch die sensible Baynarah und der stille Tay waren ideale Schüler. Gafrisi war besonders beeindruckt, wie aufmerksam sie bei einer eher trockenen Geschichtslektion über die heraldischen Symbole des Hauses von Morrowind zuhörten.


"Das Wappen der Hlaalu zeigt eine Waagschale", schnaubte er verächtlich. "Sie betrachten sich selbst als die großen Ausgleicher, als ob das etwas Ehrenvolles wäre. Vor vielen Hundert Jahren waren sie Stammesangehörige unter der Führung von Resdayn, der beschloss ..."


"Verzeiht, Kena", fragte Baynarah. "Aber was ist das für ein Wappen mit dem Insekt darauf?"


"Du kennst das Haus Redoran nicht?", fragte der Lehrer und hob einen der Schilde auf. "Ich weiß, du lebst hier auf Gorne ein behütetes Leben, aber du bist sicherlich alt genug, um zu erkennen ..."


"Nicht dieses, Kena", antwortete Tay. "Ich glaube, sie meint das andere Wappen mit einem Insekt."


"Ich verstehe", nickte Kena Gafrisi mit gerunzelter Stirn. "Ja, ihr seid zu jung, um jemals das Wappen des Sechsten Hauses gesehen zu haben, des Fürstenhauses Dagoth. Sie und die verfluchten ketzerischen Dwemer waren im Krieg am Roten Berg unsere Feinde. Das Geschlecht der Dagoth wurde vollkommen vernichtet, dem Fürsten, der Mutter und dem Zauberer sei Dank. Dieses Haus war seit Urzeiten ein Fluch für unser Land. Als seine Pest endlich ausgelöscht wurde, atmete die Erde selbst erleichtert auf und stieß eine Wolke aus Feuer und Asche aus, die für über ein Jahr lang den Tag zu Nacht machte."


Baynarah und Tay wussten, dass sie nichts sagen konnten, doch sie tauschten wissende Blicke aus, als der Lehrer seine Ausführungen weiter über die große Bosheit der Dwemer und des Hauses Dagoth dozierte. Sofort nach Ende des Unterrichtes verließen sie schweigend das Gelände des Sandil-Hauses, bis sie sich weit genug von neugierigen Augen und Ohren entfernt hatten.


Die Nachmittagssonne ließ die speerartigen Bäume, die die Wiese einrahmten, lange Schatten werfen. In einiger Entfernung konnten sie die Geräusche der Arbeiter hören, welche die herbstliche Ernte vorbereiteten und die sich Unverständliches in rauen wie bekannten Akzenten zuriefen.


"Das war definitiv das gleiche Symbol wie das auf dem Schild, den du auf dem Schrotthaufen gefunden hast", sagte Baynarah schließlich. "Alle Dinge dort müssen Überreste des Fürstenhauses Dagoth sein."


Tay nickte. Er dachte an die seltsame Kristallkugel. Er fühlte, wie die sanfte Schwingung lautloser Musik seinen Körper berührte, und er wusste, dass er dabei war, eine neue Akkordfolge des Liedes zu entdecken.


"Warum haben unsere Leute all das verbrannt und weggeworfen?", fragte er nachdenklich. "Meinst du, das Haus Dagoth war so böse, dass alles, was mit ihm zu tun hatte, verflucht sein könnte?"


Baynarah lachte. Bei Tage erschien das Gerede von Flüchen und dem bösen Sechsten Haus wie reiner Aberglaube: geheimnisvoll und romantisch, aber nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste. Die beiden Kinder gingen zurück ins Schloss, wo sie einmal mehr ein kühles, schweigsames Abendessen erwartete. Bei Anbruch der Nacht schaute Baynarah durch die Schätze, die sie aus dem Schrotthaufen hervorgeholt hatte. Im fahlen Licht der Monde wirkten die kleinen Gefäße, der Ring mit den orangefarbenen Edelsteinen, die Stücke angelaufenen Silbers und das für unbestimmte Zwecke verwendete Gold äußerst bedrohlich.


Ihre Bewunderung schlug augenblicklich in Ekel um. Sie strahlten eine sonderbare Energie aus, einen Hauch von Tod und Verderben, der sich nicht verleugnen ließ. Baynarah rannte zum Fenster und übergab sich.


Als sie auf die dunkle, weite Wiese unter sich schaute, sah sie eine Gestalt, die aus zahlreichen Kerzen ein großes Insekt formte: das Symbol des Fürstenhauses Dagoth. Als die Gestalt in ihre Richtung blickte, wandte sie sich sofort wieder ab, doch sie hatte das Gesicht gesehen, das von den Flammen erhellt wurde. Es war Edebah, Tays Kindermädchen.


Am nächsten Morgen verließ Baynarah schon früh das Schloss und trug einen großen Sack mit ihren Schätzen mit sich. Sie schleppte sie zum Schrotthaufen und ließ sie dort zurück. Anschließend kehrte sie zurück und berichtete ihrem Onkel Triffith, was sie in der Nacht zuvor gesehen hatte. Sie ließ nur den Grund dafür aus, warum ihr überhaupt schlecht geworden war.


Edebah wurde ohne weitere Diskussion von der Insel Gorne verbannt. Sie weinte bitterlich und bettelte darum, sich von Tay verabschieden zu dürfen, aber das hielten alle für zu gefährlich. Als Tay nach ihr fragte, sagte man ihm, dass sie zu ihrer Familie auf das Festland hätte zurückkehren müssen. Er wäre inzwischen ohnehin zu alt für ein Kindermädchen.


Baynarah erzählte ihm nie, was sie erfahren hatte. Denn sie fürchtete sich.

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