Morrowind:Der vergiftete Gesang - Buch V: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Kategorie:Bücher aus TES III: Morrowind|Der vergiftete Gesang, Buch II]]
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Aktuelle Version vom 28. August 2016, 19:10 Uhr

Buch IV Der vergiftete Gesang Buch VI

Diese Seite enthält den Text des fünften Buches von Der vergiftete Gesang aus The Elder Scrolls III: Morrowind.

Inhalt

Der vergiftete Gesang - Buch V
von
Bristin Xel


Zwei Tage lang waren die Heiler des Hauses an Tays Bett, während Baynarah an seiner Seite wachte und seine Hand hielt. Er fieberte, war weder wach, noch schlief er, und schrie unsichtbare Phantome an. Die Heiler lobten die innere Stärke des jungen Mannes. Es waren schon häufiger Körper an den Ufern Gornes angeschwemmt worden, viele während des Krieges, aber sie hatten noch nie zuvor jemanden gesehen, der danach noch lebte.


Tante Ulliah kam mehrmals herein, um Baynarah Essen zu bringen: „Du musst auf dich achten, meine Liebe, oder er muss womöglich an deinem Krankenbett wachen, wenn er wieder gesund ist.“


Tays Fieber ließ nach, und endlich war er in der Lage, seine Augen zu öffnen und die junge Frau zu sehen, mit der er siebzehn Jahre, alle bis auf das erste seines Lebens, verbracht hatte. Sie lächelte ihn an und rief nach Essen. Schweigend half sie ihm beim Essen.


„Ich wusste, du würdest nicht sterben, Cousin“, flüsterte sie liebevoll.


„Ich wollte es, aber irgendwie wusste ich auch, dass ich nicht sterben würde“, stöhnte er. „Baynarah, erinnerst du dich an all die Albträume, von denen ich dir erzählt habe? Sie sind alle wahr.“


„Wir können darüber reden, wenn du besser ausgeruht bist.“


„Nein“, krächzte er. „Ich muss dir jetzt alles erzählen, damit du weißt, was für ein Monster du deinen lieben Cousin Tay nennst. Wenn es für dich einen Weg gegeben hätte, es vorher zu erfahren, wärst du vermutlich nicht so darauf bedacht, mich wieder gesund zu sehen.“


Eine Träne lief Baynarahs Wange hinunter. Sie war zu einer Schönheit geworden, allein in den paar Monaten, die er fort in Gramfeste gewesen war. „Wie kannst du nur denken, dass ich aufhören würde, dich zu lieben, egal, was du getan hast?“


„Ich habe mein altes Kindermädchen, Edebah, gesehen und mit ihr gesprochen.“


„Oh“, Baynarah hatte diesen Moment gefürchtet. „Tay, ich weiß nicht, was sie dir gesagt hat, aber es war alles mein Fehler. Du erinnerst dich doch daran, wie Kena Grafisi uns von dem Haus Dagoth und seiner Verderbtheit erzählt hat. In dieser Nacht sah ich, wie dein Kindermädchen auf der nördlichen Wiese eine Art von Altar errichtete und dabei das Symbol des Sechsten Hauses verwendete. Sie muss das bereits seit Jahren getan haben, aber ich habe nie gewusst, was es bedeutete. Ich habe es Onkel Triffith erzählt, und er hat sie fortgeschickt. Ich habe es dir schon so oft erzählen wollen, aber ich hatte Angst. Sie war dir so ergeben.“


Tay lächelte. „Und hat dir der Gedanke nicht noch mehr Angst gemacht, dass es eine Verbindung zwischen ihrer Hingabe für mich und ihrer Ergebenheit gegenüber dem verfluchten Hause geben könnte? Ich kenne dich, Baynarah. Du gehörst nicht zu den Frauen, die ihren Verstand nicht benutzen.“


„Tay, ich weiß nicht, was sie dir gesagt hat, aber ich denke, dass sie sehr verwirrt war, und dass, was auch immer sie über dich und das Sechste Haus dachte, falsch war. Du musst das bedenken. Das zusammenhanglose Gerede einer Verrückten beweist gar nichts.“


„Es geht um mehr“, seufzte Tay und hob seine Hand. Einen Moment lang blinzelte er verwirrt, dann wandte er sich ärgerlich zu Baynarah. „Was ist mit meinem Ring passiert? Wenn du ihn gesehen hast, musst du längst gewusst haben, dass alles, was ich sage, wahr ist.“


„Ich habe das widerliche Ding weggeworfen“, Baynarah stand auf. „Tay, ich lasse dich jetzt etwas ausruhen.“


„Ich bin der Erbe des Hauses Dagoth“, Tay war außer sich und schrie beinahe. „Nach dem Krieg aufgezogen im Hause Indoril, aber angetrieben von Gesang meiner Vorfahren. Als wir jung waren, habe ich Vaster umgebracht, weil der Gesang mir einflüsterte, dass er mein Erbe gestohlen hatte. Als Edebah mir sagte, wer ich bin, und mir diesen Ring gab, tötete ich sie und verbrannte ihr Haus, weil der Gesang mir sagte, dass sie ihren Zweck erfüllt hatte. Als ich zu Kalkoriths Haus zurückkehrte, erwartete mich meine Geliebte dort und offenbarte mir, dass auch sie aus dem Hause Dagoth stamme und meine Schwester sei. Ich floh, und als Kalkorith mich aufhalten wollte, erstach ich ihn, da mir der Gesang sagte, dass er ein Feind sei.“


„Tay, hör auf“, schluchzte Baynarah. „Ich glaube nicht ein Wort davon. Du hattest Fieber ...“


„Nicht Tay.“ Er schüttelte schwer atmend den Kopf. „Der Name, den mir meine Eltern gaben, lautet Dagoth-Tython.“


„Du kannst Edebahh nicht getötet haben, du hast sie geliebt. Und Vaster und Kalkorith? Sie waren deine Cousins!“


„Sie waren nicht meine wahren Cousins“, sagte Tay kühl. „Der Gesang sagte mir, dass sie meine Feinde sind. Genau wie er mir jetzt sagt, dass du meine Feindin bist, aber ich werde nicht zuhören. Und ich werde auch weiterhin nicht zuhören ... solange, wie ich kann.“


Baynarah floh aus dem Raum und schlug die Tür hinter sich zu. Sie ließ sich von ihrer verschreckten Magd Hillima den Schlüssel geben und schloss das Zimmer ab.


„Serjo Indoril-Baynarah“, flüsterte Hillima voller Mitgefühl. „Ist alles in Ordnung mit Eurem Cousin, Serjo Indoril-Tay?“


„Es wird ihm gut gehen, sobald er sich etwas ausgeruht hat“, Baynarah stellte ihre Würde wieder her und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. „Er darf unter keinen Umständen gestört werden. Ich werde den Schlüssel mitnehmen. Und jetzt habe ich viel zu tun. Ich nehme nicht an, dass schon jemand mit den Fischern über das Wiederauffüllen der Lagerbestände gesprochen hat?“


„Nicht, dass ich wüsste, Serjo“, sagte die Magd. „Ich denke nicht.“


Baynarah ging zu den Docks hinunter und erleichterte ihr Herz auf die einzige Weise, die sie kannte, indem sie sich auf die kleinen Dinge konzentrierte. Sie konnte Tays Worte nicht vergessen, aber sie fand vorübergehenden Trost darin, mit den Fischern über ihren Fang zu sprechen, bei der Entscheidung darüber zu helfen, wie viel davon geräuchert, wieviel in den Ort geschickt und wie wieviel frisch in die Speisekammer des Hauses geliefert werden sollte.


Ihre Tante Ulliah beteiligte sich an dem Gespräch, ohne Baynarahs gut verborgenen Schmerz zu bemerken. Zusammen diskutierten sie, wie viele Lebensmittel Onkel Triffith und seine Kommandanten während ihrer Wochen auf der Insel verzehrt hatten, wann man mit ihrer Rückkehr rechnen konnte, und wie man sich am besten darauf vorbereitete. Einer der Fischer auf dem Dock unterbrach sie mit seinem Ruf.


„Da kommt ein Boot!“


Ulliah und Baynarah gingen die Besucherin begrüßen. Es war eine junge Frau, in das Gewand einer Tempelpriesterin gehüllt. Als sie ihr kleines Boot anlegte, bewunderte Baynarah ihre Schönheit und fand sie auf seltsame Weise vertraut.


„Willkommen auf Gorne“, sagte Baynarah. „Ich bin Indoril-Baynarah und das ist meine Tante Indoril-Ulliah. Sind wir uns schon einmal begegnet?“


„Nicht, dass ich wüsste, Serjo“, sagte Frau und verneigte sich. „Ich wurde vom Tempel geschickt, um zu erfahren, ob Ihr etwas von Eurem Cousin, Indoril-Tay gehört habt. Er hat nun schon seit einigen Tagen seine Lektionen verpasst und die Priester machen sich Sorgen.“


„Oh, wir hätten Bescheid geben sollen“, sagte Ulliah bedauernd. „Er kam vor einigen Tagen hier an, halb ertrunken. Es geht ihm jetzt besser. Lasst uns Euch zum Haus begleiten.“


„Tay ruht sich gerade aus, und ich habe darum gebeten, dass er nicht gestört wird“, brachte Baynarah hervor. „Ehrlich gesagt, ich weiß, ich bin furchtbar unhöflich, aber ich muss kurz mit meiner Tante sprechen. Würde es Euch sehr viel ausmachen, wenn ich Euch darum bitte, beim Haus auf uns zu warten? Ihr müsst nur dem Pfad den Hügel hoch und über den Rasen folgen.“


Die Priesterin verneigte sich nochmals demütig und begab sich auf den Weg. Ulliah war außer sich vor Empörung.


„Du solltest es eigentlich besser wissen, als eine Repräsentantin des Tempels so zu behandeln“, schnappte sie. „Du kannst von der Pflege deines Cousins kaum so erschöpft sein, dass du jeden Sinn für Höflichkeit verloren hast.“


„Tante Ulliah“, flüsterte Baynarah und zog die Frau weg von den Ohren der Fischer. „Ist Tay wirklich mein Cousin? Er glaubt, er gehöre ... zum Hause Dagoth.“


Ulliah zögerte einen Moment, bevor sie antwortete. „Das ist wahr. Du warst während des Krieges noch ein Baby, daher kannst du nicht wissen, wie es damals war. Es gab keine Gegend Morrowinds, die nicht vom Krieg heimgesucht worden war. Sogar hier auf unserer Insel gab es eine Schlacht. Erinnerst du dich noch an den verbrannten Haufen Unrat, den du, Tay und der arme kleine Vaster vor so vielen Jahren entdeckt haben? Das waren die Überreste. Nach dem Krieg, als das verfluchte Haus endlich besiegt war, fanden wir die kleinen Unschuldigen, die Waisen, deren einziges Verbrechen es gewesen war, von bösen Eltern abzustammen. Ich gebe zu, dass es in unseren Armeen, den vereinigten Streitkräften der Häuser, einige Stimmen gab, die sie gerne alle erschlagen gesehen hätten, um das Vermächtnis der Dagoth auszulöschen. Zum Schluss siegte das Mitleid und die Kinder des Sechsten Hauses wurden in die anderen Fünf adoptiert. Und so dachten wir, dass wir den Krieg und den Frieden gewonnen hätten.“


„Bei der Mutter, dem Fürsten und dem Zauberer, wenn alles, was Tay glaubt, wahr ist, dann kann es keinen Frieden geben“, zitterte Baynarah. „Er behauptet, dass er den Gesang seiner Ahnen vernommen hat und dass er ihn dazu zwang, drei Leute zu töten, zwei davon Angehörige unseres Hauses. Cousin Kalkorith und ... als er ein kleiner Junge war ... Vaster.“


Ulliah schlug die Hände vor ihrem tränenfeuchten Gesicht zusammen und konnte nicht sprechen.


„Und das ist nur der Anfang“, sagte Baynarah. „Der Gesang spricht immer noch zu ihm. Er sagte, dass es andere gebe, die es wüsste, und die ihm helfen würde, das Sechste Haus wieder neu zu errichten. Seine Schwester ...“


„Es muss eine böse Einbildung sein“, murmelte Ulliah. Sie bemerkte, dass Baynarahs Blick nun auf den Pfad gerichtet war, der von den Docks zum Haus führte. „Nichte, woran denkst du?“


„Hat uns diese Priesterin ihren Namen genannt?“


Die beiden Frauen rannten den Pfad hinauf und riefen nach den Wachen. Die Fischer, welche die Herrinnen des Hauses nie so aufgeregt gesehen hatten, tauschten kurze Blicke aus und folgten dann schnell nach, mit gezückten Haken und Klingen.


Die Eingangstür des Hauses stand weit offen, die ersten Leichen lagen kurz dahinter. Es wirkte wie ein Schlachthaus, frisch angestrichen mit Blut. Da war Aner, Onkel Triffiths Kammerdiener, mit aufgeschlitztem Bauch am Tisch sitzend, wo er sein nachmittägliches Glas Flinn genossen hatte. Leryne, eines der Zimmermädchen, war enthauptet worden, als sie gerade ein paar ehemals saubere Betttücher nach oben bringen wollte. Die Leichen von Wachen und Dienern lagen in der Halle verstreut wie abgeworfene Blätter. Baynarah stürmte die Treppe hinauf, oben angelangt musste sie ein Schluchzen unterdrücken, als sie Hillima erblickte. Sie lag da wie eine zerbrochene Puppe, erschlagen, als sie versuchte nach draußen auf das schmalen Fenstersims zu klettern.


Niemand sprach ein Wort, nicht Baynarah, nicht Tante Ulliah und auch nicht die Fischer, als sie langsam durch das blutbesudelte Haus gingen. Sie kamen an Tays Krankenzimmer vorbei. Die Tür war aufgebrochen und der Raum war leer. Als sie den Gang hinunter, in Baynarahs Zimmer, das Geräusch von Schritten hörten, näherten sie sich langsam und vorsichtig, mit großer Furcht.


Die Priesterin von den Docks stand neben dem Bett. In der Hand hatte sie den Silberring, den Baynarah von Tays Finger genommen hatte. In ihrer anderen Hand befand sich eine lange, gekrümmte Klinge, die wie ihr Priestergewand mit Blut verschmiert war. Sie lächelte freundlich und verbeugte sich, als sie bemerkte, dass sie nicht mehr allein war.


„Acra, ich hätte dich nach den Beschreibungen in Tays Briefen erkennen müssen“, sagte Baynarah mit ihrer festesten Stimme. „Wo ist mein Cousin?“


„Ich ziehe es vor, mich Dagoth-Acra zu nennen“, antwortete sie. „Dein falscher Cousin, mein wahrer Bruder, ist bereits aufgebrochen, um sein Schicksal zu erfüllen. Ich bedaure, dass er nicht hier war, um sich von euch zu verabschieden.“


Baynarahs Gesicht verzerrte sich vor Zorn. Sie winkte die Fischer herbei, die mit ihren Waffen näherkamen. „Zerreißt sie in Stücke.“


„Das Sechste Haus wird sich wieder erheben und Dagoth-Tython wird uns anführen!“, sagte Acra mit einem triumphierenden Lachen. Ihre Worte waren noch nicht verhallt, als sie das Zeichen des Rückkehr vollführte und wie ein Geist verschwand.