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Ehemaliger Benutzer 7613
Gast
Gestern ist mir klargeworden, dass ich, obwohl ich leidenschaftlich schriftstellere, bisher in diesem Forum nur (meist negative) Kritik an anderen Werken geäußert habe. Ein guter Zeitpunkt, das zu ändern.
Mein aktuelles Werk heißt "In meinem Turm versteckt" - ein Arbeitstitel, den ich wählte, da eben dieser "Song" von Weena Morloch in meinem Player lief, als mir die Idee für den Text kam.
Ich werde das Ganze als Fortsetzungstext aufziehen - bis jetzt habe ich eine Handvoll Ideen parat, aber nur den Prolog wirklich fertig gestellt. Wie es sich entwickelt, werde ich sehen - aber ihr könnt euch sicher sein, dass es sich entwickeln wird.
Aber genug der Worte, Vorhang auf für die wirklichen Worte:
-Prolog-
Als er aufwachte und seine Gedanken in alle erdenklichen Richtungen schweifen ließ, wurde ihm mit der Wucht eines Faustschlags, die ihn unartikuliert aufkeuchen ließ, klar, dass er sich in seiner aktuellen Situation nur einer Konstante gewiss sein konnte: seiner grauenhaften Ungewissheit. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, wo er sich befand, geschweige denn, wer er war. Er konnte noch nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob er stand oder lag, da er seinen Körper nicht spürte, er war völlig taub.
War es überhaupt sein Körper? Hatte er jemals einen Körper besessen?
Mit diesen Fragen mühte er sich ab, und auf furchteinflößende, nervenzerfetzend langsame Weise (etwa so, wie uns das Grauen in den besten Horrorgeschichten heimsucht) wurde ihm klar, dass er keine Antwort gab. Mehr als einmal kam er zu dem Schluss, er müsse unter Drogen gesetzt worden, vergiftet oder von einer plötzlichen Lähmung heimgesucht worden sein, und jedes Mal verwarf er diese These, da er sich an nichts erinnern konnte, das darauf hindeutete. Er musste sich schließlich nach einiger Zeit (war es eine Sekunde oder ein Tag?) mit der Unerklärlichkeit seiner Situation abfinden.
Für einen Sekundenbruchteil flammte in seinem Kopf der Bruchteil einer Erinnerung (woher? Aus seinem früheren Leben?) auf: „And my soul from out that shadow that lies floating on the floor / Shall be lifted – nevermore!“ Das war der letzte Teil eines Gedichtes, aber welches es war, von wem es verfasst worden war (und sogar die Sprache, in der es geschrieben war) – er wusste es nicht. Mit einer Art grimmiger Ironie musste er allerdings zugeben, dass es seinen Zustand mehr als treffend beschrieb. Was jedoch nicht das Geringste an der Tatsache änderte. Wie sollte es auch? Dies war kein Gedicht, dies war erschreckend wahr – obwohl es sich wirklich ausgesprochen unwirklich, surreal anfühlte.
„Steh auf“, sagte eine leise Stimme neben ihm. Es war weder ein Befehl noch eine Aufforderung, zumindest dem Tonfall nach zu urteilen, aber er spürte das Verlangen, zu gehorchen. Und plötzlich (oder dauerte es doch Stunden?) spürte er seine Arme und Beine wieder – sie waren steif und taub, außerdem fühlten sie sich nicht wie seine eigenen an – und begann, sie vorsichtig zu bewegen. Dieser Prozess, den er früher (gab es ein „früher“?) als so einfach und elementar betrachtet hatte, war nun für ihn sowohl körperlich als auch psychisch außerordentlich anstrengend.
„Steh auf“, sagte die Stimme wieder. Lethargisch langsam und mit völliger, beinahe meditativer Konzentration gehorchte er. Als er schließlich mehr oder weniger aufrecht stand und sich das Gefühl in seinen Beinen von fremdkörperartig zu schmerzend gewandelt hatte, sog er, um wieder zu Kräften zu kommen, gierig die kühle Luft, die ihn umgab, ein. Sie schmeckte nach Nässe und Moder.
„Öffne deine Augen“, sagte die Stimme. Seine Lider waren schwer wie Blei, aber langsam und mit übermenschlicher Willensanstrengung schaffte er es, sie anzuheben, sodass Licht in seine geweitete Pupille drang. Oder zumindest das, was Licht zu sein schien.
Da seine Stimmbänder ihm nicht gehorchten, löste sich nur ein lautes Rasseln aus seiner Kehle.
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Das Nordviertel war kein schöner Ort. Nicht besonders hässlich (immerhin trieben sich nachts keine Banden herum, und das Ausmaß an Schmierereien, Glasscherben und Exkrementen hielt sich in Grenzen), aber eben doch alles andere als hübsch. Alte Häuserblocks aus den fünfziger Jahren in einem fleckigen, versifften Grau, zwei um diese Uhrzeit wie üblich unbenutzte Kindergärten, die von einer merkwürdigen Aura des Verfalls umgeben waren (was durch grellbuntes Kindergekritzel und Window-Color-Bilder mehr schlecht als recht kompensiert wurde), ein Spielplatz, der aufgrund seiner rostigen und quietschenden Spielgeräte nur noch von Dealern oder ausgesprochen waghalsigen Pärchen besucht wurde, und der eine oder andere Fleck Grün. Es war kein schöner Ort, aber das Beste, das die Stadt ärmeren Familien mit Kindern bieten konnte. Es war für Kinder kein schöner Ort, aber wer konnte es sich schon leisten, ins Westviertel zu ziehen?
Normalerweise waren die Straßen um diese Zeit so gut wie ausgestorben, aber heute wimmelte es nur so von Menschen. Menschen aller Formen und Farben, oder zumindest alle, die man hatte auftreiben können – Menschen aus der unteren Mittel- und der Unterschicht, in so gut wie jedem Alter (sogar einige Halbstarke ließen sich blicken). Und natürlich die Polizei.
Sie suchten jemanden. Oder hofften verzweifelt darauf, ihn zu finden.
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Er hatte kaum noch die Kraft, sich auf den Beinen zu halten, er war so lange gelaufen... Er hielt es für ein Wunder, dass er nicht schon längst leblos zusammengebrochen war, aber offenbar gab ihm die Verzweiflung Kraft. Dieses Ding konnte und durfte einfach nicht real sein. Wahrscheinlich war er aus irgendwelchen Gründen wahnsinnig geworden, und das wäre mit Sicherheit das Beste für ihn. Zumindest besser, als von dem Ding, das sich ihm an die Fersen geheftet hatte (zumindest glaubte er das)... Nein, darüber durfte er nicht nachdenken. Nur weiter, immer weiter. Links, rechts, links, rechts, links, rechts...
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Schmatzschmatzschmatz weiiiitäääär weiiiiitäär schmatzschmatz liiiiingsss schlürf ...chdssss liiiiingsss schmatz daaaaarffff niiiiichd schmatzschmatzschmatz seeeeeiiiiiin schmatzschmatz...
Die Verbindung brach abrupt ab. Der Fresser stieß einen verärgerten Grunzer aus und streckte erneut seine Fühler aus. Er witterte viele Individuen. Er suchte sich willkürlich eines aus.
Schmatzschmatzschmatz ...iiiiir haaaaabeeeen schmatzschmatz ...fuuuuundeeen schmatzschmatzschmatz
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"Inspektor, kommen sie schnell - wir haben ihn gefunden!"
Der Gesundheitszustand des Mannes sah alles Andere als gut aus - er hatte mehrere offene Wunden an Armen und Beinen, viele Prellungen und, wie es schien, einen Bruch in der linken Hand, aber das konnte noch niemand mit Gewissheit sagen. Davon abgesehen schien er geistig nicht mehr auf der Höhe zu sein - er brabbelte wirres Zeug, hatte unkontrollierte Zuckungen im Gesicht und wehrte sich mehrere Male verzweifelt gegen etwas, das niemand sehen konnte, einmal sogar so heftig, dass man seine Arme fixieren musste, um dafür zu sorgen, dass er sich nicht aus Versehen selbst verletzte.
Nach kurzer Zeit (die sich in allen Köpfen aber lange ausgedehnt hatte) kam ein Krankenwagen, die weiß gekleideten Männer verfrachteten den Mann mit gekonnten Handgriffen hinein und rasten dann unter Sirenengeheul ins nächste Krankenhaus. Die Blicke aller Anwesenden folgten ihnen, bis der Wagen außer Sichtweite kam. Sie hofften. Sie verstanden aber nicht.
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Mit
dem
Gesundheits
zustand
des
Mannes
ging
es
immer
weiter
abwärts
.
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Merkwürdig war, dass seine Wunden unter den fähigen Händen der Ärzte ausgesprochen gut verheilten, er aber dennoch von Tag zu Tag schwächer wurde. Sein Gesicht, das schon zu Beginn seiner Behandlung eingefallen und fahl war, nahm nun mit einem erschreckenden Tempo eine geradezu leichenhafte Blässe an, und die Haut straffte sich mehr und mehr über seinem (mittlerweile auch kahlen) Schädel, sodass man mehr einen Totenkopf als einen Menschen vor sich hatte, äußerlich betrachtet. Der zunehmende Verfall schien auch auf irgendeine Weise in Korrelation zu den merkwürdigen Anfällen zu stehen, bei denen er wild aufschrie, sodass es einem den Magen umdrehte, und sich mit seinen abgemagerten Armen gegen eine Bedrohung wehrte (oder zu wehren versuchte?), die außer ihm niemand sehen konnte. Obwohl - es gibt einen Fall von einem kleinen Mädchen, nämlich seiner bemitleidenswerten Tochter, die sich aufgrund eines Besuchs während einem seiner Anfälle im Krankenzimmer befand und ganz ähnlich reagierte. Aber hier kann man sich natürlich auch nicht sicher sein, ob es eine Reaktion auf das unsichtbare Etwas oder schlichtweg Angst war.
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Der geneigte Leser wird bemerkt haben, wie eigenartig diese Textschnipsel sind. Fragmentarisch, wirr, wie auch immer man das nennen mag. Mich kratzt das nicht. Ich hab das Zeug nicht verfasst, sondern bin im Nachlass meines Großvaters auf einen riesigen Haufen davon gestoßen. Im wahrsten Wortsinn. Und der war noch wirrer als das, was ihr hier lest, das könnt ihr mir glauben. Seid froh, dass ich diesen Teil hier schon geordnet habe, sonst hätt sich euer Hirn vielleicht im eigenen Saft totgeschmort oder so was. Ich merk es ja an mir selber. Verdammt, ich brauch unbedingt einen Joint.
Auf jeden Fall hab ich nicht die geringste Ahnung, warum mein Großvater den Kram aufgehoben, ach was, geschrieben hat. Ich weiß ja nicht mal, ob das, was er da beschreibt, real oder Fiktion ist. Er war eben ein ziemlich exzentrischer Typ. Schon immer gewesen, und der Alzheimer hats wahrscheinlich auch nicht besser gemacht. Was solls. Interessant ist der Kram allemal.
Mein aktuelles Werk heißt "In meinem Turm versteckt" - ein Arbeitstitel, den ich wählte, da eben dieser "Song" von Weena Morloch in meinem Player lief, als mir die Idee für den Text kam.
Ich werde das Ganze als Fortsetzungstext aufziehen - bis jetzt habe ich eine Handvoll Ideen parat, aber nur den Prolog wirklich fertig gestellt. Wie es sich entwickelt, werde ich sehen - aber ihr könnt euch sicher sein, dass es sich entwickeln wird.
Aber genug der Worte, Vorhang auf für die wirklichen Worte:
-Prolog-
Als er aufwachte und seine Gedanken in alle erdenklichen Richtungen schweifen ließ, wurde ihm mit der Wucht eines Faustschlags, die ihn unartikuliert aufkeuchen ließ, klar, dass er sich in seiner aktuellen Situation nur einer Konstante gewiss sein konnte: seiner grauenhaften Ungewissheit. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, wo er sich befand, geschweige denn, wer er war. Er konnte noch nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob er stand oder lag, da er seinen Körper nicht spürte, er war völlig taub.
War es überhaupt sein Körper? Hatte er jemals einen Körper besessen?
Mit diesen Fragen mühte er sich ab, und auf furchteinflößende, nervenzerfetzend langsame Weise (etwa so, wie uns das Grauen in den besten Horrorgeschichten heimsucht) wurde ihm klar, dass er keine Antwort gab. Mehr als einmal kam er zu dem Schluss, er müsse unter Drogen gesetzt worden, vergiftet oder von einer plötzlichen Lähmung heimgesucht worden sein, und jedes Mal verwarf er diese These, da er sich an nichts erinnern konnte, das darauf hindeutete. Er musste sich schließlich nach einiger Zeit (war es eine Sekunde oder ein Tag?) mit der Unerklärlichkeit seiner Situation abfinden.
Für einen Sekundenbruchteil flammte in seinem Kopf der Bruchteil einer Erinnerung (woher? Aus seinem früheren Leben?) auf: „And my soul from out that shadow that lies floating on the floor / Shall be lifted – nevermore!“ Das war der letzte Teil eines Gedichtes, aber welches es war, von wem es verfasst worden war (und sogar die Sprache, in der es geschrieben war) – er wusste es nicht. Mit einer Art grimmiger Ironie musste er allerdings zugeben, dass es seinen Zustand mehr als treffend beschrieb. Was jedoch nicht das Geringste an der Tatsache änderte. Wie sollte es auch? Dies war kein Gedicht, dies war erschreckend wahr – obwohl es sich wirklich ausgesprochen unwirklich, surreal anfühlte.
„Steh auf“, sagte eine leise Stimme neben ihm. Es war weder ein Befehl noch eine Aufforderung, zumindest dem Tonfall nach zu urteilen, aber er spürte das Verlangen, zu gehorchen. Und plötzlich (oder dauerte es doch Stunden?) spürte er seine Arme und Beine wieder – sie waren steif und taub, außerdem fühlten sie sich nicht wie seine eigenen an – und begann, sie vorsichtig zu bewegen. Dieser Prozess, den er früher (gab es ein „früher“?) als so einfach und elementar betrachtet hatte, war nun für ihn sowohl körperlich als auch psychisch außerordentlich anstrengend.
„Steh auf“, sagte die Stimme wieder. Lethargisch langsam und mit völliger, beinahe meditativer Konzentration gehorchte er. Als er schließlich mehr oder weniger aufrecht stand und sich das Gefühl in seinen Beinen von fremdkörperartig zu schmerzend gewandelt hatte, sog er, um wieder zu Kräften zu kommen, gierig die kühle Luft, die ihn umgab, ein. Sie schmeckte nach Nässe und Moder.
„Öffne deine Augen“, sagte die Stimme. Seine Lider waren schwer wie Blei, aber langsam und mit übermenschlicher Willensanstrengung schaffte er es, sie anzuheben, sodass Licht in seine geweitete Pupille drang. Oder zumindest das, was Licht zu sein schien.
Da seine Stimmbänder ihm nicht gehorchten, löste sich nur ein lautes Rasseln aus seiner Kehle.
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Das Nordviertel war kein schöner Ort. Nicht besonders hässlich (immerhin trieben sich nachts keine Banden herum, und das Ausmaß an Schmierereien, Glasscherben und Exkrementen hielt sich in Grenzen), aber eben doch alles andere als hübsch. Alte Häuserblocks aus den fünfziger Jahren in einem fleckigen, versifften Grau, zwei um diese Uhrzeit wie üblich unbenutzte Kindergärten, die von einer merkwürdigen Aura des Verfalls umgeben waren (was durch grellbuntes Kindergekritzel und Window-Color-Bilder mehr schlecht als recht kompensiert wurde), ein Spielplatz, der aufgrund seiner rostigen und quietschenden Spielgeräte nur noch von Dealern oder ausgesprochen waghalsigen Pärchen besucht wurde, und der eine oder andere Fleck Grün. Es war kein schöner Ort, aber das Beste, das die Stadt ärmeren Familien mit Kindern bieten konnte. Es war für Kinder kein schöner Ort, aber wer konnte es sich schon leisten, ins Westviertel zu ziehen?
Normalerweise waren die Straßen um diese Zeit so gut wie ausgestorben, aber heute wimmelte es nur so von Menschen. Menschen aller Formen und Farben, oder zumindest alle, die man hatte auftreiben können – Menschen aus der unteren Mittel- und der Unterschicht, in so gut wie jedem Alter (sogar einige Halbstarke ließen sich blicken). Und natürlich die Polizei.
Sie suchten jemanden. Oder hofften verzweifelt darauf, ihn zu finden.
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Er hatte kaum noch die Kraft, sich auf den Beinen zu halten, er war so lange gelaufen... Er hielt es für ein Wunder, dass er nicht schon längst leblos zusammengebrochen war, aber offenbar gab ihm die Verzweiflung Kraft. Dieses Ding konnte und durfte einfach nicht real sein. Wahrscheinlich war er aus irgendwelchen Gründen wahnsinnig geworden, und das wäre mit Sicherheit das Beste für ihn. Zumindest besser, als von dem Ding, das sich ihm an die Fersen geheftet hatte (zumindest glaubte er das)... Nein, darüber durfte er nicht nachdenken. Nur weiter, immer weiter. Links, rechts, links, rechts, links, rechts...
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Schmatzschmatzschmatz weiiiitäääär weiiiiitäär schmatzschmatz liiiiingsss schlürf ...chdssss liiiiingsss schmatz daaaaarffff niiiiichd schmatzschmatzschmatz seeeeeiiiiiin schmatzschmatz...
Die Verbindung brach abrupt ab. Der Fresser stieß einen verärgerten Grunzer aus und streckte erneut seine Fühler aus. Er witterte viele Individuen. Er suchte sich willkürlich eines aus.
Schmatzschmatzschmatz ...iiiiir haaaaabeeeen schmatzschmatz ...fuuuuundeeen schmatzschmatzschmatz
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"Inspektor, kommen sie schnell - wir haben ihn gefunden!"
Der Gesundheitszustand des Mannes sah alles Andere als gut aus - er hatte mehrere offene Wunden an Armen und Beinen, viele Prellungen und, wie es schien, einen Bruch in der linken Hand, aber das konnte noch niemand mit Gewissheit sagen. Davon abgesehen schien er geistig nicht mehr auf der Höhe zu sein - er brabbelte wirres Zeug, hatte unkontrollierte Zuckungen im Gesicht und wehrte sich mehrere Male verzweifelt gegen etwas, das niemand sehen konnte, einmal sogar so heftig, dass man seine Arme fixieren musste, um dafür zu sorgen, dass er sich nicht aus Versehen selbst verletzte.
Nach kurzer Zeit (die sich in allen Köpfen aber lange ausgedehnt hatte) kam ein Krankenwagen, die weiß gekleideten Männer verfrachteten den Mann mit gekonnten Handgriffen hinein und rasten dann unter Sirenengeheul ins nächste Krankenhaus. Die Blicke aller Anwesenden folgten ihnen, bis der Wagen außer Sichtweite kam. Sie hofften. Sie verstanden aber nicht.
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Mit
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Gesundheits
zustand
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Mannes
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Merkwürdig war, dass seine Wunden unter den fähigen Händen der Ärzte ausgesprochen gut verheilten, er aber dennoch von Tag zu Tag schwächer wurde. Sein Gesicht, das schon zu Beginn seiner Behandlung eingefallen und fahl war, nahm nun mit einem erschreckenden Tempo eine geradezu leichenhafte Blässe an, und die Haut straffte sich mehr und mehr über seinem (mittlerweile auch kahlen) Schädel, sodass man mehr einen Totenkopf als einen Menschen vor sich hatte, äußerlich betrachtet. Der zunehmende Verfall schien auch auf irgendeine Weise in Korrelation zu den merkwürdigen Anfällen zu stehen, bei denen er wild aufschrie, sodass es einem den Magen umdrehte, und sich mit seinen abgemagerten Armen gegen eine Bedrohung wehrte (oder zu wehren versuchte?), die außer ihm niemand sehen konnte. Obwohl - es gibt einen Fall von einem kleinen Mädchen, nämlich seiner bemitleidenswerten Tochter, die sich aufgrund eines Besuchs während einem seiner Anfälle im Krankenzimmer befand und ganz ähnlich reagierte. Aber hier kann man sich natürlich auch nicht sicher sein, ob es eine Reaktion auf das unsichtbare Etwas oder schlichtweg Angst war.
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Der geneigte Leser wird bemerkt haben, wie eigenartig diese Textschnipsel sind. Fragmentarisch, wirr, wie auch immer man das nennen mag. Mich kratzt das nicht. Ich hab das Zeug nicht verfasst, sondern bin im Nachlass meines Großvaters auf einen riesigen Haufen davon gestoßen. Im wahrsten Wortsinn. Und der war noch wirrer als das, was ihr hier lest, das könnt ihr mir glauben. Seid froh, dass ich diesen Teil hier schon geordnet habe, sonst hätt sich euer Hirn vielleicht im eigenen Saft totgeschmort oder so was. Ich merk es ja an mir selber. Verdammt, ich brauch unbedingt einen Joint.
Auf jeden Fall hab ich nicht die geringste Ahnung, warum mein Großvater den Kram aufgehoben, ach was, geschrieben hat. Ich weiß ja nicht mal, ob das, was er da beschreibt, real oder Fiktion ist. Er war eben ein ziemlich exzentrischer Typ. Schon immer gewesen, und der Alzheimer hats wahrscheinlich auch nicht besser gemacht. Was solls. Interessant ist der Kram allemal.
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