Manche scheinen es ja nicht zu wissen oder fortlaufend zu ignorieren, aber der Staat ist ein Gemeinschaftsprojekt zum Wohle aller daran beteiligten Individuen, mit dem Zweck, die Autonomie und Selbstbestimmung aller Bürger zu garantieren: Darum Demokratie und Rechtsschutz usw. Das heißt: Der Staat ist verpflichtet, die Rechtsfähigkeit und Freiheitsfähigkeit aller Bürger zu schützen.
Nun ist es aber so, dass wir uns für ein marktwirtschaftliches System entschieden haben. In einem Markt aber gibt es notwendig Gewinner und Verlierer. Da es aber notwendig verlierer gibt, kann man dies den Verlierern nicht vollständig anlasten, sie sind sozusagen das Opfer, das wir für unser Wirtschaftssystem in Kauf nehmen: Irgendjemand muss die Arschkarte ziehen.
Die Verlierer des Marktes nun verlieren aber eben dadurch ihre wirtschaftliche Existenz, was sie ihrer Rechts- und Freiheitsfähigkeit beraubt. Im schlimmsten Falle durch Verhungern oder Erfrieren, also den Tod, zumindest aber dadurch, dass sie nicht mehr die Mittel haben, Rechte in Anspruch zu nehmen oder Feiheit zu vollziehen. Denn die Ausübung von Freiheit erfordert nunmal, dass man sich der erforderlichen Mittel bedient, die widerum Geld kosten.
Wenn nun die Leute, die keine Arbeit haben - und die gibt es, wie gesagt, notwendig (oder glaubt irgendwer, dass es jemals wieder Vollbeschäftigung geben wird?) -, alle Mittel verlieren, um irgendwelche Freiheiten zu beanspruchen, so verlieren sie damit de facto die Freiheits- und Rechtsfähigkeit als solche, ihr Fortbestand als Person ist gefährdet, womit sie letztlich nicht mehr als Person und Teilnehmer am Gemeinwesen anerkannt werden. Daher ist der Staat dazu verpflichtet, ihnen eine hinreichende Unterstützung in solcher Form zukommen zu lassen, dass sie noch als Rechtsfähige Personen und autonome Bürger existieren können. Und das erfordert mehr, als bloß die Versorgung mit Grundgütern zum Überleben: Es erfordert die Möglichkeit, selbst Entscheidungen zu treffen und sein Leben zu gestalten. Nicht in opulenter Weise, aber eben doch in grundsätzlicher Autonomie.
HarzIV-Empfänger leben ja auch nicht im Luxus, mit knapp 400 Euro hat man nun wirklich keine ausufernden Mittel!
Ihnen Beschränkungen dafür aufzuerlegen, was sie mit diesem Geld tun dürfen und was nicht, bedeutet, ihnen ihren Status als Person abzuerkennen. Daher mag man zwar über die Höhe des Geldes diskutieren können, nicht aber darüber, dass dieses zur freien Verfügung zu stehen hat, denn das wäre eine unbotmäßige Bevormundung, Vollversorgung hin oder her. Schließlich erfüllen diese Menschen ja auch einen gewissen Zweck: Als Verlierer des Marktes sind sie die Bedingung dafür, dass es auch Gewinner des Marktes gibt, also die Bedingung von deren Wohlstand.