Literatur-Diskussion Filmadaptionen

Killfetzer

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Passend zur Diskussion zum Hobbit, ob Zwerge nun auf Widdern reiten dürfen oder nicht, obwohl es im Buch steht, dass Zwerge nicht reiten, mache ich dazu mal ein Thema auf.

Für die Fans eines Buches ist die Filmadaption meistens eine Enttäuschung. Das hat sicherlich vielfältige Gründe. Ein paar wichtige scheinen mir zu sein:

  • Als Leser hat man sich seine eigene Vorstellung von Orten und Charakteren gemacht. Die werden mit Sicherheit nicht der Darstellung im Film entsprechen.
  • Der Film ist höchstwahrscheinlich deutlich kürzer als das Buch. Viele Nebenszenen und -charaktere sind rausgelassen, um auf die Filmlänge zu kommen.
  • Ein Film ist ein anderes Medium als ein Buch. In einem Film muss es Handlung geben und auf der muss der Fokus liegen. In einem Buch kann man sich dagegen über Kapitel inneren Monologen oder Gedankengängen hingeben, das funktioniert im Film nun mal nicht.

Was muss eine gute Filmadaption für euch umsetzen? Wie können die Probleme am besten umgangen werden? Welche positiven/negativen Beispiele kennt ihr? Wie weit "darf" sich die künstlerische Freiheit eines Regisseurs erstrecken?


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EDIT: So als mein Positiv- und als mein Negativbeispiel ziehe ich mal zwei Verfilmungen der gleichen Buchreihe heraus.

Eine positive Umsetzung finde ich "Jagd auf Roter Oktober" nach dem gleichnamigen Buch von Tom Clancy. Auch hier gibt es natürlich Unterschiede zwischen den beiden Medien, aber sie beeinflussen das Auftreten der Charaktere, die allgemeine Stimmung oder die grundsätzliche Handlung nicht.

Eine wirklich katastrophale Umsetzung finde ich dagegen "Der Anschlag" (nach "Das Echo aller Furcht" ebenfalls von Tom Clancy). Im Film werden fast alle Handlungsplätze, die Motive und Charakteristiken der Figuren neu gemacht. Wichtige Erklärungen, die der Handlung Sinn geben würden, werden einfach rausgestrichen und dafür andere eingefügt, die überhaupt nicht zu den Charakteren passen. So vermutet die CIA im Film quasi von Beginn an, dass irgendwelche Terroristen eine Atombombe in die USA schmuggeln wollen, während sie im Buch absolut ahnungslos ist. Entsprechend ist die im Film lang ausgebaute Fluchtsequenz des Präsidenten im Buch überhaupt nicht vorhanden. Auch kämpft sich der Buch-Ryan niemals durch verstrahlte Trümmer um Beweise des Sprengsatzes zu finden. Auch fehlt Elisabeth Elliot, die Sicherheitsberaterin des Präsidenten im Film, während sie im Buch eine entscheidende Rolle einnimmt (sie überzeugt den Präsidenten aus einem persönlichen Groll gegen Ryan, dass man Ryans Theorie des Anschlags nicht trauen könnte und nuklear gegen Russland zurückschlagen muss). Das könnte ich noch beliebig lange fortsetzen.
So wird aus einem Buch mit einer extrem vielschichtigen Handlung, die auch viel von (zumindest teilweisem) Verständnis für die Terroristen und Unfähigkeit des Präsidenten lebt, ein Film mit einem politisch korrektem Feind, der gegen die glorreichen USA verliert.
 
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Ich zitiere die Definition von "Adaption" aus dem Duden:

[...] Umarbeitung eines literarischen Werkes mit der Absicht, es den Erfordernissen einer anderen literarischen Gattung oder eines anderen Kommunikationsmediums (z. B. Film, Fernsehen) anzupassen[...]

Nun, welcher Art sind diese Erfordernisse, die eine Umarbeitung rechtfertigen?

Ganz einfach: Alles, was im Buch vorkommt, das man nicht darstellen kann und alles, was zur Erklärung der Haupthandlung nicht nötig ist, bedarf einer Umarbeitung.

Zum Beispiel ist es nicht so ohne weiteres möglich, Gedanken und Gefühle filmisch darzustellen, es bedarf schon Hilfsmittel, d.h., man muss etwas einfügen, was im Buch nicht steht, oder eine ganz andere Darstellung wählen, um die Handlung zu erklären.

Dann ist es oft so, dass Charaktere im Buch anhand von Nebenhandlungen einen tieferen Hintergrund erhalten und somit ihre Motivation an der Haupthandlung gerechtfertigt wird. Aber: Diese Nebenstränge kosten Zeit, die ein Film nicht hat.

Insofern müssen Nebenstränge gekürzt oder ganz weggelassen werden, wenn sie nicht dem Verständnis der Haupthandlung dienen.

Nehmen wir mal wieder den "Herrn der Ringe" als Beispiel:

Ich Buch gibt es Passagen, die erstrecken sich über viele Seiten und sind vollgestopft mit Liedern und Gedichten der Elben. Als Leser des Buches erhält man so Einblick in die Kultur der Elben, man erfreut sich am Erfindungsreichtum des Autors und taucht dabei in die Atmosphäre der Geschichte ein.

Man stelle sich nun das Kinopublikum vor, wenn Peter Jackson 20 Minuten lang Elben hätte singen lassen, und das nicht insgesamt, sondern am Stück! ;)

Die Adaption ist meist unumgänglich und verschafft dem Filmteam die Möglichkeit, den Kern des Buches adäquat umzusetzen, immer unter der Maßgabe, den Anspruch des Kinopublikums wirksam zu erfüllen.

Wer will schon einen Kinosaal kollektiv zum Schnarchen bringen?

Eine gelungene Adaption ist für mich dann umgesetzt, wenn die Handlung der Vorlage in ihren wesentlichen Bestandteilen richtig wiedergegeben wurde, ohne wirklich zu verfälschen.

Etwas kürzen, um das Tempo im Film zu halten, oder Teile auszusparen, die nicht wesentlich zum Fortschritt der Handlung beitragen, ist aus meiner Sicht kein Problem, solange das Gesamtkonzept nicht flötengeht.

Um bei HdR zu bleiben: Ja, Jackson hat ganze Kapitel weggelassen, die einem beim Lesen Vergnügen bereitet haben (Stichwort: Tom Bombadil, aber auch vieles andere), aber man hat als Leser eines 1000-seitigen Buches auch die Zeit seiner Wahl, die Filmtrilogie kann aber nicht 30 Stunden gehen.

Während also die Adaption zu HdR im Wesentlichen Elemente herausgelassen hat (der Grund ist einfach der enorme Umfang des Romans) und infolgedessen das Übriggebliebene teils umgeschrieben (adaptiert) werden musste, um die Logik nicht zu verlieren, war es bei der Verfilmung des Hobbits quasi umgekehrt: Es wurde viel dazu gepackt.

Der eine Grund ist sicherlich die Forderung von MGM nach einer Trilogie, die wahrscheinlich finanzieller Natur ist. Der andere Grund aber scheint mir, dass Peter Jackson die Hobbit-Trilogie nutzen wollte, mehr Background für den Herrn der Ringe zu liefern, um somit am Ende ein Gesamtpaket zu erschaffen, das in sich schlüssig und ausführlich ist. Die beiden Trilogien bilden dadurch zusammen eine gesamte Geschichte, ermöglicht durch die Anwendung von Adaptionen.

Auf die Frage nach der Grenze für künstlerische Freiheiten sage ich: Es gibt theoretisch keine. Unsere Moralvorstellungen setzen sicherlich Grenzen, oder die Vorstellung dessen, was dem guten Geschmack noch zuträglich ist, aber gebunden ist der Künstler nicht daran. Einzig die Konsequenzen, die bei Grenzüberschreitung eintreten, muss er tragen.

Gruß
Elandra
 
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Was hatte ich mich damals Aufgeregt zu den Film
Das Imperium der Wölfe
Nix macht man dort Richtig
Im Roman gibt es keine Cophelden, jedenfalls keine die überleben
der gute ist weit vorm Ende hinüber.
Überhaupt überlebt kaum jemand der Relevant ist und der Roman ansich ist dreckig, brutal ohne Happyend mit guter Story
Und was ist der Film?
Ein zum Einheitsbrei umfunktionierter Happyend Film wo die Rollen nur vom Ursprung zu erahnen sind:headwall:.
Fazit: Den Roman lese ich gerne nochmal aber den Film hätte ich besser nie gesehen.

Zweites Beispiel
First Blood (Zu Deutsch Rambo)
Auch in den 80er wurden Filme lieber softer gemacht
Im film gibt es wie viel Tote? Ich glaube das war nur der Scheriff der aus dem Heli fliegt und jedemenge Verletzte
Und im Roman hat er jedemenge gekillt und hatte sogar die Stadt zum größten Teil Platt gemacht.
Im Roman wird John immer Brutaler im Film fiebert man mit im mit und am Ende hatt man noch Mittleid mit seiner Person.
Da muss ich aber sagen das ich mir beides alle paar Jahre noch mal Antuhe, beides hat seine Daseinsberechtigung.

Mir fallen noch dutzende Werke ein aber dann fände ich jetzt kein Ende
 
Wenn ihr weiter über den Inhalt der Extended Edition vom Hobbit diskutieren wollt, bitte im Hobbit-Thread. Ich habe euch die Beiträge dorthin verschoben.


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Aber um zum Thema zurückzukommen:

Ein recht interessantes Beispiel für eine Filmumsetzung finde ich auch bei den Hunger Games/Tribute von Panem. Während sich der Film von der Handlung hier sehr nah an das Buch hält, vermittelt der Film, zumindest für mich, ein deutlich andere Grundstimmung.
Bei der Handlung sind eigentlich nur einige Szenen hinzugekommen, die die Reaktionen in der Capitol zeigen. Da das Buch aus der Sicht von Katniss geschrieben war, konnten diese Szenen so also nicht im Buch auftauchen. Da wir aber gleichzeitig die persönliche Sicht von Katniss verloren haben, verliert das Szenario viel seines Schreckens. Man schaut den Film und zwei Stunden später sagt man sich, schöner Film, hier wurden gerade 22 Kinder ermordet. Im Buch leidet man mit Katniss mit und versteht, welchen psychichen Schaden sie davon trägt.

An diesem Beispiel sieht man gut zwei Beschränkungen des Mediums Film:
  • Eine personenbezogene Perspektive in einem Film durchzuhalten ist fast nicht möglich. Hierfür braucht man schon einen sehr guten Regisseur und einen Schauspieler, der die Gefühle auch rüber bringen kann. Der einzige Film, der mir jetzt spontan als vollständig auf eine Person bezogen einfällt wäre Memento. Und das ist ja nun nicht wirklich Mainstream ;)
    Somit kann man eigentlich erwarten, dass alle Bücher, die hauptsächlich von den Gedankengängen und Gefühlen einer Person leben, deutlich in einer Verfilmung verlieren.
  • Ein Film kann gewisse Sachen nicht so darstellen wie ein Buch sie beschreiben kann. Neben technischen Grenzen kommt hier natürlich die Altersfreigabe ins Spiel. Hunger Games richtet sich hauptsächlich an Jugendliche, also muss der Film FSK12 bekommen, wenn er erfolgreich werden will. Ein Buch unterliegt keiner FSK. Wenn man alles so darstellen würde, wie im Buch beschrieben, wäre der Film FSK18 (mindestens :p).
    Somit zeigt sich hier der menschliche Geist doch dem Film als überlegen, dass wir jeded Grauenszenario doch besser hinbekommen als ein Film ;)
 
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Filmadaptionen sind so eine Sache. Ich glaube, die Regel ist, dass Leute die das Buch zuerst gelesen haben dieses auch besser meist finden.

Im ersten und zweiten Post werden aber ja schon ausführlich die notwendigen Unterschiede eines Films zu einem Roman genannt.

Kurz mein Kommentar und meine Meinung zu diversen Filmen bzw. Reihen, die auf Büchern basieren.

Der Hobbit: Ich mochte das Buch nie. Fand es immer ein recht kitschiges Kinderbuch und Tolkien hat auch inhaltlich sehr vieles davon im Herrn der Ringe dann komplett geändert. Entsprechend fand ich die Filme erfrischend modern, auch wenn sie mit dem Buch nicht mehr viel zu tun haben. Die Darstellung von Elben, Zwergen etc. entspricht halt der aus Herr der Ringe und nicht der aus dem originalen Hobbit (zum Glück). Die ersten zwei Filme fand ich ziemlich gut, der dritte hat mich aber ziemlich enttäuscht. Die Handlung war quasi nicht vorhanden und was bei der Action im zweiten Teil zwar übertrieben aber dank Slapstick völlig okay war, war hier wegen der Ernsthaftigkeit teilw. nur dumm.

Tribute von Panem: Habe ich die Bücher nicht gelesen, die ersten zwei Filme fand ich aber verdammt gut. Nur den dritten nicht so, der wirkte schon viel zu lang gezogen (Teil 4 kommt ja noch). Ich muss sagen, die darstellerische Leistung von Jennifer Lawrence ist großartig. Josh Hutcherson und Woody Harrelson sind ebenfalls klasse. Dagegen fallen Liam Hemsworth und Julianne Moore extrem ab. Jedenfalls kommen die Emotionen sehr gut rüber, was nicht vielen Filmen so intensiv gelingt. Etwas schade, inhaltlich ja ziemlich geklaut von The Running Man aber noch viel, viel mehr von Battle Royale. Und Battle Royale ist einer der verdammt besten Filme aller Zeiten (basierend auf dem Roman von Koushun Takami), da kann leider die Story von Hunger Games nicht annähernd mithalten, gerade wenn es um die emotionalen Konflikte während der "Spiele" selbst geht.

Harry Potter: Die Buchserie wuchs mit jedem Band. Los ging es als völlig übertriebenes fast kitschiges Kinderbuch um dann immer düsterer, ernsthafter und erwachsener zu werden. Meine Lieblingsbücher sind Band 4 und Band 3, ab Band 5 geht es ja langsam Richtung Finale, während 3 und 4 halt spannende Abenteuer in der Welt liefern und vielleicht auch das interessanteste Alter widerspiegeln. Bei den Filmen wird es komplizierter. Der beste Film ist meiner Ansicht nach ausgerechnet 7.1 weil er sehr düster und sehr emotional ist. In vielen Szenen zeigen die Schauspieler, dass sie tatsächlich auch schauspielern können. Der zweitbeste Film für mich ist der 3. Eben weil er sehr viel anders macht als das Buch (das ich wie erwähnt ja trotzdem auch mit am besten finde). Der Film scheint durch die Kürzungen und das Umschreiben sogar logischer als das Buch. Der schwächste Film ist eindeutig der 4. Das vierte Buch ist wie gesagt mein Lieblingsband und es ist glaube ich auch mit Abstand das längste. Leider kam man damals noch nicht auf die Idee zwei Filme davon zu machen. 7.1 und 7.2 sind zwar ausführlich aber nicht langweilig. Anders als die Hobbit Trilogie und Panem 3, die ein wenig zu lang sind (bei Hobbit hätten 2 Filme problemlos gereicht ohne viel inhaltlich zu streichen), Hunger Games 3.1 ist wie gesagt ziemlich langgezogen und dadurch langweilig. ISt bei Harry Potter 4 das Gegenteil der Fall. Es wurde unglaublich viel rausgeschnitten, sodass der Film an Zusammenhalt und Sinnhaftigkeit verliert. Stattdessen wurde Szene an Szene geklatscht um die wichtigsten Ereignisse des Buches irgendwie darzustellen. Ein ziemlicher Reinfall.
 
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