RPG Endless Travellers: Darkness Rising

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Diese so verschiedenen Wesenheiten hatten etwas, das Lithia nicht besaß, das wurde ihr im Angesicht des aufkeimenden Muts ihrer Gefährten bewusst.
Auch wenn ihre vermeintlich lockeren, selbstbewussten Worte nichts mehr als ein Versuch war, ihre Unsicherheit und ihre Angst zu überspielen, so war ihre Standhaftigkeit und die Moral, die sie einander schenkten, etwas, was nur zwischen einfühlenden, aufrichtigen Gruppen - Freunden - zustande kam. Xynalithia wollte sich diesem Schwung der Rebellion anschließen, doch sie war wie gelähmt. Was war nur in sie gefahren, dass Ascilla Xynalithia, Priesterin und einstige Herrscherin Chantrasams, jetzt nicht einmal einen Widerstand gegen diesen Möchtegern von einem Bösewicht aufbrachte?
Vielleicht war sie auch nicht mehr, als ein Möchtegern - oder ein Wolltegern. Jetzt aber stand sie auf der richtigen Seite. Ihre einstige Magie reichte noch heute weit genug, Chantrasam in einem weißen Mantel zu ersticken. Doch wenn dieser Herold starb.. Was würde er hinterlassen? "Wenn wir mit Euch fertig sind, wird nichts mehr von euch übrig sein.", zischte Lithia. Langsam regten sich ihre Finger wieder, zittrig, unsicher. Ihre dunklen Augen wirkten einen Moment lang noch dunkler, als wäre unendliche Schwärze in sie gekehrt.
Das wabernde Schwarz, Nichts, das Lithia in dem Herold gesehen hatte, raubte ihr noch immer den Atem. Ist sie hier? Ist meine Herrin hier, um mich mit diesem Gegner vor eine Prüfung zu stellen?
Der Stoß des Herolds wollte auch Lithia vom Boden fegen, doch verfügte Lithia über genug Geistesgegenwart, um rechtzeitig eine dünnere Steinwand vor sich in die Höhe schießen zu lassen. Schneidend, fast wie Klingen die an der Geomantin vorbeischnellten, zog der Wind in ihre Richtung, doch an der Mauer vorbei. Mit einem Stampfer brachte die Geomantin das Gestein in seine Ursprungsform zurück. Bald schon erkannte man nur noch dünne Risse auf dem Steinboden des Plateaus, wo wenige Sekunden zuvor jene Mauer gestanden hatte.
Lithia schlug das nächste Gestein aus der Felswand nicht weit von ihr, um schwere, schnelle Geschosse in die Richtung des Herolds zu schlagen. Wie Meteoriten lenkten sie Gesteine auf den Herold zu und Lithia war guter Dinge, dass sie ihn in vollem Umfang treffen würden, doch kurz bevor sie den Herold erreichten, hielt er die Steine mit einem Windstoß davon ab, ihn noch zu erreichen. Wie Kartoffelsäcke plumpsten die Steine auf den Boden und verloren jegliche Flugkraft. Die Priesterin fühlte sich nutzlos, machtlos. Ohnmächtig stand sie da.
Sie spürte hilflos, wie der Narr eine Entscheidung für die Gruppe traf, die seinen Untergang bedeuten konnte. Die Geomantin streckte noch deutsam ihre Hand nach ihm aus, doch er schoss davon, schnell wie ein Blitz, um den Herold in die Irre zu führen. Lithia stand noch sprachlos in der Gegend herum, während der gewaltige Axtkrieger den Moment nutze, um auf den Herold zuzustürmen. Seine Furchtlosigkeit beflügelte Xynalithia. Sie atmete einmal tief ein, bevor auch sie teilweise von der düstren Wolke eingenommen wurde. Doch etwas durchbrach ihre Angst. Der Stein in ihrer Brust, füllte sich mit eben jenem wabernden Schwarz, das sie gerade noch um den Herold wahrgenommen hatte. Lithia's Schmerz sammelte sich auf diesem einen Punkt, und es war als würde sich der Stein ein zweites mal ganz gewaltig in ihre Brust einbrennen. Es musste sich um ein Zeichen handeln. Taumelnd hielt sich Xynalithia den ovalen Stein, der sie mit unvorstellbaren, fürchterlichen Schmerzen erfüllte. Unverkennbarer Schmerz, den sie schon einmal spürte, machte ihr klar dass ihre Herrin bei ihr war. Was auch immer der Herold mit ihr machte, Lithia fürchtete sich vor dem Falschen, das wurde ihr klar, als sie auf die Knie fiel und fühlte, wie ihre Brust zu explodieren drohte. Langsam, wie von tausenden Gewichten auf den Boden gezwungen, stellte sich die Geomantin auf und kämpfte gegen die Angst an. Dieser Herold würde fallen. Die Priesterin tat einen bedachten Schritt rückwärts, aus der Wolke heraus und sie hörte den Narren in seinen Wahnvorstellungen. Schmerzlichst schloss Lithia ihre Augen und wandte sich dem anderen Brennpunkt zu, als sie sah, dass die Armbrustschützin dem Herold einen wichtigen Schlag versetzt hatte.
Der Drache in seiner mächtigen Gestalt erschüttert, taumelte und ließ den Boden unter den Füßen der Geomantin beben; nichts war aufdringlicher als das Gefühl von Instabilität.
"Alexis!", rief Lithia empört, als sie ihn jetzt schutzlos stolpern sah. Plötzlich bewegte sich die Geomantin viel schneller, unbefangen, und als der Drache ihr mit funkelnden Augen entgegenblickte, stürmte sie auf Alexis zu, um seinen Arm zu stützen. Der Feuerstoß, den Alexis abgewehrt und sogar noch umgekehrt hatte, hatte die Panzerung des Drachen zum Glühen gebracht. Der Geruch von verbranntem Fleisch stieg Lithia zur Nase, als sie ihr rechtes Bein auf den zitternden Boden stampfte und die massive Felswand vor Alexis und ihr gerade rechtzeitig hochschoss, um die sengende Hitze von ihnen abzuwenden. "Ich hab' dich.", raunte Lithia und ließ Alexis sanft auf dem Boden Platz nehmen. Das Feuer brachte die Luft zum Knistern. Schweißperlen sammelten sich auf der Stirn der Geomantin. "Beeindruckende Vorstellung. Doch wir dürfen noch nicht nachlassen. Feste hat uns mehr Zeit verschafft. Je eher wir den Drachen ausschalten, desto schneller können wir uns alle auf den Herold konzentrieren.", murmelte die Priesterin. "Ruh einen Moment. Dir darf nichts zustoßen, Alexis. Diese Gruppe braucht deinen Gemeinschaftsgeist, mehr als dir vermutlich bewusst ist. Ich dagegen bin schon einmal gestorben.", verriet Lithia. "Ich habe nichts Unbekanntes zu befürchten. Lass mich meine letzte Kraft hierfür nutzen."
Sie war müde, längst schon kraftlos durch die Reise mitten durch die ältesten Gesteine auf der Flucht vor dem Dämonenheer. Jetzt blieb ihr nur noch, ihr Ziel vor Augen zu halten und den letzten Rest aus sich heraus zu holen. Wenn sie nur eines der vielen Instrumente auf dem Weg zum Ende dieser Geschichte war, so hatte sie zumindest ihren Platz, aber vor allem ihren Zweck darin gefunden. Vorbereitend für den Plan, der Lithia vorschwebte, ließ sie schließlich einen steinernden Übergang in die Höhe schießen, fast einer Treppe gleichkommend oder einem Podest, der ihnen in die Höhe verhalf, die der Drache in seiner riesigen Gestalt von Grund auf besaß. Um den Aufstieg zu sichern war es noch nötig, ihn zu fixieren, wenigstens für eine Weile. Es zehrte an Lithia's übrig gebliebenen Kräften, dass sie jetzt auch noch die Beine des Drachen in Steinsäulen gefangen hielt, die sich langsam an ihnen hochbauten und zwar nicht die Bewegung an sich, allerdings die Fortbewegung verhinderten. Blinzelnd erblickte Lithia allerdings eine dunkle Gestalt, die sich dem gerade erschaffenen Steinwall tänzelnd, leicht, näherte, und Lithia hielt inne.
"Ascilla Xynalithia", flüsterte aus einem anderen Winkel des Plateaus, "Ich weiß, wer du bist!"
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Das raue Pergament in der Hand, faltete Keerah das wichtige Schriftstück zurecht, um es dann unter das Korsett zu klemmen, wo es sicher verwahrt war und nicht verloren gehen konnte. Eine weitere Bedingung für die Informationen, die sie bei den Seraphen hatte beschaffen müssen. Ein Schauer legte sich über die Haut der Agentin, denn anders als dort draußen, wo der Kampf mittlerweile im vollen Gange war, war es im Zirkelgebäude ganz kühl. Licht von Außen trat stärker ein, Staub wurde durch die Luft gewirbelt und stieg in Wogen zurück auf den Bogen hinab, als ein Körper durch das Fenster in das Gebäude, das vermeintlich sichere Versteck krachte und die Glasscherben auf dem Boden verstreute.
"Du meine Güte...", erschrak Keerah, die nicht geplant hatte einzuschreiten, ehe der perfekte Moment gekommen war. Unfreiwillig trat sie auf die Person zu, um sie entweder als Feind, oder als neutrale Person auszumachen. Nur ein paar Lichtstrahlen gaben die Sicht auf die Person frei, denn sonst war es in dem Gebäude recht schattig. Sie hatte an einem ganz anderen Fenster gestanden, um einen Blick auf die Geschehnisse zu haben, ohne sich bisher zeigen zu müssen. Jetzt wurde sie aus jener Komfortzone gerissen.
Der Narr, dem sie gerade noch gelauscht hatte, lag jetzt inmitten des abgelegenen schattigen Plätzchens und wirkte besorgniserregend geschwächt.
Keerah kniete sich neben dem Narren in den Staub und die Scherben, doch sagte nichts. Er musste nach den Wahnvorstellungen, die er scheinbar durch jenen Herold erfahren hatte, ziemlich verwirrt sein. "He.. Keine Zeit zum Verschnaufen", raunte die Agentin, "Eure Freunde brauchen Euch." Ihre Hände fuhren unter die Oberarme des Narren, um hin zwei Meter weiter an die Wand zu schlurfen und seinen Oberkörper daran zu lehnen. Etwas unbeholfen versuchte Keerah den Narren verspielt etwas zur Konzentration zu ermahnen, als sie ihm sanft mit der Handfläche in das geschminkte Gesicht klatschte. Seine giftgrünen Augen leuchteten trotz der Dunkelheit mit jenem Farbton erstaunlich und wurden von hellgrünen, aufmerksamen Augen fixiert.
"Egal was er Euch gezeigt hat.. All das spielte vorher keine Rolle in Eurer Mission, und sollte es auch jetzt nicht! Lasst Euch nicht in die Irre führen.. Ihr seid ein Narr, aber kein solcher!", ermutigte Keerah die Gestalt und nickte dem Narren ein bestärkendes Mal zu, nachdem sie sich für ihre eigene Mission umdrehte. Als sie durch das zerstrümmerte Fenster stieg und ihre Maske vor den Mund über ihre Nase zog, blickte sie noch einmal hinein zum Narren. "Wir haben alle unsere Missionen zu vollenden."
Mit beiden Füßen auf dem Boden außerhalb blickte sich Keerah hektisch um und machte schnell den Brennpunkt aus, der für sich die größte Rolle spielte.
Dort war sie. Ihr stählernes Korsett aus schwarzschimmerndem Stahl, der ovale Stein der in ihr brannte und jene düstre Augen ließen keinen Zweifel mehr übrig. Ascilla.
Keerah schloss ihre Augen, duplizierte sich unerkennbar und trat vermeintlich leichtfertig auf die Priesterin und jenen Empfänger zu, dem sie das Pergament ausstellen musste. Schattenzwilling!, dachte Keerah eindringlich und schickte ihr Duplikat in einen anderen Winkel des Szenarios. Ihre eigenen leichten Schritte trieben sie voran, schnell und doch elegant, um hinter dem Steinwall niederzuknien. Etwas unpassend plötzlich tauchte sie eben dort auf und widmete Ascilla, ihrem Ziel, tatsächlich nur einen flüchtigen Blick. Die einst so mächtige Hexe an der Seite eines Hexenjägers. Welch Ironie, und obendrein war jene Ascilla nur ein Schatten ihrer selbst, vollkommen in die Irre getrieben durch eine "simple" Illusion.
Elysande griff eisernd die Schulter des Hexenjägers Alexis, mit der anderen Hand das Pergament unter ihrem Korsett hervorziehend. "Die eiserne Lady lässt Grüßen. Dieser Dienst ist ein Beweis meiner Angehörigkeit.", raunte sie und griff kurz noch fester zu, sodass den Hexenjäger ein sanfter Schmerz durchfahren konnte. "Ihr werdet doch noch nicht schlappmachen.", sagte sie dann und schenkte ein kurzes Lächeln und ein Zwinkern, als sie das Pergament gegen seine Brust drückte und losließ. Ein schwall wundersamen Geruches erreichte die Nase der Maskierten, ein sanfter Geruch feinen Jasmin-Parfüms kitzelte sie. Ihr Ziel, Ascilla, blickte sie derweilen skeptisch an, während sie offenbar etwas ablenkte - das Duplikat - unerklärlich strömend vor eigenständiger Magie.
Keerah's Miene wurde ernster, als sie mitbekam, wie sich die Hexe Ascilla zu ihrem Trugbild umdrehte. Vielleicht war ihr Moment jetzt schon gekommen - keine Zeit für Erklärungen.
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Dieses Flüstern.. Lithia traute der eigenartigen Frau kaum, ihre grünen Augen strahlten nichts als List aus.
Und doch drehte sie sich um, denn ihr scheinbarer Zwilling umlauerte die Stellung hinter dem Steinwall. Der Drache hatte sich kaum geregt, und doch drängte die Zeit.
Alexis sah nicht danach aus, als könnte er den Übergang erklimmen und dem Drachen einen verheerenden Schlag verpassen. Vielleicht musste es Lithia selbst irgendwie hinbekommen, doch dort war diese Frau, die sie in die Irre drängte. "Ascilla. Jeder dachte, endlich seid Ihr tot, doch seid Ihr wiederauferstanden zum Leidwesen aller.", sagte die Frau hinter Lithia.
"Ich kam nicht freiwillig wieder, aber ich schade niemandem mehr.", erklärte Lithia. "Woher kennt Ihr meinen Namen? Wieso seid Ihr hier?", fragte sie weiter. Ein weiterer Trick ihrer Herrin, oder eine Illusion? Bei dieser Frau musste es sich um das Original handeln, und jene Version, die sich mit dem Hexenjäger unterhalten hatte, war nicht mehr als die Illusion, dort war sich Lithia sicher. Jene magische Kraft strömte aus der zu ihr Sprechenden, sie musste gewiss der Ursprung sein.
"Ihr werdet ganz Maradar schaden, ganz gleich ob Ihr wollt, oder nicht.", sprach die Schwarzhaarige weiter. "Die verborgenen Mächte Chantrasams vereinen sich um Eure Kraft in ihrem Krieg einzusetzen.", klärte sie auf. "Es ist nicht wichtig, ob Ihr tut, als stündet Ihr auf der guten Seite, oder ob Ihr wirklich einen Wandel durchgemacht habt. Sie haben Eure Gebeine und längst auch haben sie bewiesen, dass sie jahrhundertealte Kräfte auferwecken können. Wenn Ihr fortbesteht.. Dann ist Chantrasam's Bevölkerung dem Untergang geweiht.", sprach sie.
Der Drache, wütend durch seine eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten und jene Verbrennung, die ihm Alexis beschert hatte, brüllte markerschütternd drein und ließ eine weitere Feuersalve los. Doch die Frau fing kein Feuer.. Es schien ihr rein gar nichts anzuhaben und doch musste es sich um ein echtes Wesen handeln. Doch wie sehr konnte sich Lithia darauf noch verlassen?
"Es bringt nichts, sich dagegen zu wehren und das Leben vieler über Euer Einzelnes zu stellen. Wenn Ihr wirklich einen Sinneswandel durchlebt haben solltet, wisst Ihr das genauso gut, wie ich.", sagte die Frau. Sie stand in den Flammen, die sie wild umtänzelten und bald wieder erloschen, weil kein Nährboden für das Feuer bestand.
"Ich kann dem Schicksal dieser Welt mehr entgegensetzen, schenken, als meinen Tod!", entgegnete Lithia. "Es gibt kein höheres Geschenk", fiel das unwissend duplizierte Ebenbild Keerah's der Geomantin ins Wort. "Ich habe noch nicht genug Wiedergutmachung geleistet!", rief Xynalithia verzweifelt dagegen an. Ihr Gegenüber wusste, wer sie war, und auch Lithia wusste das.
Ehe Lithia die vermeintlich angreifende Frau, die ihr Kurzschwert zückte, versteinern konnte, merkte sie es.. Das Nichts konnte man nicht versteinern.
"Euer Tod ist Wiedergutmachung genug.", hauchte es fast geisterhaft um Lithia, als sie eine kalte Hand um ihren Hals spürte, und sah, wie eine Zweite die Klinge eines Kurzschwertes zwischen den ovalen Stein und ihre Haut trieb. Es schmerzte kaum mehr, als der Schmerz den Lithia durch ihre Herrin kennengelernt hatte. Doch jener Stein band sie an diesen Ort, an diesen Körper, an diese Gegenwart. Schockiert zog Lithia die Luft ein in jener Zeit, die ihr noch blieb, und war gelähmt.
Als der Stein von ihrer Brust getrennt war, erschlaffte jede Faser ihres Körpers. Sie sah noch wild blinzelnd. Sie atmete noch flatterhaft. Sie griff kurz nach dem Stein, doch nur zitternd.
Das ovale Siegel der Strafe glitt aus ihrer Hand, in die Richtung Alexis' und zum ersten Mal seit Lithia wieder auf Maradar gewandelt war, sahen ihre Augen nicht mehr leer aus, sondern klar; ihre Augen waren nicht schwarz sondern menschlich - verletzlich, als hätte die Priesterin ihre Verkleidung endlich abgelegt. "Nehmt.. Ihn.", hauchte die Priesterin ihrer Herrin entwandt, ehe sie zuckend in ihren Untergang wich, langsam ins Jenseits hinabschwindend, sterbend. Ein endliches Leben. Ihre Haut bekam immer mehr Risse, wie ein steinernder Boden, der sich spaltete. Staub auf Lithia's brüchigem Gesicht sog schwarze Tränen auf, schwarz, als würde die einstige Schwärze ihrer Augen einfach hinausgespült werden.
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Das Duplikat schwand dahin. Keerah selbst war es, die den Schwachpunkt der Priesterin angegriffen hatte und sich scheinbar des schweren Gewissens belastet machte, das so lange an der Priesterin gezehrt haben musste. Ascilla hatte ihren Verrat, ihre Missetaten verstanden, bevor sie starb. Vielleicht war eben Jenes nötig gewesen, damit sie endlich frei sein konnte, obgleich sie endlich gestorben war. Überwältigt atmend stand Keerah da, hinabblickend auf den zuckenden Körper der Priesterin. Ein ähnliches Bild wie es Lithia einst heimgesucht hatte, eines das sie verfolgte und sie stets an ihre verstorbene Schwester hatte denken lassen, so, wie dieses Bild Keerah fortan an Lithia denken lassen würde. "Das ist für.. Chantrasam.", keuchte sie, weniger berührt durch den Tod der Person, als durch das schauderhafte Bild.. Nur kurz sah Keerah zu Alexis herüber, hoffend, dass das Pergament reichte, um klarzustellen, dass sie trotz der Mission eine Verbündete war, doch daraufhin wandte sie sich von dem geschwächten Magier ab.
"Bei aller Ehre.", raunte die Agentin, sich den Schweiß von der Stirn reibend, mit jener Hand die das Schwert hielt. "Ich führe es fort."
Unbeirrt, nach abgeschlossener Mission, war die Agentin bereit, zunächst das Wichtige ins Auge zu fassen. Die Bestie, die schwer von jenem Hexenjäger getroffen war riss und riss an der steinernden Fessel, doch entkam ihr nur spärlich. Die Steine begannen Risse aufzuweisen und die Zeit drängte. Hektisch erklomm Elysande den steinernden Steg und machte die Schwachstelle beinahe jeden Wesens aus; die Augen. Funkelnde, tobend wütende Augen, die jetzt jene Agentin fixieren wollten.
Keerah nahm Anlauf und hielt die Luft an, als sie absprang.. Und die Halsschuppen des Drachen ergriff. Die Bestie begann sich zu schütteln, versuchte das Menschenwesen abzuwerfen und verlor jegliche Konzentration auf Alexis, oder die dahinschwindende Geomantin. Fest umklammernd hielt sich die Meuchelmörderin an der Panzerung mit all ihren Kanten fest, um weiter hinauf, bis an den Kopf des Drachen zu reichen. "Mal sehen, wie du dich ohne dein Augenlicht schlägst.", murmelte Keerah leise, klammerte sich mit dem einen Arm fest und zog ihr Schwert heraus. Das Gewicht richtig verlagernd, holte Keerah auf allen Vieren am Drachenkopf klammernd aus, soweit es ging, um dem Drachen das Augenlicht zu stehlen. Als das erste Auge durchstoßen wurde, quoll schwarzes Blut aus den funkelnden Augen und auch das zweite begann unkontrolliert zu blinzeln. Keerah bekam es mit der Angst zu tun, als der Drache sie immer wütender versuchte abzuschütteln, und ließ das Kurzschwert zu ihrer rechten Hand fallen. "Woooaah!", schrie sie, als sie mit dem Unterkörper vom Drachen zu rutschen drohte, und sich mit größter Muskelkraft zurück hoch auf die Schuppen zog. Die Bestie brüllte unter Schmerzen und stieß enorme Stichflammen in die Luft empor. Bei der ersten Gelegenheit zog Keerah das zweite Schwert aus der Scheide, wartete den Moment ab, indem das schuppige, feste Augenlid des Drachen das übrige Auge wieder freigab, und stach so weit sie in der Hektik noch konnte, zu.
Brüllend, Flammenprustend und erzürnt hallte es durch die gesamte Gegend. Noch wütender als zuvor, würde es dem Drachen bald gelingen, Keerah abzuwerfen. Schließlich riss er auch das letzte Bein aus seinen Steinfesseln und offenbarte seine Wut, indem er blind auf die nächste Felsenwand zusteuerte, an der er Keerah von seinem Hals schlagen konnte.
"Alexis! Volle Kraft auf die Bestie!", schrie Keerah, die sich kaum mehr an der Bestie halten konnte und ihre Muskeln fest versteifte, um nicht hinabzustürzen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis dieser Drache in die Knie gezwungen war. Das schwarze Blut tropfte in ganzen Pfützen aus den Augen hinab.
 
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Todesstille


Benommen sah Feste Schemen einer jungen Frau. Er kannte sie, da war er sich sicher, aber ihm viel nicht ein woher. Zu stark drückte noch die Magie der Herold auf seine Gedanken. Er öffnete seine Lippen und sprach flüstern die erste Vermutung aus die er hatte: "Soir... Woher weißt du..." Er nickte wieder weg. Seine Kräfte waren wahrlich an einem Tiefpunkt. Langsam kehrten die Erinnerungen seinen Kurzzeitgedächtnis zurück. Der Palast des Goldenen Kaiser... die Schande über sein Versagen... "Aviko... nein, Aviko..." Seine Augen füllten sich mit Tränen. Verschwommen nahm er gerade noch wahr was 'Soir' zu ihm sagte. "He.. Keine Zeit zum Verschnaufen" Er wurde durch den Raum geschleift. Kraft sich dagegen zu wehren hatte er nicht. Der Narr nahm es nicht mal richtig wahr. Sie sprach wieder zu ihm. Ihre Worte waren undeutlich. Die leichten Patscher in sein Gesicht rüttelten seinen Kopf durch. Bewusstsein und Konzentration kehrten langsam wieder zurück. Sein Blick wurde schärfer. Gerade rechtzeitig um die junge Frau zu beobachten wie sie sich ihre Maske überzog und zu ihm umdrehte ... Keerah."Wir haben alle unsere Missionen zu vollenden." Er wollte seine Hand nach ihr ausstrecken, sie bitten zu warten, doch weder Muskeln noch Lippen regten sich. Was tut sie hier? Schon war sie verschwunden. "Miss...ion" Er wollte sich bewegen, er musste einfach. Sein Wille formierte sich zu einem Heer an Synapsen. Beweg dich Schwächling! Los! Jetzt! Ein ächzender Schrei entfuhr seiner Kehle als er seine Glieder bewegte. Der Narr fühlte sich als hätte der Herold ihm alle Knochen gebrochen. Doch tatsächlich vermochte er sie zu bewegen, unter Schmerzen zwar, aber alle folgten seinem Willen. Das war die Hauptsache. Er brauchte eine Weile um sich von seiner Position an der Wand umzudrehen, während sich in das Klingeln seiner Glöckchen das leise Rieseln von Glassplittern mischte. Feste fixierte das durchbrochene Fenster an durch welches Keerah verschwunden war. Er musst dort hin. Er musste sehen was geschah. Dem Brüllen des Drachen zu urteilen, war der Kampf gerade an einem Höhepunkt angelangt. Der Harlekin hoffte nur dass sie gewannen. Vorwärts! Es brauchte Zeit und Überwindung um langsam auf allen Vieren mehr oder weniger gerade zum Fenster zu kriechen. Dort angekommen dachte er erst noch immer im Trugbild des Herolds gefangen zu sein. Es konnte nicht sein was Keerah und die anderen dort taten. Die Agentin setzte dem Ungetüm ordentlich zu. Auch der Herold schien seine Probleme gegen seine Gegner zu haben. Feste sah Alexis der ebenfalls wacklig auf den Beinen war. Sie alle kämpften und er kauerte hier jammernd am Rand. Das darf nicht sein! Er schwang seine Hände gegen den Fensterrahmen. Reste von Glas schnitten in seine Haut. Es war ihm egal. Er musste aufstehen! Er musste helfen! Seine Knie unter seinen Körper zu bringen war das schmerzvollste und keine Bewegung ging ohne Ächzen und Stöhnen, aber für den Harlekin zählte nur das Ergebnis. Schließlich stand er und er stand da wo die Agentin vor einer gefühlten Ewigkeit stand und zu ihm zurückblickte. Doch das Aufstehen hatte ihn so sehr geschlaucht, dass er keinen Schritt tun konnte. So stand er einfach da, mit blutigen Händen am Fensterrahmen und beobachte was seine Freunde vollbrachten. Es gab ihm die Zeit sich die Szene erneut zu durchdenken. Warum sie hier waren, warum es dazu kam. Gab es eine Alternative? Was wäre geschehen, wenn sie den Würfel einfach ausgeliefert hätten? Oder das Bruchstück des Funkelstabs? Hätte das irgendetwas bewirkt? Er glaubte nicht. Sie würden trotzdem kämpfen. Niemand wäre von diesen beiden da verschont worden. Eine staubige Wolke fraß sich den Weg zum Zirkel empor. Die neue Horde musste den Weg nach oben gefunden habe, oder hatte der Herold sie sogar gerufen? Feste traute es ihm auf jeden Fall zu. Dieses Wesen, was immer es war, hatte Kräfte die niemand für möglich gehalten hätte. Er hoffte inständig, dass sie den Sieg erinnern würden und er der Einzige seiner Art war.

Feste wurde plötzlich erschrocken bewusst, dass er sich die Seite hielt. Jetzt wo er sich darauf konzentrierte schmerzte sie auch, aber das war gar nicht das schockierende, sondern vielmehr, dass er nur seine Seite fühlte. Kein Metall, kein Bruchstück mehr. Wo ist es? Wo ist das Bruchstück des Funkelstabs? Er begann sich hektisch abzuklopfen, ohne Erfolg. Oh nein, wenn ich es verloren habe... Plötzlich durchfuhr ein Leuchten den Raum. Der Agent fuhr herum - so schnell er eben konnte. Da stand ein kleines Wesen mit dem Bruchstück in der Hand und es strahlte ein warmes helles Licht aus als wäre es die Sonne selbst. Seltsamer Weise tat das Licht nicht in den Augen weh. Feste versuchte die Gestalt zu erkennen. Es war ein kleines Wesen... mit grauer Haut und diese Ohren... "Twiggy!" Sie stand einfach da. War sie die ganze Zeit schon da? "Er spricht. Er hat mir seinen Namen genannt und was seine Bestimmung ist." Feste verstand nicht. "Was...Wer spricht?" Die Goblin senkte den Stab, so dass der Narr ihr Gesicht erkennen konnte. "Der Funkelstab, er ist ein Schlüssel und ein Kompass. Es ist seine Bestimmung beides zu sein und doch nichts davon in seinem Zustand. Er hat lange geschlafen, bis eine Seele erscheint die ihn weckt." Der Narr war perplex. Was meint das kleine Wesen nur? Wovon spricht sie da? Ob sie ihm Wahn ist? Twiggy fletschte die Zähne zu einer Grimasse. Das sollte wohl ein Lächeln sein. Goblins schienen nicht wirklich lächeln zu können. "Ich habe euch gesehen, euch alle, von meinem Fenster aus. Wie ihr gegen den Drachen kämpft und diesen grusligen Kerl. Ich bin wiedermal keine Hilfe... völlig nutzlos.. ein Köder für die Jagt." Glöckchenklingeln schallte vom Narren zu ihr herüber. "Du bist nicht nutzlos. Du bist verletzt worden bei einer Tat die niemand von uns gekonnt hätte. Dieses Ungetüm seines Vorteils zu berauben, ihn auf den Boden zu zwingen, war der Schlüssel, dass wir überhaupt eine kleine Chance haben nicht sofort zerfleischt zu werden." Die kleine Hexe schnaubte. "Wenn du meinst. Dabei habe ich nichts getan. Es kam alles von selbst. Ich hatte Panik und Todesangst als mich der Drache gepackt hatte. Nichts was man mit Mut beschreiben würde." Der Narr verstand nicht worauf das hinaus lief. Er hatte nur ein flaues Gefühl in der Magengegend, was ihm sagte, dass er schnell etwas tun sollte bevor sie eine Dummheit machte. "Mut wird nicht daran gemessen wie man ihn entwickelt, sondern wann und das eigene Leben zu schützen gegen einen übermächtigen Gegner ist eine hohe Form, die ich tief verehre und mich demütig werden lässt. Es heißt auch das Mut nur Angst ist die wenige Momente länger zurückgehalten wird. Demnach haben wir alle Angst in uns und Mut", er schaute wieder durch das Fenster, "besonders, wenn sie so deutlich hervorgerufen wird wie durch die dunkle Magie dieses Zauberers. Du bist nicht weniger Wert als jemand anderes und auch wenn ich die Kulturen anderer Völker meistens hoch schätze, ist der Glaube an das Gegenteil ein Irrtum deines Volkes." Twiggy watschelte zum Nebenfenster herüber um ebenfalls nach draußen zu schauen wo noch immer die Schlacht tobte. "Jeder da draußen ist nützlich. Jeder hat seinen Platz im Kampf." Sie beobachtete wie die Dämonen das Plateau erreichten und der Herold triumphierend lachte. Gleich im nächsten Moment erstarb sein Lachen jedoch als die Sternenmagier in den Kampf eingriffen und mit ihrer Magier die Horde zurückschlugen. "Sie verteidigen ihre Heimat", sie sah zur Gruppe "Sie kämpfen um ihr Überleben und für ein höheres Ziel was ich nie verstanden habe." Das Leuchten des Bruchstücks wurde stärker "Doch ich...? Ich bin eigentlich immer nur weggelaufen, wollte immer mit dem ganzen Kram nichts zu tun haben. Als ich dieses Stabstück auf dem Boden fand was dir aus der Tasche gerollt war, änderte sich das." "Was redest du Twiggy? Ich verstehe nicht was du meinst. Ich bin gerade vom Bösen durch ein Fenster geschmissen worden. Meine Gedanken sind leider etwas in Mitleidenschaft gezogen worden." "Das Bruchstück braucht eine Seele, eine die freiwillig geht um mit dieser Energie zu erwachen." Langsam ahnte der Narr was das flaue Gefühl in seinem Bauch auslöste. Sie wird doch nicht... "Warte bitte. Das ist nicht der Weg. Ich finde schon eine Lösung. Das ist mein Kampf. Ich muss ihn führen."

Die Goblin schaute einen langen Moment in den leuchtenden Stab. Er sah schön aus mit den vielen Linien und Verzierungen, die wie kleine, schnelle Schlangen das Metall in rascher Abfolge durchsetzen. "Verrätst du mir was du mit dem Funkelstab willst", sie schaute Feste an, "wenn du alle Teile hast?" Feste stockte. Er überlegte jedoch nicht lange. Aviko... "Ich will meine Familie rächen... meinen Sohn. Er... er kam durch eine Entscheidung ums Leben, die ungerechtfertigt war. Es ging nur darum mich zu zerstören. Seine Seele starb weil ich bin was ich bin, dazu gemacht vom selben Mann der auch das Urteil sprach." Der Agent schaute hinaus. Sein Blick wurde finster. "Es war nicht das erste Mal. Ich bin es seiner Seele schuldig und den Seelen so vielen Vätern und Müttern die hilflos die Ermordung ihrer Kinder ansehen mussten. Ich bin es meinem Volk schuldig!" Feste drehte sich zu Twiggy und streckte seine Hand aus. "Bitte gib mir den Stab. Ich habe schon so viele Bürden zu tragen. Ich möchte nicht auch noch dich auf dem Gewissen haben." Die Goblinhexe stand jedoch da als würde sie ihn nicht hören. Schließlich brach sie ihr Schweigen doch noch. "Das tust du nicht. Ich bin niemandes Bürde, nun nicht mehr. Ich habe einen Nutzen. Ich habe einen Platz den nur ich füllen kann. Der Stab hat es mir gesagt." Sie schaute Feste in die Augen. "Du muss von Magie durchflutet werden und eine starke Verbindung zum Mana haben. Dazu musst du es auch wollen aus tiefstem Herzen. Alles kann ich bieten. Doch ich kann es nur jetzt... nur hier... Hier wo durch die Sternenmagier meine Magie verstärkt wird und wo ich die Entscheidung treffen kann die ich will." Feste schüttelte wieder leicht den Kopf und biss sich auf die Unterlippe. Seine Augen füllten sich wieder mit Tränen. "Nein... bitte Twiggy..." "Sag den anderen, dass ich mich bei ihnen wohlgefühlt habe.. naja so weit das geht mit dem ganzen Himmel über dem Kopf." "Bitte nicht..." Feste machte einen wackligen Schritt auf sie zu, seine Hand immer noch nach dem Stab ausgestreckt. Er musste ihn ihr wegnehmen. Sie durfte sich nicht opfern. Nicht sie... nicht Twiggy. "Danke..." Der Stab leuchtete heller. Twiggy setzte sich neben das Fenster auf den Boden und schloss die Augen. Ihr kleiner Leib legte sich hin. Das Leuchten wurde zu einem Lichtwirbel, der mit einem aufkommendem Wind verbunden war. "NEIN!" Feste sprang ihr entgegen. Seine Beine ließen ihn jedoch im Stich und er fiel mehr, als das er sprang und der Länge lang zu Boden schlug. Die Hand noch immer ausgestreckt schluchzte er leise. Das Leuchten verschwand, der Windstoß ließ nach. Ein letztes Mal pulsierte der Stab. Dann erlosch er fürs Erste. Der kleine Goblinleib blieb eingerollt leblos liegen. Sie sah aus als ob sie schlafen würde, so friedlich und doch war die Wahrheit grausamer. Es wurde still. Nur das Schluchzen des Narren durchschnitt die Stille des Raumes... wahrlich eine Totenstille. Langsam löste sich der Stab aus der Hand der kleinen Hexe und rollte einige Zentimeter auf Feste zu. "Warum... warum nur...?" Er umfasste den Stab. Vermaledeiens Ding! Wieso konntest du nicht jemand anderes wählen? Warum nicht mich oder... ach verdammt! Er wollte ihn hinaus schleudern, auf das er ihn nie wieder sehen musste. Doch einerseits fehlte ihm die Kraft dafür und andererseits wurde ihm schnell klar das Twiggy dann völlig umsonst ihre Seelenenergie gegeben hätte. Seine Hand verkrampfte um das Stück Metall, als wollte er es erwürgen. Doch auch diese Kraft verließ ihn rasch. Feste war wirklich am Ende und so dauerte es nicht lange bis er hilflos und entkräftet in eine Ohnmacht fiel.
 
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Als Serafine Harvald auf die verhüllte Gestalt zugehen sah, die Axt beidhändig über dem Kopf erhoben, zögerte sie nur eine Sekunde. Die düstere Gestalt die den Narren mit der Schellenmütze ergriffen hielt, hielt ihren Verstand gefangen und doch löste sich der Bolzen wie von selbst von der Sehne und flog die 50 oder 60 Schritte weit, um hart in der Schulter der Gestalt einzuschlagen. Sie sah Harvald sich mehrfach überschlagend davon segeln und auch den Narr flog in die andere Richtung davon, wie eine Puppe.

Sie sah auch den verzweifelten Kampf eines Magiers gegen den Feuerhauch eines Drachen. Eine weitere Streiterin erschienen auf dem Schlachtfeld und unterstützten den Magier, indem sie auf unvorstellbare Weise in Sekundenbruchteilen Felswände aus dem Boden wachsen ließ, um den Magier vor dem Feuerhauch des Drachen zu schützen.

Die Armbrust entglitt ihren kraftlosen Händen als die verhüllte Gestalt auf sie zu glitt. Der Gesichtsausdruck entspannte sich, das Gesicht begann zu schimmern oder lag über ihrem ganzen Körper eine golden schimmernde Aura und sie sackte zusammen.....

Ihre Gedanken kehrten erneut zurück nach Port Raven und eine unnennbare Furcht ließ ihr Herz erneut zusammenkrampfen. Sie kroch über die Trümmer. Blut lief ihr über das Gesicht. Mira, Reza, wo seit ihr. Sagt doch etwas. Bitte. Mühsam zerrte sie an einem Balken und erneut brach ein und wieder stürzte ein Teil der Ruine ein. So irrte sie durch die Trümmer und um sie herum tobten die Dämonen. Plötzlich kam einer der Dämonen direkt auf sie zu und griff nach ihr. Ein Schritt zurück und sie stürzte in eine Öffnung zwischen den Trümmern direkt auf die Leichen ihrer Schwestern. Sie sah noch wie der Dämon ihr in das Loch folgte und verlor das Bewusstsein oder starb auch sie in diesem Augenblick.

......um unmittelbar danach wie eine Marionette an Fäden nach oben gerissen zu werden. Und sie stand dort wieder im Zirkel der Sternenmagier inmitten der wirbelnden Sandmassen während die verhüllte Gestalt des Herolds auf sie zu glitt.

In dem Augenblick als riss sie eine Stimme, ihre eigene Stimme in die Realität zurück. Glockenklar drang sie über die Hochebene. Harvald, der immer noch halb benommen im Sand kniete, wusste nicht welche Sprache es war, aber er verstand die Worte:

Manche sagen, Liebe ist eine Flut, die das zarten Schilf ertränkt.
Manche sagen, Liebe ist eine Klinge, die die Seele bluten lässt.
Manche sagen, Liebe ist ein Hunger, eine endlos' schmerzende Not.
Ich sage, Liebe ist eine Blume und Du bist seine einzige Saat.
Es ist das Herz, dass niemals lernt zu tanzen, aus Angst es könnte brechen.
Es ist der Traum, der niemals wahr wird, aus Angst vor dem Erwachen.
Es ist der eine, der sich nicht glauben kann, zu geben, weil niemand von ihm nimmt.
Und es ist die Seele, die aus Angst vorm Sterben, niemals lernt wie man wirklich lebt.
Wenn die Nacht ist lang und einsam und der Weg ist viel zu lang
und Du denkst, dass Liebe nur für die ist, die glücklich sind und stark sind
dann erinnere Dich dass im Winter tief unter dem Eis und Schnee
die Saat liegt, die mit der Liebe der Sonne zur Rose erblüht.


Alles auf der Hochebene schien sich für ihn langsamer zu bewegen, als habe die Zeit selbst innegehalten und dem Lied gelauscht. Leise kaum hörbar am Anfang drang die Stimme zu Harvald, doch der Sand nahm das Lied auf, verstärkte es und schließlich schienen selbst die Felsen donnernd das Lied zu singen.

Mühsam richtete er sich aus dem Sand auf. Sämtliche Knochen schmerzten, doch das Dämonenblut in Harvald begann erneut zu pulsen. Ich benötige Blut, viel mehr Blut, ging es ihm durch den Kopf. Nichts anderes vermochte er zu denken. Er war ein Süchtiger, süchtig nach Dämonenblut, nach Dämonenseelen, nach den nicht gelebten Jahren seiner Opfer und nichts würde diesen schrecklichen Hunger wieder stillen. Die Axt schien plötzlich unendlich schwer und schwang zurück in ihre Halterung. Und so mühte er sich aus dem Staub bewegte sich auf den Herold zuerst schrittweise, immer schneller und schließlich begann er zu rennen. Felsbrocken krachten wie im Takt des Liedes vor ihm in den Sand, vermochten ihn doch nicht zu bremsen. Traumwandlerisch eilte er voran und die beiden unwiderstehlichen Dolche erschienen weiß und bleich in seinen Händen, die Zähne der tödlichsten aller Echsen. Sie würden das Blut des Herolds trinken.

Kristallklar klang nun die unendlich traurige Weise über die Ebene und die Ebene dröhnte dumpf von ihrem Klang. Eine todesmutige Reiterin schwang sich auf den Hals des Drachen dessen Feueratem glühend über die Ebene wehte. Aus dem Boden erhoben sich vier glühende Sandwirbel übermannshoch und sie verdichteten sich immer weiter. Harvald hatte den Eindruck, als stände dort mehr als nur eine Serafine. Nicht eine, sondern zwei, nein drei und alle drei schienen in dem schwachem, goldenen Licht zu glühen. Eine mit offenem Haar, eine mit hochgestecktem Zopf und seine Serafine mit dem Zopf in der Rüstung. Tausende wirbelnder Sandpartikel schienen vom Drachenfeuer zu glühen oder reflektierten sie nur das Licht, das von den Schwestern ausging. Sandgeister, die Toten der Wüste. Die verlorenen Seelen der unsterblichen Uhlar und sie erhoben sich, versperrten dem widernatürlichen Herold den Weg, stellten sich entgegen und zwischen ihnen stand eine Kriegerin nicht von dieser aber auch nicht von einer anderen Welt und sang.

Und zwischen ihm und ihr stand nur noch ein lächerliches Hindernis nach dessen Blut er gierte: der Herold der Furcht
 
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Feuer, Sturm, Wahn

Keuchend betastete Spiller sein aufgeschlitztes Bein und der Schmerz, der seine Seele Klageschreie ausstoßen ließ zwang ihn beinahe in die Bewusstlosigkeit. Selten hatte er törichter gehandelt, als heute, da er seinem Todfeind in den empfindlichen Reisezauber gefolgt war.
Wie durch ein Wunder schienen beide überlebt zu haben, wenn auch mit schrecklichen Spuren. Sobald Spiller seine Gedanken ausreichend geordnet hatte, um sie auf seine Umgebung zu konzentrieren erblickte er den Umriss Anthreds, der sich knurrend hin- und herwarf, die grobe Faust um den Unterarm geschlossen wie ein Schraubstock aus Fleisch und Knochen. Gegen eine Schneewehe gesackt nahm Spiller das Aufbegehren des Hünen zur Kenntnis und mühte sich, seiner Situation ansichtig zu werden. Unweit von ihnen ließ der Wind seidige Tücher aus Schnee von einer rauhen Kante her auftanzen, im Süden machte er eine Vielzahl von Lichtern aus, die im schwachen, flockendurchtaumelten Zwielicht glitzerten.
Der bandagierte Magier riet schnell, dass sie sich auf einer Klippe nördlich der Stadt Trauerlied befinden mussten, denn mit gespitzten Ohren konnte er von jenseits des schroffen Grats die unwillige Stimme des kalten Meeres hören, welches mit zügellosen Zungen am Saum des Landes leckte.
In diese Schlussfolgerung vertieft hatte er kaum gemerkt, dass das stete Rumoren, das in Anthreds Kehle seinen Ursprung fand, verstummt war. Doch ein rascher Blick bewahrte ihn vor dem kummervollen Schicksal, seinen Feind ein weiteres Mal zu unterschätzen. Rasch zwang er sich auf die Beine zu kommen, während die Wunde, die ihm die Winde der astrahlen Gewalten zugefügt hatten, schmerzend ihren Tribut forderte. Schwankend erhob er sich und sah sich dem hasserfüllten Blick, der zwischen den goldenen Strähnen hervorzüngelte gegenüber. Und dann erblickte er die Hand.
Sie lag verkrampft im Schnee, von einem kleinen rostroten Kreis aus Blut umgeben, wirkte beinahe achtlos beiseitegeworfen wie ein verschlissener Handschuh - und zwischen ihren erkaltenden Fingern schimmerten die Juwelen und das Gold, oh, das Gold, als wäre es von magischem Feuer erfüllt.
Brüllend stürmten sie nun beide voran, aus unterschiedlichen Gründen von dreuendem Wahn erfüllt, der brannte wie heißer, kriechender Teer. Spiller hatte kaum Zeit, seine Gedanken an das zu verschwenden, was passiert war. In dem wirbelnden, ungnädig reißenden Springfluten der flackernden Realitäten hatte nicht nur er selbst eine Wunde davongetragen, auch Anthred hatte den blutigen Preis bezahlen müssen, den eine schlampige Teleportation mit sich brachte - egal was die Ursache war.
Im diesem kurzen Moment des Sturmlaufs, der ihm unsägliche Schmerzen in seinem verletzten Bein bereitete, war ihm klar, dass dem Mann, dessen Haare sosehr leuchteten wie die Nadel selbst, die Hand, die das Artefakt gehalten hatte beim endgültigen Wiedereintritt in die Welt der sterblichen entrissen worden war. Die wütenden Stürme des arkanen Reisens hatten Fleisch, Sehnen und Knochen durchtrennt und unweit der Reisenden gleichgültig fallengelassen.
Anthred, noch immer den Armstumpf umklammernd durchmaß den niedrigen Schnee mit erstaunlicher Geschwindigkeit und warf sich somit als erster zu Boden, um seiner eigenen abgerissenen Pranke die kostbare Nadel zu entringen. Doch Spiller erreichte den Ort nur Sekundenbruchteile später und warf sich mit aller Kraft gegen den Leib des ruchlosen Gegners und es gelang ihm, ihn umzuwerfen.
Gemeinsam, von leuchtenden Seidendecken weißen Frosts überzogen rollten sie durch den knirschenden Schnee und fochten mit der Kraft von Verzweifelten im jenes Schmuckstück, dass trotz all seiner Macht so erschreckend unbedeutend aussah.
Spiller, der noch in vollem Besitz seiner bandaagierten Hände war, hatte einen mehr als ungleichen Vorteil gegenüber des verstümmelten Kriegers und sah sich schnell im Siegesrausch begriffen, als es ihm gelang, die Nadel an sich zu raffen, doch Anthred antwortete mit einem wuchtigen Fausthieb auf den verletzten Oberschenkel, ein Treffer, der Mark und Bein erschütterte.
Die Schreie loderndem Ehrgeizes und nie dagewesener Schmerzen voll Agonie und Qual umschallten den Zackenkranz der Klippe, auf der sie um den Sieg rangen.
Spiller sah sich vom massigen Leib Anthreds auf den Rücken gedrängt und schnell fand die verschmierte verbliebene Hand des Kriegers seine Kehle, um gnadenlos zuzudrücken, als wollte sie ihm das Genick brechen wie einen morschen Zweig. Doch blieb ihm genug Raum, um sich zusammenzurollen und Anthred mit einem heftigen Fußtritt in die Körpermitte von sich zu stoßen.
Ächzend ertrug der Hüne den Stoß und erhob sich wutentbrannt einige Fuß weit entfernt aus dem allgegenwärtigen Weiß.
“Du dreckiger Bastard...“
Die Schmähung erstarb in seinem heftigen Keuchen, doch der bandagierte Magier erkannte den Zorn, der in seinem Rivalen brannte wie eine rote Flamme.
Während er noch versuchte, sich emporzuquälen richtete Anthred seine Hand auf ihn.
Glühend heiß erwachte ein Funke an der Fingerspitze und dehnte sich vibrierend aus, wie ein kleines, scheußliches Abbild der machtvollen Pirijo, die zuvor den Hafen Trauerlieds geimgesucht hatte.
Spiller warf sich beiseite, als der Funke sich löste und nun um Haaresbreite an ihm vorbeizischte, um kurz darauf in den Felsen hinter ihm einzuschlagen. Die Wucht der markerschütternden Explosion ließ die Erde erzittern und von der Druckwelle gepackt wurde Spiller durch die Luft geschleudert. Hilflos sah er zu, wie das Artefakt den Fingern der toten Hand entglitt, die er noch immer umklammert hielt, als hinge sein Leben davon ab.
Ein letztes Aufglimmen, von einem zufälligen Liechtstrahl erleuchtet, dann segelte das Artefakt kreisend die Schlucht hinab, den gierigen Armen der tosenden See entgegen.

Keiner der beiden zögerte, als sie der Nadel hinterher in den finsteren Abgrund sprangen.

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Die Druckwelle hatte den Echsenmann, der vergeblich hinter seines schäbigen Schutzwalls Deckung gesucht hatte unbarmherzig erfasst und ihn emporgehoben wie ein albernes hölzernes Spielzeug, ja einer Puppe gleich war sein zerbrechlicher Leib rotierend durch das gedankenzermürbende Chaos geflogen, das gleichermaßen sein Sein und seine Sinne beherrschte. Groß war noch immer der Einfluss des furchtvoll ehrfurchtgbietenden Leichenmannes, der mager und kristallin wie Rauhreif in der Wüstenhitze für Angst und Schrecken sorgte.
Haj'ett landete unsanft am Fuße einer Felswand und die tückischen Fänge der Schwärze bedrohten tastend sein Augenlicht, wie um zuzuschlagen, sobald er nur ein einziges Mal zu blinzeln wagte. Hustend schüttelte er den Sand von sich, und beinahe wäre es ihm gelungen auf die Beine zu kommen, wenn da bloß der Schmerz nicht gewesen wäre.
Der linke Fuß war es, der ihm diese Oein amgedeihen ließ und jeder Herzschlag in der schmalen Echsenbrust sandte erneute prickelnde Schauer des Leids durch seinen Körper.
Mühsam rollte er sich herum, nachdem er es aufgegeben hatte, laufen zu wollen. Der allgegenwärtige Wüstenstaub warf kleine Dünen auf und kroch in jede Ritze, Pore und Öffnung seines Gewandes.
Dann umfing ihn der Wille des Herolds, wie ein eiskalt brennender Meißel, der ihm rücksichtslos in die Stirn getrieben wurde. Obwohl Haj'etts Augen ihm vieles offenbarten, was diesem Enfluss spottete, gelang es dem Finsterling dennoch, seinen kriechenden Einfluss aufrechtzuerhalten. Und der Echsenmann spürte, wie ihm erneut die schleichende Angst die Glieder schwer werden ließ. Flimmernd flackerten wirbelnde Wirrbilder vor seinen flatternden Lidern und zeigten ihm Visionen entsetzlicher Szenarien, die ihn an den Rand der Verzweiflung zu drängen suchten.
Der Echsenmann fand sich in seinem Geist gefangen wieder, umringt von den unheilvollen Vorahnungen und Zweifeln, die er stets in seinen Hinterkopf zu verbannen pflegte.
Er sah den Tod in all seiner anmutigen, schrecklichen Anmut als allumfassende Entität des Schreckens.
Er sah sich Versagen, erneut, immer wieder wie schon seit jeher und die Gesichter jener, die er gekannt, aber nicht hatte retten können.
Plötzlich wirbelte das Alpbild und veränderte sich zu einer Szene, die er wie ein Unsichtbarer betrachten konnte. Dujol ragte in Trümmern vor ihm auf und in mitten von Trümmern und zerschmetterten Leibern eine Frau, die ein formloses Bündel an ich drückte, das zweifelsohne einmal ein heramwachsender Mensch gewesen war, bevor es von dem Übel, das diese ihre Welt heimsuchte in den ersten Momenten seines Lebens vernichtet worden war. Dumpf drangen die Lichter unzähliger Augen an sein Selbst und er erkannte, dass es Augenpaare waren, funkelnde, doch ermattende Kristalle in einer wachsenden Finsternis. Immeer tiefer jagte der Herold ihn in die verstecktesten Winkel seiner absurdesten Sorgen und die verworrendsten Windungen seines Geistes hinab.
Es war, als würde er einen dunklen Korridor entlangeilen, mit Verderben im Nacken.
Doch plötzlich erreichte er - mehr durch Zufall - eine bekannte Stelle.
Es war der Tag seiner Vermählung, den er vor sich sah, die er dereinst umringt von den blutrünstigen Oberinnen seiner Familie verbracht hatte. Und ohne nachzudenken stürzte er sich in dieses Bild der Angst, die er an diesem Tag durchlitten hatte.
Die Schrecken der Tage in den Reihen seiner Artgenossen waren brutal und unerfreulich - doch Haj'ett begriff, dass es vergangene Eindrücke waren.
Und so tat der Echsenmann etwas, dass er sehr gut konnte. Fliehen.
Indem er sich den Ängsten aussetzte, denen er gewachsen war und zuweilen sogar verarbeitet hatte, entzog er sich dem irrationalen, panikhaften Stochern des Herolds und beraubte ihn einer wichtigen Macht: dem Unbekannten.
Haj'ett gelang, sich in seinen Gedanken zu verstecken, während sein Geist mit dem boshaften Willen des Feindes verknüpft war und als der sich Herold vor Schmerz aufbäumte und seine Einflüsterungen leiser und schwächer wurden, schaffte er es, an die Oberfläche zurückzukehren.
Haj'ett fand sich staubbedeckt in einem Trümmerfeld wieder und reinigte sich benommen die Augen. Durch den Dunst der Schlacht konnte er das gefiederte Ende eines Armbruszbolzens ausmachen
Fina musste getroffen haben, vermutlich als der Schild des mageren Schreckens durch Festes Angriff nachgegeben hatte.
Er war also verwundbar.
Haj'ett spürte, wie eine kleine Flamme des Trotzes über ihn hinwegtanzte; und er bewahrte das Feuer in seinem Herzen, trug es nach außen und ließ es seinen Geist erfzittern. Dieses kleine Feuer war ihm durchaus nicht fremd und fühlte sich angenehm, einfach richtig an, obwohl er es bisher erst einmal zuvor wahrgenommen hatte.
Bei dem demütigenden Sparringskampf in Dujol, als die exotische Kriegerin ihn regelrecht vorgeführt hatte, war ihm als erstes diese kleine wärmende Berührung mit seiner Seele zuteil geworden, aus Trotz und Widerwillen geboren, doch rätselhaft in ihrem Ursprung.

Ohne nachzudenken kam der Echsenmann auf die Füße und beinahe war es ihm, als würde die ganze Welt um ihn herum seine Anstrengung mit dröhnendem Jubel begleiten. Der Drache tobte hemmungslos und focht mit seinen Widersachern, doch Haj'ett konnte nicht sehen, um wen es sich handelte. Sein Blick galt Serafine, die von wirbeltem Sand umgeben dem Herold gegenüberstand, flankiert von unwirklich leuchtenden Schemen weiterer Frauen, die wie Kerzen im Zwielicht flackerten.
Ächzend zog er die Armbrust heran und begann sie mühsam zu spannen.
Der wirbelnde Sand verdichtete sich schlangengleich gewunden zu hünenhaften Gestalten, Geistern der Verblichenen, aufbegehrenden Seelen der wilden Wüste. Haj'ett erspürte ihr Sein mit Ehrfurcht und kurbelte mit doppelter Kraft weiter, während der Herold innehielt, unschlüssig wie er mit diesen neuen Gegnern verfahren sollte.
Es war offensichtlich, dass er sich zur Verteidigung wappnete, während ein unirdischer Wind über das Plateau fegte und kryptische Klänge mit sich trug und ein dumpfes Heulen in den Winkeln und Nischen des Zirkels wild musizieren ließ.
Schon stürzte sich einer der Geister auf den dürren Feind, ließ sich einfach Bäuchlings fallen und verformte sich mitten im Sturz zu einer ungestalten Wolke, die auf den kugelförmigen Schutzschild mit den Prickeln abertausender Sandkörner eintrommelte, mit der gewaltigen selbstpeinigenden Macht, die nur der gequälten Seele eines Toten innewohnte.
Der Sandgeiste hob bald zu einem hohlen, leiderfüllten Stöhnen an, das gespenstisch von anschwellenden Wind erfasst wurde, und sich mit der Musik des Moments verflocht, wie ein Solist, der in einer Symphonie sein Lied begann.
Haj'ett konnte kaum noch etwas erkennen, Fina und der Herold waren in dem tanzenden Wirbelsturm aus Sand verborgen und nur hin und wieder blitzten Gliedmaßen und Stofffetzen durch den aufgewirbelten Schleier.
Konzentriert legte er einen Bolzen an die fest gespannte Sehne der Armbrust und backte an.
Aus dem Augenwinkel bemerkte er Harvald, den grauen Krieger, der - die Axt vergessen - mit zwei weiß leuchtenden Reißzähnen bewaffnet auf das Epizentrum des Sturms zurannte, an Wahnsinn grenzende Zielstrebigkeit in den Augen, während das trommeln seiner geschwinden Schritte immer lauter wurde.
Haj'ett schloss die Augen und atmete tief durch. Als er sie wieder öffnete wollte er es nicht wagen, ihren Blick u erneut hindern, bis er abgedrückt hätte.
Harvald kam näher.
Noch hatte er kein eindeutiges Schussfeld. Der Echsenmann spürte mit jeder Faser seines Seins, dass dieser Schuss sitzen musste. Doch der tosende Sandwirbel offenbarte noch kein Ziel. Seine wachsende Ungeduld übertrug sich auf sein ganzes Wesen und - wie er überrascht feststellte - darüber Hinaus.
Seit dem Erscheinen des Risses über Port Milan, der den Himmel wie brüchiges Pergament zerfetzt hatte, war er nicht mehr im Kontakt mit den Geistern getreten. Er hatte es nicht gekonnt, seine Ahnen, vormals ein vielstimmiger Chor aus verblichenen Vorfahren hatten geschwiegen.
Doch jetzt, vielleicht durch die unmittelbare Verankerung des Sangeistes im Hier und Jetzt konnte er in die Gedanken der fremden Seele eintauchen.

Ein junger Mann, voller Stolz und Ungestüm. Er stieg auf ein Kamel, um in den ewigen Sand zu ziehen.
Er wollte zur nächsten Oase gelangen, um Tuch zu kaufen. Seine Schwester würde bald heiraten und nichts konnte den stolzen Bruder davon abhalten, sie in teures rotes Gewand zu kleiden, wenn sie vermählt würde. Die Braut winkte ihm zu, als er den nahen Horizont am Gipfel einer Düne überquerte. Sie hatte es nicht gewollt, doch nicht gewagt das Geschenk abzuweisen, das er im Sinne hatte.

Ein Sturm. Blökend ging das Kamel nieder, als es im undurchdringlichen Toben des Sandes auf einem Stein umknickte und sich das Bein brach. Halb unter dem Tier begraben starrte der junge Mann in den unkenntlichen Himmel, während das Leben langsam seinen Leib verließ.


Haj'etts Augen tränten, doch noch immer wirbelte der Sand um den Herold, hielt ihn in Schach. Und er spürte die Qualen, die der lebende Geist durchlitt.
Lasse ab, gepeinigte Seele. Ich danke dir für deine Unterstützung.
Und der Geist verstand.

Plötzlich fiel die Wolke in sich zusammen und gab den Blick auf den Herold frei, während der Sturm, der sich schützend um Seraphine schmiegte noch undurchdringlicher wurde.
Der Echsenmann drückte ab.
Der Bolzen schnellte kraftvoll von der Sehne und zischte durch den leeren Raum, während Funken aus der Maserung des Holzes stoben und es knackend zum brennen verleiteten, wirr umhertanzed im Chaos des Windes.
Wenige Schritte vom verblüfften Herold entfernt erwachte fauchend das magische Feuer wie ein flammender Blitzschlag und brachte den eisernen Kopf des Bolzens zum glühen. Weiß traf das Geschoss auf den Schild, während Schaft und Gefieder längst als tanzende Ascheflocken davongetragen wurden - und brach ihn.
Silbrig glänzend zerschellte der magische Schutzwall unter der unerwarteten magischen Entladung und fiel in glitzernden Scherben in sich zusammen. Die geweiteten Augen des Herolds erblickten für den Bruchteil einer den Sekunde den heißen Glutpunkt, dann schlossen sie sich schmerzverzerrt, als der abgeschwächte Metallklumpen die Stirn traf und sich schwelend in Haut und Fleisch einbrannten.
Der Schmerzensschrei zerriss die Sphärenmusik der Geister und hallte zwischen den Wänden umher. Wutentbrannt richtete der den Blick auf de Echsenmann, während die Brandwunde auf seinem Antlitz qualmte.
“Du...!“, hob er an.
Doch die angehobene zornige Drohung blieb unvollendet und kein weiteres Wort sollte wohl diesem jäh unterbrochenen Satzanfang folgen dürfen.
Denn der graue Krieger hatte sein Ziel erreicht, die Reißzähne tief in den Leib des bösartigen Magiers gestoßen und damit jede weitere Schmähung zunichte gemacht. Das Röcheln, dass der Kehle des Sterbenden entfuhr klang wie ein rauer Herbstwind im Gehölz oder brechende Zweige.
Langsam erstarb das Geräusch und wurde nur von dem wütenden Keuchen Harvalds unterbrochen, der wahnhaft wiederholt die todesbringenden Dolche in den erschlafften Feind stieß und unzählige schreckliche Wunden schlug.
Dann zerriss die Wolkendecke über ihnen und zunächst erinnerte der Anblick Haj'ett an die Entstehung des Risses über Dujol, so duckte er sich voller Sorge.
Doch nur das weite Blau kam zum Vorschein, gefolgt von der prächtigen Wüstensonne, die einem jeden nach dem anhaltenden Unlicht in den Augen brannte.

Der Schmerz kam zurück und das geschundene Bein des Echsenmannes gab endgültig nach. So sackte er unsanft nieder.
 
Alexis keuchte, als er sich gegen Lithias gerade erschaffene Steinwand stützte. Lithias aufbauende Worte überraschten ihn, wirkte die Geomantin doch immer recht distanziert. Er hatte das Gefühl, hier einen Blick auf ihr wahres, verborgenes Wesen zu erhaschen. Er hörte derweil den Drachen taumeln. Der Zauber schien seine Wirkung nicht verfehlt zu haben und schenkte ihnen einen wertvollen Moment an Zeit, den sie brauchten, um sich zu sammeln. Lithia schien ebenfalls angeschlagen zu sein, doch Alexis hatte die Hoffnung, sie könne erreichen, was ihm wohl nicht mehr gelingen würde.
Doch es kam anders. Alexis spürte einen weiteren, fremden Zauber, deren Ursprung er nicht zuordnen konnte und gleichzeitig tauchte eine neue Akteurin auf, kniete zu ihm nieder und drückte fest seinen Arm.
"Die eiserne Lady lässt Grüßen. Dieser Dienst ist ein Beweis meiner Angehörigkeit.", sprach die ansehnliche Dame und holte ein Pergament hervor. "Ihr werdet doch noch nicht schlappmachen.", fügte sie hinzu und drückte das Pergament gegen die Brust des perplexen Hexenjägers.
Verdutzt giff er danach und ein bekannter Geruch umspielte seine Nase. Eine Umarmung, Küsse. Ihr Blick, mit dem sie ihn ansah. Der Brief war von ihr, kein Zweifel. Ein letzter Rest an Kraft mobilisierte sich in ihm. Er musste dem Drang widerstehen, den Brief sofort zu öffnen und zu lesen, denn jetzt war nicht die Zeit dafür.
Das Schauspiel, das sich ihm als nächstes Bot war ohnehin so dermaßen surreal für ihn, dass er das Pergament für einen Augenblick vergaß.
In der Zwischenzeit brandete eine weitere Feuersalve über die Schutzmauer hinter ihm hinweg, was ihm klar in Erinnerung rief, dass sie hier nicht allein waren und der Drache sie nicht vergessen hatte. Diese Dame beherrschte anscheinend einen Illusionszauber, mit dem sie ein Duplikat von sich selbst erschaffen konnte, welches vom Drachenfeuer nicht zerstört wurde, als es dieses erfasste.
Er raffte das Pergament an sich und steckte es hastig in seine Tasche. Und dann wurde Alexis Zeuge von Lithias letzten Momenten. Er wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. Wie er den Neuankömmling einordnen sollte. Was hier geschah. Lithia schien in ihrem früheren Dasein etwas schreckliches getan zu haben, um so zu enden. Die neue erschien plötzlich hinter Lithia und entfernte den Stein aus Lithias Brust, der offenbar ihr Anker mit dem Diesseits war. Denn das war ihr Ende. Sie verging und erstarrte zu Stein. Ihre letzten Worte brannten sich in sein Bewusstsein. Ihre Augen, die nun, im letzten Augenblick ihres daseins völlig menschlich waren, brannten sich in sein bewusstsein.
Der ovale Stein kullerte vor ihn und Alexis starrte das Ding an, nicht sicher, ob er ihn berühren sollte.
Die Neue war bereits verschwunden, um sich des Drachens anzunehmen, als Alexis zusah, vie Lithias Leib zu Staub zerfiel. Es schmerzte ihn sie so zu sehen, obwohl er sie kaum kannte. Was auch immer sie getan hatte, er kannte nur die Lithia, die er nun vor sich gehabt hatte. Ein weiterer Mitstreiter, vergangen.
Er griff nach dem Stein. Doch er spürte nichts daraus. Was er in dem Ausbruch der Sternenmagie darin gesehen hatte ließ ihn erschaudern, doch nichts davon zeigte sich. Es war in seinen Händen nur das: Ein Stein. Ein Andenken.
Die Diebin kümmerte sich derweil regelrecht heroisch und todesmutig um den Drachen, stahl ihm das Augenlicht und brachte ihn in eine prekäre Lage. Aber auch die Diebin konnte sich kaum noch auf dem Ungetüm halten.
Alexis kämpfte sich an der Mauer hervor, um aufzustehen. Er erkanntedieMöglichkeit, die sich ihnen bot und zögerte nicht einen Moment, um seine letzten Kräfte zu mobilisieren. In seiner freien Hand mobilisierte er seine geisterfäden und schleuderte sie mit letzterKraft dem Drachen entgegen, zielte so gut es ging auf die freie Stelle in dessen Brust und traf. Die Fäden durchbrachen die Haut und trafen das Herz des Ungetüms. Alexis' kreisende Handbewegung zeigte deutlich, was iminnern des Ungetüms vor sich ging. Er zerfetzte sein Herz regelrecht, bevor er die Fäden wieder zurückzog.
Gurgelnd ging der Drache zu Boden und hauchte seinen Lebensgeist aus.
Zufrieden ließ Alexis sich an der Steinmauer zurücksacken und stelltenoch zufriedener fest, dass es den anderen gelungen war auch den Herold zu Fall zu bringen.
Magna erschien plötzlich neben ihm und schulterte zufrieden ihre Sense. Doch dann sah sie ernsten Blickes auf den ovalen Stein in Alexis' Hand. Sein Blick ging unweigerlich auf den selben Stein in Magnas Brust.
"Droht dir auch so ein Schicksal?", wollte Alexis mit schwacher Stimme wissen.
Ein kurzes gequältes Lächeln huschte über das Gesicht des Wolfsdämons.
"Nein.", entgegenete sie und berührte ihren Stein mit der Hand. "Er ist eine Leihgabe. Ich habe mir mein Schicksal selbst ausgesucht. Lithia konnte das von sich nicht behaupten."
Alexis sah auf den Stein in seiner Hand. "Und was ist mit mir? Habe ich durch unseren Pakt etwas von deiner Herrin zu befürchten?"
Magna lächelte und etwas wissendes lag in ihrem Blick, gemischt mit einem Ausdruck, der ihm bedeutete: Sie wusste mehr, als ie ihm sagen konnte. Oder wollte.
Doch bevor einer von beiden etwas sagen konnte, überkam Alexis plötzlich eine Woge von Schmerz. Unsäglicher Schmerz, der in seinen Adern brannte. Magna zuckte zusammen und erstarrte, als würde sie von einer unsichbaren Kraft gepackt. "Nein!", schrie sie noch auf, bevor Alexis eine Vision überkam.
Er sah Dot vor sich, klar und deutlich, wie sie schmerzverzerrt und erschrocken zu ihm aufsah. Sein Blick, den er nicht selbst steuerte, ging nach unten zu seiner Hand, die nicht die seine war. Er hielt einen silbernen Dolch mit einem Griff, der in grünen Stoff gewickelt und von einer goldenen Schlange umwunden war. Und der Dolch steckte in Dots unterleib. Alexis vollte schreien, doch erkonnte nicht. Er konnte nur hilflos zusehen, während seine Adern immer mehr brannten und sich etwas in seinen Geist drängte.
"Hector, wieso?", keuchte Dot und brach zusammen. Zurück blieb der Blutverschmierte Dolch, auf dem sich der Blick ihres Peinigers, durch dessen Augen Alexis sah, richtete. Das Blut glitt entlang der Klinge in seine Hand und verschwand. Das brennen in seinen Adern nahm zu.
"Ah, mein Junge. Ich habe lang auf diesen Augenblick gewartet. Jetzt hole ich mir, was ich so sorgfältig vorbereitet habe: Deinen Körper. Und mit dem Blut der Blacks und eures ungeborenen Kindes hast du mir ein willkommenes Geschenk gemacht.", sprach er in gelassener Manier. Alexis spürte, wie sich Hectors verstand in den seinen drängte.
Es konnte nicht wahr sein. Desto weiter Hector in seinen Verstand vordrang, desto mehr hatte er auch an seinem Wissen Teil. Er hatte alles geplant. Alexis war eine "Züchtung", sorgsam vorbereitet um Hector einmal als Körper zu dienen. Er hatte Dot in Sincherheit gebracht, damit ihre Kräfte wachsen Konnten, bevor er sie "ernten" konnte. Er war es, der ihre Eltern getötet hatte. Er war immer Teil der Bruderschaft gewesen.
Und er hatte Maestros Untergang beigewohnt. Er war einer von zwölf. Er war ein Herold.
Desto mehr Hector seinen Verstand übernahm, desto mehr sah er. Die Verbindung, die die Herolde zueinander hatten. Tod, Zerstörung, brennende Städte, brennende Leiber.
Schließlich sah er deren Ursprung. Dunkle Wolken, unter denen ein ewiges Feuer loderte lagen unter ihm. Über ihm die Weiten des Sternenhimmels und vor ihm eine doppelseitige Pyramide, aus der eine dunkle Stimme zu ihm in einer fremden Sprache flüsterte. War er der Ursprung von alldem? Der Meister der Herolde?
Doch das Flüstern wurde mehrstimmig. Etwas schlich sich in den Kanon ein. Das Brennen in seiner linken Hand ließ nach und eine schmerzhafte Kälte breitete sich darin aus. Eine dräuende Finsternis begann ebenfalls von ihm Besitz zu ergreifen. Etwas uraltes, mächtiges benutzte ihn, um in diese Sphären durchzudringen und griff nach der Macht der Herolde und ihres Meisters.
Eine weibliche Stimme drang an sein Ohr und an die Ohren der Herolde. Alexis erschauderte.
"Hab ich euch!", sprach sie triumphal. "Jetzt werde ich mir jeden einzelnen von euch holen. Eure Welt wird mir gehören! Ihr werdet mir gehören."
Die fremde Macht erfüllte Alexis nun vollständig und drang durch ihn in die Herolde vor, griff nach ihrem Meister.
"Hector du Narr! Trenn die Verbindung! Sofort!", hörte er einen anderen Herold brüllen.
Ein widerwilliges, wutentbranntes knurren war das letzte, was er von Hector hörte, bevor alles um Alexis schwarz wurde.

"Oh. Wie bedauerlich."
Alexis versuchte sich umzusehen,doch er sah nichts. Und dann materialisierte sie sich vor ihm. Weißblondes Haar glitt an ihrem blassen Körper entlang, der nur spärlich von einer wabernden schwärze verhüllt war. Mit ihren schwarzen Augen und deren violetter Iris sah sie ihn durchdringend an.
"Du bist es. Magnas Herrin, nicht wahr?"
Die Frau lächelte.
"Was passiert jetzt?", wollte er wissen. Er wusste, spürte, dass er ihr nun ausgeliefert war.
"Das liegt ganz an dir. Das meiste davon liegt jenseits meiner Macht. Leider. Ich hatte gehofft diesen Moment nutzen zu können um mich der Finsternis deiner Welt bemächtigen zu können. Aber nun, sowas kommt vor. Ich finde schon noch einen Weg."
Sie trat näher an ihn heran. "Was die Verbindung zu deinem Großvater angeht, so sei unbesorgt. Er wird dir nie wieder schaden können, dafür habe ich gesorgt. Allerdings stellt er immer noch eine Bedrohung dar. Das hat jedoch seinen Preis."
"Welchen?", wollte Alexis wissen. In seinem Geist sah er sich selbst schon mit Stein inder Brust durch die Gegend laufen.
"Das wirst du schon sehen. Ich schicke dich jetzt zurück. Führe deinen Weg fort. Ich werde ein Auge auf dich haben. Und auf deine Gefährten. Es ist wichtig, dass ihr Erfolg habt. Die Ordnung muss wieder hergestellt werden."
"Warte, wer bist du?", wollte Alexis noch wissen, als er spürte, wie sein Körpergefühl langsam zurückkehrte.
"Ich bin der Anfang vom Ende. Ich bin der Tod. Ich bin die Bestimmung aller Wesen der Finsternis. Ich bin die Finsternis."
Alexis war wieder im Diesseits und spürte den Schmerz in seinem Leib. Er kroch auf allen vieren, Lithias Stein in seiner linken Hand.
"Ich bin Vaashj.", hallte in seinem Geist noch wider und dann wurde es still.
Er hörte nur sein Blut rauschen. Sein Körper gehorchte wieder nur ihm und damit prasselten auch alle Emotionen auf ihn ein. Magna war verschwunden. Mana war auch fort. Und... Dot...
Sie konnte das unmöglich überlebt haben.
Alexis ließ sich rücklings gegen die Felswand plumsen, während sich der Sturm lichtete und die Wüstensonne anfing die Szenerie mitihrer Wärme zu erfüllen. Doch in seinem Herzen greitete sich eine lähmende Kälte aus. Hastig, mit zittrigen Händen suchte er nach ihrem Brief. Kurz hielt er inne, wusste er, dass er nicht ertragen konnte, was er lesen würde. Ihre letzten Worte an ihn.

Das Pergament zitterte in seinen Händen und nach und nach fielen Tränen darauf, vermischten sich mit der Tinte und produzierten ihr eigenes Farbspiel.


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Khileena hörte Schreie vom Inneren des Refugiums. Die Wachen oben auf der Treppe beim Eingang lagen darnieder. Ihr Blut rann die Stufen herunter. Dann spürte sie ein unangenehmes Ziehen. Eines Ausbruch von Magie. In ihrer unmittelbaren Nähe öffnete sich ein Riss. Ein Herold war also hier. Sie hechtete die Stufen hinauf und zog den Zweihänder, der viel zu groß für ihre Statur erschien. Im Vorbeigehen erweckte sie die toten Wachen, die ihr als untote Diener zur Seite stehen sollten. Ihre Mission musste Erfolg haben. Und sie würde sich von nichts und niemandem davon abhalten lassen.
 
Serafine stand aufrecht, die schwarzblaue Klinge in der Rechten bereit sich ihrem Schicksal zu stellen. Um sie herum tobte das Chaos der Sandwirbel die sich wieder verdichteten und ihr Lied fortklingen ließen. Sie bildeten eine Wand vor ihr, durch die sie kaum etwas erkennen konnte. Harvald stürmte hinter dem Herold her, das Gesicht zu einer grauenhaften Maske verzerrt.

Von der rechten Seite zischte ein weißglühender Feuerstrahl heran und zerbrach die schimmernde Aura die den Herold umhüllte und entflammte die Robe in Moment in dem Harvald gegen den Herold prallte und ihn zu Boden warf.

Dann für den Bruchteil eines Herzschlages lichteten sich die Wirbel aus Sand und sie sah etwas, das sie ihr Leben lang nicht vergessen würde. In dem Augenblick als Harvalds Körper gegen den Magier prallte erschien eine dämonische Gestalt mit himmelblauen Augen, die aus der Axt auf dem Rücken wuchs und ihn vollkommen einhüllte. Hörner wuchsen aus Harvalds Kopf, eisengraue Haut umhüllte ihn und lange kräftige Arme, die in spitzen weißen Klauen endeten, wuchsen aus dem dämonischen Körper. Die Klauen bohrten sich immer wieder unaufhaltsam in den Körper des Herolds und der Mund des Wesens saugte dem Herold die Lebensenergie aus.

"Bei den Göttern" entfuhr es ihr. "Worauf hat er sich eingelassen" Ohne eine Sekunde zu zögern rannte sie los.

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Ich werde dein Leben trinken",war der einzige Gedanke der noch Platz in Harvalds Gehirn fand, während er weiterstürmte, die Arme seitlich vom Körper die Spitzen der Dolche nach innen weisend.

Von der linken Seite zischte etwas knapp an seinem Kopf vorbei und traf den Magier, der sich unter dem Schlag veränderte. Die Aura von Stärke die die Angst in Wellen über die Ebene trieb fiel von ihm ab.

Hart prallte Harvald auf die hagere Gestalt. Fast mühelos durchschnitten sie Kleidung und das Fleisch. Immer wieder bohrten sich die weißen Dolche in das weiche Fleisch bis die Gestalt seiner Umklammerung entglitt.

Eine kräftige Hand packte ihn und riss ihn an der Schulter ein Stück und in die Realität zurück. Neben ihm stand eine hochgewachsene Frau mit dunkelbraunen Haaren und einem Schwert in der Rechten, die ihn anschrie. Was wollte sie von ihm. Er konnte sie nicht verstehen; zu laut rauschte das Blut in seinen Ohren.

"Harvald, hörst du mich, wir haben keine Zeit... wir haben einen Drachen zu töten." Waren die ersten Worte die er vernahm und der erste klare Gedanke formte sich in seinem Verstand. Es gibt nur eins, was schlimmer ist als Drachen... Frauen!

Langsam schob er die Dolche in die Halfter und griff zu der Axt. Sofort kehrte die seine Kraft zurück und mit ihr ein großartiges Gefühl von Hass, der Lust zu töten und eine wilde Gier auf den Kampf mit dem riesigen Wesen. Wut und Wahnsinn ließen ihn erzittern, ein wölfisches Knurren verzerrte seine Lippen, als er die Axt hob und blind von der Sonne auf das Wesen zustürmte. Klar und deutlich markierten der donnernde Herzschlag sein Ziel, bevor er in einer Explosion verging und erstarb.

Harvald stürzte in den Sand und es wurde gleißend hell um ihn herum. Dann schwanden ihm die Sinne.
 
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Als der magische Bolzen Haj'etts den Schutzschild des Herolds brach, wusste dieser dass dies das Ende des Kampfes war. Tief grub sich das magisch umhüllte Geschoss in den Leib des Herolds. Er war es der ihn besiegt hatte. Seine Bestimmung war also durch den kleinen Armbrustschützen zu fallen der mehr war als es den Anschein hatte. Sie alle haben zusammengearbeitet um seiner habhaft zu werden. Das die Magie von Serafine in unmittelbarer Nähe wie ein Leuchtfeuer aufflackerte und der grobe Schlächter mit seinen Knochendolchen auf ihn einstach war völlig unnötig. Beide waren sie Tiere... unwürdige Narren wie der Herold sie zu tausenden traf. Sie waren nichts. Sie hatten ihre Macht, in der Tat. Doch was konnten sie schon ausrichten - allein? Der Herold sah wie der Seelenteufel aus der Axt Harvalds erwuchs und vollkommenen Besitz von ihm nahm. Wie die Magierin mit den vielen Seelen ihn verzweifelt versuchte aus diesem Bann zu befreien und wie beide scheiterten. Gellendes Gelächter erschallte über die Ebene. Der Herold erkannte welchen Fluch sich Harvald aufgeladen hatte. "Du Narr! Du glaubt wahrlich als stumpfsinniger Sterblicher aus dem Diesseits die Macht eines Seelenteufels nutzen zu können? Eines perfekten Jägers des Schattenreichs. Wie einfältig! Wie langweilig!" spuckte er dem Dämonenjäger entgegen, während dieser wie von Sinnen auf ihn einstach. "Nun schau was du getan hast. Du hast einen der der deinen getötet. Ich entlasse ihn aus seinem Dienst. Von keinem Nutzen ist er mir mehr. Ich ziehe ab. Dieser Kampf geht an das Diesseits, aber der Krieg ist lang. Er hat eben erst begonnen und ohne diesen da hättet ihr niemals über mich euren kurzen Trumpf kosten dürfen!" Mit letzter Kraft zeigte der sterbende Leib auf den erschöpften Haj'ett der ohnmächtig darnieder gesunken war. Der Herold wünschte ihm alles Schlechte und dass er eines quallvollen Todes sterben würde, doch darauf hatte er nun leider keinen Einfluss mehr. Die Aura der Angst löste sich und verschwand. Die Macht des Herold war gebrochen. Die Gruppe hatte gesiegt. Zurück blieb der sterbende Leib eines alten Mannes, eines Menschen von unbekannter Herkunft, Namen oder Alter. Ohne die Besessenheit des Herold sah er wieder menschlich aus. Seine Haut war weiß wie die eines Leichnams. Seine Augen waren trüb. Würde Harvald bei Sinnen sein, würde er erkennen, dass der Mann leicht lächelte. Er war befreit von den Jahren der Qual, den Jahrhunderten der Pein, den Äonen der Gefangenschaft. Ein Bolzen hatte ihn befreit und viele Dolchstöße gaben ihm den letzten Frieden. Der Herold der Angst, nun nicht mehr als ein Schemen, entschwand in den Himmel und verließ den Schauplatz.

Mit ihm war auch die Macht des Risses geschwunden. Zugegeben ein kleiner Riss, aber eine deutliche Wunde im Schleier. So tat das Gleichgewicht was hier wieder Fuß fasste das Übrige und schloss die Wunde wie ein Heilmittel. Die Schattenwesen wurden ihrer Macht beraubt ohne die Verbindung in ihr Reich und vergingen, ebenso die niederen Dämonen. Konnten sie zwar unabhängig des Risses existieren, machte ihnen die Sternenmagie der kämpfenden Magier dieses Zirkels den Gar aus. Niemand entkam, niemand wurde verschont. Es war vielleicht eine Überlegung wert ob 'Gnade' eine Bedeutung bei den Sternenmagiern hatte, oder sie über solche Dinge gar nicht nachdachten. Doch ein Sieg trugen sie nur teilweise davon. Dämonen und Drache hatten die Gebäude stark beschädigt. Es war fraglich ob die Magier ihr Heim retten konnten. Doch auf alle Fälle haben sie Leben gerettet. Seelen die einander kannten. Seelen die diesen Ort 'Zuhause' nannten. Soweit konnte man bewusst von einem Sieg reden. Ein Schlachtfeld blieb zurück. Es gab Verluste auf beiden Seiten, welche nun höher waren war schwer zu sagen. Wie sollte man das bemessen? Wem stand so eine Einschätzung zu? Den Göttern vielleicht, doch keiner von diesen war anwesend. Der Herold war geschlagen und geflohen. Ob er je wiederkehren würde war fraglich. Die Wolken lichteten sich und die erbarmungslose Hitze der kemetischen Wüste setze sich wieder durch. Die Lage schien sich äußerlich sehr schnell wieder zu normalisieren. Doch schaute man genauer hin, war an Alltag noch lange nicht zu denken.

Feste saß im Schneidersitz auf der Felsmauer die Lithia neben Alexis wachsen ließ und spielte eine Runde Patience als wäre nichts gewesen. Gerade zog er eine passende Karte um einen freien Legeplatz kreieren zu können. Ein Lächeln schob sich über sein Gesicht. Ein anderen Kartenstapel mischte er wie üblich von einer Hand in die andere, während er das Spiel betrachtete. Man könnte meinen der Narr sei wahrlich nicht bei Sinnen inmitten einen Schlachtfelds - wo noch die Leichen qualmten - in aller Seelenruhe dazusitzen und sich mit einem Kartenspiel die Zeit zu vertreiben. Tatsächlich hatte es, wie alles was Feste tat, einen strategischen Sinn. Er wachte hier über den ohnmächtigen Alexis, welcher noch immer den Würfel in seinen Gewändern trug. Feste achtete daher wohl ein bisschen auf beide, hatte aber auch die Anderen der Gruppe im Blick, selbst wenn er nicht zu diesen herüberblickte. Nun gut, er hatte fast alle im Blick. Keerah, welche er nun eindeutig identifiziert hatte, wurde von seiner Aufmerksamkeit verschont. Feste kannte sie gut genug um zu wissen, dass er sie ohnehin niemals im Blick, geschweige denn unter Beobachtung halten konnte. Man wusste auch nie ob man ihr Trugbild oder sie beobachtete. Daher versuchte es der Agent gar nicht erst. Sie würde sich nähern wenn sie es für richtig hielt. Einen Moment überlegt der Harlekin, ob er nicht besser aufstehen und die Körper von Haj'ett und Harvald zu Alexis schleifen sollte, um alle drei besser beschützen zu können, bis sie wieder erwachten, aber um Harvald würde sich Serafine kümmern, da war sich Feste sicher, und Haj'ett lag nicht soweit entfernt, dass er ihn nicht erreichen würde. Er war zwar weit davon entfernt bei vollen Kräften zu sein, aber wenn es um Haj'etts Leben gehen würde, könnte Feste genügend Kraft mobilisieren um entweder mit Blinzeln, oder einem Kartenwurf bei ihm zu sein. So rührte er sich vorerst nicht vom Fleck und kümmerte sich um sein Spiel. Er deckte die nächste Karte auf: Ein Joker. "Huch, was machst du denn hier? Mogelst dich immer überall mit rein, hm?" Er nahm die Karte geschickt auf und ließ sie im Mischwerk des anderen Stapels verschwinden. "Äußerst sympathisch", die nächste Karte wurde aufgedeckt, "und vertraut."
 
Auf Alexis blieb Verlass, obgleich er längst schwächelte und jene wirre Eindrücke ihn hätten in die Irre führen können. Lithia's Leben wich dem geschenkten, surrealen Körper, der mit der Zeit brüchig und staubig wurde, und der Brief befand sich endlich an seinem Ziel; doch ein tapferer Krieger wusste, wann es Zeit war innezuhalten und wann, zu kämpfen. Keerah umklammerte die Schuppen der Drachenbestie und vergrub sogar die Nägel in jeder Faser der aufgeschürften Haut, während das Brüllen des Geschuppten ihre Ohren beinahe für alles äußere taub machte. Als die magischen Fäden des Hexenjägers die offene Haut durchstießen, stieß der Drache eine letzte, sengend heiße Feuersalve in die Lüfte aus. Durch die Hitze verschwommen flackernd sah Keerah zu dem völlig erstarrten, beinahe wie in Trance gefallenen Hexenjäger hinüber, bevor sie ihren Blick voller Hast abwenden musste. Des Drachen Gurgeln kündigte einen jähen Absturz vom Haupt des Geschuppten an, dessen Körper jetzt bebend zusammenbrach und erschlaffte. Um sicher zu gehen, dass sie nicht stürzte und sogar unter dem schweren Leib begraben werden würde, sprang sie im rechten Moment ab, unsicher der Höhe.
Die Attentäterin rutschte ungleichgewichtig herunter und stieß sich ab, um ein paar Meter sicheren Abstand zu gewinnen.
Als sie Boden unter sich spürte, hatte das Beben des Bodens unter jenem Gewicht schon nachgelassen, doch genauso taten es ihre Gelenke; ungeniert rollte ihr Körper über den sandigen Steinboden und wirbelte mit sich eine große Staubwolke auf. Auf dem Boden liegend, brauchte die Agentin einige Momente um sich zu sortieren, während sich der Staub langsam wieder legte. Schließlich zog sie sich wieder die Maske vom Gesicht und atmete tief durch. Der Truppe als ein schwaches Häuflein entgegenzutreten würde keinen guten Eindruck machen, also richtete sie sich auf, obwohl ihr Kopf vom Aufprall etwas dröhnte und sie in unschönen Stress versetzte, obwohl der Kampf endlich vorbei war, und sammelte daraufhin ihr zweites Schwert wieder ein. Bevor sich Keerah den geschwächten Abenteurern näherte, ließ sie ihnen und sich selbst einen Moment, um sich zu sammeln. Der Arm, auf dem sie zuerst aufkam, pochte in einem unliebsamen Takt und machte der Agentin klar, dass sie bei dieser waghalsigen Aktion ganz sicher hätte mehr davontragen können. Nach einigen Augenblicken kam Keerah auf die Idee, zunächst einmal den Frauen und Kindern, die sich mit den Pferden versteckt und in Sicherheit befanden, eine Entwarnung zu geben. Von dort unten musste es eine fürchterliche, unheilvolle Geräuschkulisse für sie gegeben haben, die sie mehr als nur beunruhigt haben musste.
Keerah folgte dem Fackelschein in den Gängen der Zuflucht, denen sie zuvor ebenfalls beigewohnt hatte. Beeindruckend und besorgniserregend leise hatten sich dort Personen aller Altersklassen zusammengekauert, ihre Hände einander haltend, und zögernd lugten einige Augenpaare hervor, die ängstlich sicherstellen wollten, dass jemand Erwünschtes sie gefunden hatte. Langsam verbreitete sich das leise, euphorische Tuscheln unter den Kindern, denen Keerah zuvor noch ein paar Geschichten erzählt hatte.
"Es ist vorbei.", verkündete Keerah den besorgten Älteren, die die Jüngeren unter ihnen zur Ruhe ermahnt hatten. "Es gab einige Verluste, doch.. Ja, es ist vorbei.", sagte sie dann nochmals lauter. Erleichtert blickten junge und alte Leute drein, lockerten ihre angespannten Körper und begannen langsam wieder, sich aufgeregt auszutauschen und sich zu freuen.
Die Agentin drehte sich trotz der Freude um, um zu der Truppe zurückzukehren. Wie es aussah, lag ihr vorübergehender neuer Auftrag ziemlich auf der Hand, ob man wollte oder nicht. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen und die Attentäterin war amüsiert darüber, was ihr altes Ich wohl über jenen Einsatz sagen würde. Untypisch; nicht lohnenswert.
Auf dem Plateau stahl sich Keerah leise hinter Feste, der im Schneidersitz vermeintlich sorglos seine Karten ausspielte. Alle anderen Verbündeten schienen vollkommen ausgelaugt und aufgebracht. Mit einem Blick auf den Brief, den Alexis völlig aufgelöst in der Hand hielt, hoffte Keerah insgeheim etwas so Selbstsüchtiges, wie, dass die eiserne Lady nicht auch noch etwas Schlechtes über Keerah darin eingebunden hatte. Natürlich war dieser Gedanke vollkommen banal und das wurde der Agentin schnell klar; der Hexenjäger hatte jenen Brief nicht einmal geöffnet und doch schien ihn etwas vollkommen aus der Bahn geworfen zu haben, schon, als der Drache sie von sich zu werfen drohte.
"Durch die Hölle gegangen, was?", sprach Keerah noch hinter Feste, in der Hoffnung, dass er sich zumindest etwas erschrak. Mit scheinbarer Leichtigkeit schwang sich die Agentin trotz des pochenden Armes neben den Narren auf die Mauer und ließ die Beine baumeln. Sie biss grübelnd auf ihre Unterlippe, als sie die teils pulverisierten Steine zu ihren Füßen begutachtete, die einst teilweise den Körper Ascilla's formten. Ob der Narr davon wusste? Wie sollte sie überhaupt erklären, was sie getan hatte - vielleicht, ja vielleicht musste sie es gar nicht, wenn Alexis darüber nicht sprechen würde.
Es war doch ziemlich verstrickt, das musste die Agentin eingestehen. Mit eben jenem grübelnden Blick sah sie zu Feste herüber. Eine ganze Weile schon hatte sie ihn nicht mehr gesehen und umso mehr wunderte es Keerah nach wie vor, dass der Narr sich unter diesen Leuten befand, die nichts anderes im Sinne hatten als stumpf dahergesagt.. Die Welt zu retten.
Vielleicht hatte es mit dem Namen zu tun, den er im dunklen, verlassenen Gebäude gewimmert hatte.
"Schön, zu sehen dass Ihr wieder bei Trost seid.", sprach Keerah es ehrlich aus und schob ihren Ellbogen vorsichtig in seine Seite, um dem geschundenen Leibe nicht wehzutun.
"Ich hoffte ehrlich gesagt, dass wir noch einmal sprechen würden, nachdem Ihr euch wieder gefangen habt.", murmelte sie. Einige Sekunden ließ sie wortlos verstreichen. "Ihr seid allesamt sehr geschwächt; kein Wunder - ihr habt es gegen ziemlich mächtige Gegner aufgenommen..
Und ich weiß, wie ungelegen der Zeitpunkt ist, doch möchte ich euch eine Weile unterstützen, euch begleiten, wenn es euch recht ist. Gerade jetzt könntet ihr das wohl mehr gebrauchen als sonstwann.
", erzählte Keerah und beugte sich etwas vor, um dem Narren in die grünen Augen zu sehen, die sich zuvor sowohl den geschwächten Verbündeten, als auch seinen Karten zugewandt hatten. "Allerdings könnte es sein.. Na ja, vielleicht reicht der Brief der eisernen Lady nicht, und beliebt gemacht habe ich mich gewiss auch noch nicht.. Vielleicht könntet Ihr dazu ein Wort für mich einlegen, sollte jemand mich abhalten wollen?...", fragte Keerah im vorsichtigen Ton. Obwohl ihre Bitte ihr selbst etwas egoistisch vorkam, so handelte sie im Interesse der potenziellen Mission, deshalb hielt sie sich mit solchen Gedanken nicht auf. "Ich kam aus einem einzigen wichtigen Grund, doch ich fand ein dutzend Gründe, auch zu bleiben.", bereitete sie ihren Worten nachklang.
"Vielleicht kann ich euch.. Vielleicht dir helfen.", sagte sie. Ihre schwarzen, losen Strähnen umtanzten ihr Gesicht, aber dennoch fixierten ihre Augen Feste's.
 
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Wie er vermutet hatte verschwand Keerah irgendwo hinten bei den Gebäuden, oder waren es Höhlen? Einerlei, denn kurz darauf tauchte sie wieder auf - direkt hinter ihm. Der Narr erschrak sich in der Tat, allerdings war er zu schwach um wirklich Adrenalin zu produzieren und die süße Stimme der Agentin verlockte zu ganz anderen Emotionen. "Durch die Hölle gegangen, was?" Festes Lächeln wurde kurz verbal. "Du hast keine Ahnung wie treffend diese Floskel den Tatsachen entspricht." Ihm kam wieder die Einsamkeit des Panzergefängnis in den Sinn. Wie er wochenlang unter falscher Identität dafür gesorgt hatte, dass er als verschwunden galt, nur um daraus dann den Plan zu schmieden Soir zu befreien. Dann der Verrat seines Karawanenführers und die Gefangennahme durch den Admiral der Riiner, bis hin zum dämonischen Transport, um als Gegengewicht für eine verzehrte Fratze des Schreckens zu dienen und mitten in einer Wüste herauszukommen. Die neue Karawane bei der er andere Extreme erfahren musste und schließlich, der Kampf gegen den seltsamen Magier, welcher seine schlimmsten Ängste heraufbeschworen hatte und sich diese mit Erinnerungen vermischte. "Schön, zu sehen dass Ihr wieder bei Trost seid." Er spürte ihren Ellenbogen in seiner Seite und musste trotz des bedachten Krafteinsatzes leicht schnaufen. Die Rippen schmerzten. Feste war sich nicht sicher ob sie gebrochen waren. Atmen bedurfte zumindest einiges an Mühe. "Seid Ihr Euch so sicher meine tödliche Schönheit?" Der Agent drehte sich im Schneidesitz zu ihr, so dass sie nun beide Seit' an Seit' saßen. Zu Keerahs baumelnden Beinen gesellte sich ein zweites Paar mit Glöckchen an den Fußgelenken die leise im Takt der Beine schellten und die Szenerie der geschlauchten Sieger kurz nach dem Ende der Schlacht untermalten. "Ihr wärt die Erste die das belegen könnte." Feste zog eine Grimasse und schaute Sie an. Seine Schminke war durch Schweiß, Staub und Tränen verwischt und erinnerte eher an eine frontale Begegnung mit einer Schlammkuhle als mit einer Art 'Kriegsbemalung'. "Ich hoffte ehrlich gesagt, dass wir noch einmal sprechen würden, nachdem Ihr euch wieder gefangen habt." Stille. Es war für Feste schwer zu erfassen was sie dachte. Seine Gedanken waren jedoch zweifellos bei Twiggy, welche ebenso plötzlich auftauchte wie Keerah gerade eben und eine Entscheidung traf, für die sich der Narr noch immer verantwortlich fühlte, auch wenn er wusste dass diese Gedanken Blödsinn waren. Er konnte es eben nicht verhindern... und so war diese Entscheidung zur letzten der kleinen Goblinhexe geworden. Keerahs Stimme befreite ihn aus der Grübelei die nichts brachte. "Ihr seid allesamt sehr geschwächt; kein Wunder - ihr habt es gegen ziemlich mächtige Gegner aufgenommen.. Und ich weiß, wie ungelegen der Zeitpunkt ist, doch möchte ich euch eine Weile unterstützen, euch begleiten, wenn es euch recht ist. Gerade jetzt könntet ihr das wohl mehr gebrauchen als sonstwann." Der Narr musste erstmal verarbeiten was das bedeutete. Uns anschließen? Er schaute zu den ermatteten Gefährten, welche sich alle mehr oder weniger noch fangen mussten, sei es als Folge der Schlacht, oder durch neue Informationen. Woher hat Alexis nur diesen Brief? Sein Blick blieb schließlich bei den Karten hängen die ausgebreitet neben ihm lagen. Feste konnte schon immer am besten nachdenken, wenn er karten betrachtete, oder sie in der Hand hatte. Er wollte gerade zu einer Reaktion ansetzen und drehte sich wieder Keerah zu, als sie ihm zuvor kam. So lauschte er der süßen Stimme die aus ihren ansehnlichen Lippen entsprangen. "Allerdings könnte es sein.. Na ja, vielleicht reicht der Brief der eisernen Lady nicht, und beliebt gemacht habe ich mich gewiss auch noch nicht.. Vielleicht könntet Ihr dazu ein Wort für mich einlegen, sollte jemand mich abhalten wollen?..." Feste fixierte wieder das ungeöffnete Schrittstück in Alexis Fingern unweit ihrer Position. Eiserne Lady? Was redet sie da? Meint sie die Seraphen aus Dujol? Er behielt diese Frage im Hinterkopf. "Ich kam aus einem einzigen wichtigen Grund, doch ich fand ein dutzend Gründe, auch zu bleiben." Der Narr zog eine Braue hoch. Jetzt wurde es ziemlich interessant… "Vielleicht kann ich euch.. Vielleicht dir helfen." ... und persönlich. Feste schätzte Keerah sehr. Nicht nur war ihr Anblick eine Augenweide, sondern lieferte sie auch stets tadellose Arbeit ab. An manchen Dingen vielleicht etwas zu hastig für Festes Geschmack, aber daran störte er sich wenig. Es gab viele Gelegenheiten wo er das feststellen konnte. Das eisige Klima von Chantrasam schien eine gute Umgebung zu sein um zum perfekten Attentäter und Agenten zu werden. Feste musste es wissen. Seine Ausbildung zum seveldarischen Kartenspieler war nicht unbedingt zimperlich. Überleben in extremen Gebieten gehörte ebenso dazu wie die Kenntnis von anderen Gruppierungen im 'selben Geschäft'. "Ich bin beeindruckt. Der Kampf ist kaum eine Bewegung der Sonnenuhr vorüber und schon fragst du mich nach einer Zusammenarbeit. Damit nicht genug. Du bietest sogar deine Dienste in einer Gruppe aus Abenteuern an, bei der ich seit meiner unglücklichen Bekanntschaft mit der Fensterscheibe da hinten eine Magierin vermisse und jetzt hat der verbliebene Magier einen Brief in der Hand, der zuvor noch nicht da war. Zusätzlich weiß ich wie du arbeitest. Du hast eine eiserne Lady erwähnt. Wen meinst du damit?" Er fixierte die hellgrünen Augen. "Und warum bist du hier?" Es war normalerweise nicht die Art des Agenten so direkt seine Vermutungen zum Ausdruck zu bringen, selbst wenn sie hinter eine Frage steckte. Jedoch war dies auch keine gewöhnliche Situation. Die Mächte die er in den letzten Stunden erleben durfte - oder musste, zeigten deutlich, dass hier Dinge im Gang waren, die im Zusammenhang standen. Dinge die mehr bedeuteten als er bisher dachte und vor allem Dinge die er nicht verstand und das konnte Feste gar nicht leiden.
 
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"Es ist nichts" murmelte Harvald als Serafine seine Schulter berührte. "Es ist nur so enttäuschend, so ungerecht..."

"Wir haben überlebt, was sollte da enttäuschend sein" Serafine schaute ihm fragend ins Gesicht.

"Dass ich nicht den Drachen getötet habe," knurrte er zurück, während er sich aufstand und die Axt einsammelte als sein nichts geschehen. Was hatte die dunkle Gestalt ihm zugeflüstert, während sie starb: "Du Narr! Du glaubt wahrlich als stumpfsinniger Sterblicher aus dem Diesseits die Macht eines Seelenteufels nutzen zu können? Eines perfekten Jägers des Schattenreichs. Wie einfältig! Wie langweilig!" Mit wem hatte er gesprochen als er sagte "Nun schau was du getan hast. Du hast einen der der deinen getötet. Ich entlasse ihn aus seinem Dienst. Von keinem Nutzen ist er mir mehr. Ich ziehe ab. Dieser Kampf geht an das Diesseits, aber der Krieg ist lang." und einen Augenblick lang wurde seine Stimmung düster. Die Hand glitt zum Axtgriff als wolle er sich vergewissern, dass sie an Ort und Stelle war. Ein beruhigendes Gefühl breitete sich bei der Berührung aus, als ihn eine Stimme wieder in die Realität zurückrief.

"Harvald bist du etwa eitel", lachte Serafine in völliger Verkennung seiner wahren Beweggründe. "Wie ich dich kenne, ziehen wir nicht gleich los. Also was willst du dir holen."

Als sie Harvalds verständnislosen Blick sah grinste sie. "Da liegt ein verdammt großer Haufen toten Fleischs. Bevor der zu verwesen beginnt sollten wir weg sein, denn dann haben sie hier nicht nur ein Geruchsproblem. Also ich denke mal den linken Flügel für das feine Leder, das Schuppenleder vom Hals für einen leichten Panzer und was noch?"

Jetzt war es an Harvald zu Grinsen. Sie lernte schnell. Was immer der Kampf auch gekostet hatte, die Beute war wichtig. "Das und die Eckzähne, sie scheinen fast so lang wie ein Arm zu sein und mal sehen was uns noch ins Auge fällt."

Harvald band erneut den Tuchstreifen über die Augen, um sie vor der Sonne zu schützen. "Sieh' bitte nach den Pferden. Sie sollten alles gut überstanden haben. Dann können wir das, was wir aus dem Drachen herausschlagen, gleich verpacken. Und falls du den Magier siehst, du weißt schon den mit dem Nasenproblem, der uns geholfen hat, bitte ihn zu mir zu kommen. Er könnte das Geruchsproblem sicher elegant lösen."

"Ja gut, ich sehe dann auch nach dem Gobblinmädchen." Auf dem Weg werde ich dort vorbeikommen. Sie wandte sich ab, las im gehen ihre Armbrust vom Boden auf und verschwand in dem höhlenähnlichen Gebäude.

Harvald ging zu dem Wasserbecken unter den Arkaden, die den Angriff mit vergleichsweise geringen Schäden überstanden hatten und füllt die Flasche mit frischem Wasser, nachdem er sich den lauwarmen Inhalt über den Kopf gegossen hatte. Die Flasche in der Hand ging er zu dem immer noch am Boden liegenden Echsenmann hinüber. "Hier trinkt, es ist frisch und weckt die Lebensgeister." Nach einem Blick auf die ramponierte Ausrüstung und das geschundene Bein sah er Haj'ett an. "Ich danke euch für den perfekten Schuss zur rechten Zeit, jetzt schon zum zweiten Mal. Nur mir scheint immer mehr eure Ausrüstung hindert euch mehr als sie euch nutzt. Ihr braucht etwas Leichteres, das ebenso gut schützt. Jetzt ist eine Gelegenheit. Dort drüben liegt genug Material für ein paar passende Hosen und Stiefel die eure Waden schützen und noch wichtiger, sie haben einen ausgezeichneten Schneider und Schuhmacher hier. Soll ich euch zu Alexis herüberhelfen, bevor ich mir ansehe was von dem Riesenvieh für meine Zwecke brauchbar ist."
 
Feste schien wirklich noch ziemlich erschöpft und aus dem Häuschen, zumindest sah er ganz danach aus. Die Agentin wiederstand dem Drang, die verschmierte Farbe aus seinem Gesicht zu wischen, und faltete lieber ihre Hände ineinander. Sie schaffte es zumindest, den Narren aus seinen tiefen Gedankengängen zu befreien, denen er wahrscheinlich gerade nachhängen musste.
Etwas besorgt wartete Keerah Feste's Reaktion auf ihre Bitte ab und hoffte auf einen unkomplizierten Ablauf dieser Situation. Doch das war zu viel gewünscht. Natürlich warf ihr Erscheinen und das Verschwinden Ascilla's einige Fragen auf, denen sie sich wohl oder übel stellen musste. Sie blickte ernst in die Gegend vor sich, bevor sie auf eine Antwort ansetzte. Die anderen Gefährten der Truppe, von denen Keerah nicht alle zuordnen konnte, kamen langsam wieder in Bewegung. Der Wind sauste über das Plateau und riss einen Teil Ascilla's Staubes mit sich.
"Diese Fragen haben dieselbe Antwort. Dorothy Serena Black, die Eiserne Lady, ist die Anführerin der Seraphen in Dujol und bat mich, als kleinen Gefallen für ihre Informationen über den Aufenthaltsort einer Person, einen Brief an Alexis auszutragen.", begann Keerah schließlich zu erzählen. "Es schien der Guten ganz schön wichtig zu sein.. Nun ja. Ein Verhältnis der tiefgründigeren Art, vermute ich.", murmelte die Agentin und sah Feste daraufhin wieder in die Augen. "Ich sollte wohl die ganze Geschichte erzählen..", stellte sie dann fest. Es brachte nichts Gutes, wenn sie ihren Bekannten jetzt gleich zu Beginn anlog.
"Ascilla Xynalithia. Die Eroberin Chantrasams, Zerstörerin der Waldgeister, Hexe des ewigen Eislands..", begann Keerah. "Dieser Frau habe ich meine Heimat zu verdanken, vielleicht sogar die Existenz meines gesamten Stammbaumes. Viele Menschen hatten ihr ihre Zukunft zu verdanken, die Elfen hatten ihr allerdings den Untergang der Dryaden und ihres Friedens zu verdanken. Ascilla starb kurz nach dem Fluch, den sie auf Chantrasam legte, so dachte jedenfalls jeder. Aber nein, nein nein.", erzählte Keerah und lächelte spöttisch, sodass man kaum zuordnen konnte, welcher Tatsache ihr Spott eigentlich galt; Dass ihre Erzählung wie ein düstres Märchen klang, oder dass jene mystische Erzählung, so wirr sie klingen musste, die Wahrheit war.
"Ascilla Xynalithia starb nicht einfach. Ihr Wesen wurde im Diesseits festgehalten, bis jemand ihr Gefängnis zerstörte und sie somit wieder.. beinahe lebendig wurde. Sie wurde dadurch vielleicht nicht frei, aber es gab genug große Mächte, die ihre Kraft für sich beanspruchen wollten. Das ist der einzig mögliche Grund, aus dem Ascilla Xynalithia unter euch wandeln konnte, als sei sie ein Mensch wie du..", sie tippte sanft auf Feste's Brust, dann auf sich, ".. und ich. Die Elite, für die ich meist arbeitete, wollte auch ein Stück von dieser Macht.", flüsterte dann Keerah. "Ich musste alles und jeden davon abhalten, Ascilla's Macht an sich zu reißen, doch vor allem die Elite. Es gehen äußerst grausame Dinge in Chantrasam vor.. Und ich will.. ich werde meine Heimat nicht verlieren!", kam die Agentin ihren Beweggründen schließlich näher.
"Ich brachte Ascilla um.", gestand sie. "Sie hätte längst tot sein müssen." Ihr Zeigefinger zeigte auf Xynalithia's Überreste, Steinstaub und Steinbrocken, außerdem ein Säckchen, aus dem zum Teil die gesammelten Edelsteinchen gerollt waren. "Es tut mir Leid.", sagte sie. "Ich hatte keine Wahl. Sie wäre ein zweites Mal der mögliche Untergang für Chantrasam. Ich habe mich mit Mächten angelegt, die so viel größer als du und ich sind.. Wahrscheinlich werde ich nie begreifen, was ich hier getan habe, außer, dass es das einzig Richtige war.", murmelte sie.
"Es war nicht nur ein Auftrag, es war eine Mission auf eigene Faust.. Darum, bitte, verurteile mich nicht."
Keerah sah blinzelnd herüber zu Feste. Wenn er ihr diesen Eingriff in die Truppe nicht verzeihen würde, wüsste die Agentin nicht, was sie tun sollte. Sie hoffte inständig, dass Feste ihre Situation schon mithilfe dieser weit ausgeholten, doch wirr klingenden Erzählung, etwas besser nachvollziehen konnte. Er musste wissen, dass Keerah nur tat, was wirklich Sinn ergab, da war sie sich sicher.
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Lebende Träume, erwachende Bäume

Knackend gab ein Ast unter den Füßen der jungen Elfe nach, die sich bisher sehr leise durch das Dickicht geschlagen hatte, um einen näheren Blick auf jene mögliche Entdeckung zu werfen. „Ich kann sie klagen hören.“, wimmerte es von der Schulter der jungen Elfe, „Es ist.. Überall. Sie sind entweiht, erleiden unaussprechliche Schmerzen. Sie sind ganz alleine damit..“, sagte die leise Stimme, ganz dünn, völlig verletzlich. „Ich weiß, Wanda. Ich will nichts mehr, als herauszufinden, was hier vor sich geht.“, entgegnete die Elfe. Das Laternenlicht erleichterte zwar den direkten Weg, doch weit und breit hatte sie bisher nur Dunkelheit erkannt. „Bist du sicher, dass wir näher kommen?“, fragte Lissandra. Der kleine Waldgeist war jeglicher Orientierung beraubt und schloss unter der Flut all jener Reize, von denen die Eiselfe nichts mitbekam, die kleinen, müden Augen. „Sicher? Nein, aber ich weiß wir müssen dennoch weitersuchen!“, entgegnete sie, noch immer nicht aufblickend. Im nordwestlichen Teil Chantrasam's, ohne jegliche Unterkunft für die kalten Nächte, hätten sie eigentlich längst jegliche Orientierung verloren, wenn nicht Neah gewesen wäre. Diese gewiefte Elfe hatte über die Zeit als Sklavin hinweg mehr Wissen über Chantrasam erlangt, als kaum einer sonst in diesem verfluchten Land. Jetzt ließ sie hektisch den glitzernden Schnee unter ihren Sohlen knirschen und eilte der schwachen Laterne im Dickicht entgegen.

„Liss, das musst du dir ansehen!“, raunte sie zu der jungen Elfe herüber, die sie gerade erst ein paar Tage kannte und winkte sie aufgeregt her. „Ich dachte wir suchen vielleicht wirklich am falschen Ort, doch das musst du sehen.“ Einige hunderte Meter weiter, während denen sie den dichten Wald durchquerten, erkannte Lissandra die ersten fremden Lichter, auf die Neah eilig hinzusteuerte. Erst am Rand des Waldes blieb die braunhaarige Elfe stehen und zeigte mit dem Finger auf ihre Entdeckung. „Ich wusste, dass etwas an Meister Feran's Erzählungen dran sein musste.“, sagte sie mit leuchtenden Augen und lugte hinter einem Baum vorsichtig hervor. Lissandra wusste, wieso sie Neah auf diese Suche mitgenommen hatte. Vor wenigen Tagen lernte sie sie in einer der noch recht chaotischen Tavernen Trauerlied's Hafen kennen, wo sie von ihren Tätigkeiten für Meister Feran in der Schreibstube erzählt hatte. Nachdem ihr Meister bei der Versammlung um Stenian und Siviria gestorben war, hatte sie keine Kundgebungen mehr für ihn zu verfassen, keine Neuigkeiten zu verbreiten und nicht einmal Recherchen anzustellen. Für Lissandra hielt die neugierige Elfe einige willkommene Fähigkeiten und einen Drang, die Nase in anderer Angelegenheiten zu stecken, parat. „Meister Feran erzählte mir von dem Schloss, das die Menschen vor langer Zeit errichten wollten. Der Nordwesten Chantrasam's war damals aufgrund der Wälder, als auch der Nähe zum Wasser, äußerst reizvoll für die Menschen. Allerdings kam es nie dazu, dass sie ihren Bau vollendeten, weil der Krieg zwischen uns und den Menschen sich immer weiter ausbreitete.“, erzählte Neah flüsternd. „Das sind sie. Die Ruinen, die die Menschen hinterließen, als sie vor den Elfen und der Schutzlosigkeit flohen.“, sagte sie dann und warf einen aufgeregten, doch mysteriösen Blick über die Schulter. „Und das ist nicht alles. Ich konnte sehen, wie sich einige der Lichter bewegten.“, verriet sie dann. Lissandra war bereits jetzt davon überzeugt, sich diesen Ort genauer anzusehen. Es war mehr als sie sonst bisher gefunden hatten.
„Es wird lauter.“, wimmerte Wanda, „Ohrenbetäubend.“

Sie traten weiter durch den Waldesrand, doch ohne jemals den Schutz dieser verbergenden Bäume aufzugeben. Unerklärliche, langgezogene und klägliche Töne pfiffen durch Baumhöhlen und zwischen die Äste an die Elfenohren heran. „Hörst du das? Das muss sein, was Wanda meint.“, sagte Liss, als sie endlich genauere Blicke auf und um die Ruinen werfen konnten. „Es klingt so unsagbar traurig..“, murmelte Neah, „der Wald weint. Ob er um die Waldgeister trauert?“ „Das sind die Waldgeister.“, entgegnete Wanda müde.
Neah's blaue Augen fingen jedes der Laternenlichter auf. Sie waren nicht alleine.
„Sieh!“, stieß sie plötzlich aus, „Der Mann dort, dort um die anderen. Der im Gewandt!“, sagte sie aufgeregt. „Das ist.. Nein, das kann nicht wahr sein.“, entgegnete daraufhin Lissandra.. Ihre Augen weiteten sich vor lauter Neugier. „Er sieht wichtig aus. Wer ist das?“, fragte Neah daraufhin, die in ihrer gesamten Sklavenzeit niemals den Rat der Kastenhöchsten gesehen hatte.
„Das ist Keldan; der Kastenhöchste der Magierkaste, zudem Ältester und Meister der Telekinese und Beschwörung.“, erklärte Lissandra der Unwissenden. „Die Frage ist nur, was er hier sucht.“, murmelte sie. Ihre Augen fixierten die Bewegungen des Kastenhöchsten und weiter traten die drei Gefährten am Waldesrand an diese Ruinen heran, um die der Kastenhöchste seinen Gang in Gesellschaft fortsetzte. „Ist es soweit?“, fragte Keldan's Stimme, die an dieser Stelle des Waldes schon an Lissandra's feine Elfenohren herandrang, „Habt Ihr die nächste Gruppe aufgestellt?“
„Sie sind bereit und warten nur auf ihren Einsatz, Meister. Wir brauchen nur etwas mehr Zeit, um..“, wollte eine der verhüllten Gestalten um Keldan aussprechen, doch wurde seine Bitte jäh unterbrochen. „Es wird reichen. Wir haben keine Zeit, um sicher zu gehen. Holt die Nächsten zurück. Werden sie abtrünnig, machen wir ihnen klar, dank welcher Kräfte sie überhaupt existieren.“, entgegnete Keldan, „Sie sind nichts weiter als Marionetten dieses Landes; Ressourcen, die vor ihrem Tod nie richtig eingesetzt wurden. Jetzt erfüllen sie zum ersten Mal seit ihrer gesamten Existenz einen Sinn.“ Trägen, gleichgültigen Schrittes spazierte der Magier weiter um die Ruinen. „Er.. Er entehrt sie.“, stellte Wanda erschüttert fest. „Er hat es dazu gebracht!“, klang es empört in Lissandra's Ohren. „Bist du sicher.. Glaubst du, er ist dazu in der Lage? Er ist unser Kastenhöchster.“, sprach die blonde Elfe aus. Das durfte einfach nicht wahr sein. „Niemand geringeres als ER wäre dazu in der Lage..“, entgegnete Wanda daraufhin besorgten Blickes. Der kleine Waldgeist vergrub das Gesicht in den winzigen Händen, während er auf der zarten Schulter der Schützin saß. „Niemand anderes, niemand Geringeres als Keldan.“, wiederholte Wanda.
Lissandra sah sorgenvoll zu Neah herüber, die sich an einem Baum hatte niedersinken lassen, um die Worte des Kastenhöchsten exakt so zu notieren, wie er sie ausgesprochen hatte. „Unser Heiligtum.. Die Dryaden. Selbst eine ehemalige Sklavin wie ich käme niemals auf die Idee, sie dermaßen ehrlos zu betiteln. Sie würden sich im Grabe umdrehen!“, murmelte Neah empört. Ihre hektischen Kritzeleien fanden ein Ende, als die Stimmen weiter an sie drangen. „Habt Ihr.. das gehört?“, fragte Keldan und drehte sich vor der Mauer der Ruinen um. „Was gehört, Meister? Die Dryaden ruhen, solange wir sie nicht stören, oder rufen.“, entgegnete eine der verhüllten Einheiten. „Menschenbrut, pah.“, schüttelte Keldan ihn daraufhin ab und ging weiter, „Selbst wenn dort etwas gewesen wäre, hättet Ihr es nicht hören können.“, murmelte der Alte zeternd und ging weiter.

„Knapp.“, hauchte Neah. „Viel zu knapp!“, entgegnete Lissandra eindringlich, „Wir sollten gehen. Wir haben genug gesehen, lass uns endlich mit der Kaste sprechen.“, flüsterte sie. „Aber uns fehlen noch Beweise.. Wir haben nur ein paar kryptische Worte, sonst ni-“, fing Neah an – sie hörte abrupt auf, ihre Feder zu schwingen und das Gehörte auf ihrem Notizbuch festzuhalten, doch nicht etwa freiwillig. „Liss..“, wimmerte Neah starr vor Angst. Ein dicker Ast, beinahe wie ein Arm, umfasste den Oberarm der Elfe und hielt sie davon ab, ein weiteres Wort zu schreiben, oder sich von diesem Ort zu entfernen. „Liss.. Hilf mir.“, murmelte sie. Neah's Augen waren weit geöffnet, doch kein Muskel regte sich mehr. „Ist das...?“, wollte sie nur wissen. „Bei den heiligen Dryaden..“, entgegnete Lissandra. „Steh' auf! Komm', weg hier!“, schrie die Blonde plötzlich. Dem morschen Arm entwuchsen dünne Zweige, die sich langsam weiter den Arm Neah's entlang zu schlängeln drohten. Liss ging herüber zu der Schreiberin, ganz gleich, dass sie ihre Laterne dabei fallen ließ, und entriss dem erwachenden Dryaden die braunhaarige, völlig verängstigte Chantrasami. „Renn!“, schrie Liss der starren Elfe ins Gesicht, „RENN!“, schrie sie. Sie wartete nicht länger, als sie hinter sich weiteres zwielichtiges Knarren des Holzes vernahm, und selbst der saftige, bepflanzte Boden unter ihren Füßen schließlich seltsam lebendig erschien. Ihr Griff um die Hand der Schreiberin war mindestens doppelt so fest, wie der anfängliche Griff des Dryaden, und so riss sie sie stolpernd mit in den Wald zurück, um querfeldein durch den lebenden, erwachenden Wald zu fliehen. Taumelnd hechteten sie davon, über Stock und über Stein – diese Entdeckung durfte nicht mit ihnen sterben.
Sie wollen nicht, sie wollen das nicht. Lauft, überlebt, dachte sich derweilen Wanda, die sich verzweifelt an dem spitzen Ohr ihrer Freundin festklammerte.

Während sie davonstürmten, erinnerte sich Lissandra an den markerschütternden ersten Traum, den sie in der Oase gehabt hatte.
All diese Träume, die sie auf ihrer Reise bis an diesen Ort begleitet hatten, schienen jetzt lebendig zu werden.
 
Der Narr legte den Kopf schief und gaffte Keerah einen Moment an. "Verurteilen?" Er wechselte die Seite der Kopfhaltung. Dabei ließ er die Glöckchen an seiner Narrenkappe ordentlich klingeln. "Ich? Euch verurteilen? Meine Liebe... ich habe nicht nur Verständnis für Eure Tat, sondern darüber hinaus auch Einblicke in Euer Leben als ... nun ... 'Vollbringerin seltener aber gefragter Dienste'. Nicht nur weil ich, wie Ihr wisst, ebenfalls diesen Aufgaben schon nachgegangen bin, sondern auch weil das Netzwerk der Seveldarischen Kartenspieler untereinander niemals Informationen zurückhält." Er seufzte übertrieben und baumelte mit den klingelnden Füßen stärker. "Doch leider hatte ich den letzten Austausch vor nun mehr als drei Wochen. Ich bin wie ihr schön sehen könnt im wahrsten Sinne des Wortes in die Wüste geschickt worden." Er legte den Kopf in den Nacken, auf dass ihm die Wüstensonne ins Gesicht schien und gluckste. "Wie es der Zufall so will - oder das Schicksal, je nach Betrachtungswinkel - werden wir uns wohl sehr bald in andere Gefilde absetzen, ich hoffe sehr zivilisiertere, mit mehr Menschen... und dann werde ich auch jemanden finden der sein Brotgeld durch uns bezieht." Er kratzte sich am Hinterkopf und rümpfte die Nase. "Ich habe einige Fragen die nach einer Antwort verlangen und die wenigsten kann ich von den Anwesenden erfahren... leider..." Schließlich packte er die Kante der Steinmauer mit beiden Händen und stieß sich ab, so dass er kurz darauf klingelnd auf dem Boden neben Alexis aufkam. "Was Euren Auftrag zu Xynalithia angeht..." Er schüttelte den Kopf und wandte sich der Attentäterin zu. "Es erstaunt mich weniger, dass Ihr auf sie angesetzt wurdet und Erfolg hattet, sondern mehr, dass ich ihren Namen nicht mit 'Ascilla Xynalithia' in Verbindung gebracht habe. Vermutlich weil ich bisher nie dachte, dass diese Person tatsächlich existiert hat. Ich habe es immer als Geschichte gehalten, die mehr in einem Kinderbuch ihren angestammten Platz hätte als in einem Geschichtswälzer über Chantrasam." Er zuckte mit den Schultern. "Wie man sich in den Leuten irren kann, hm?" Er zwinkerte Keerah zu, wohl wissend dass die Zweideutigkeit des letzten Satzes unüberhörbar war. "Ich habe Sie als in sich gekehrte Magierin kennengelernt, die immer irgendwie nervös zu sein schien. Jetzt kann ich mir auch vorstellen warum. Zu ihrer Vergangenheit kann ich nichts sagen, außer dass es mich mit diesem Wissen nicht mehr so sehr wundert warum sie so ein gutes Gespür für das Gestein hatte. Sie wäre ... hilfreich gewesen, ja das wird wohl das richtige Wort sein. Doch ich weiß aus unserer gemeinsamen Vergangenheit, dass ich Euch diese Beschreibung mit gutem Gewissen ebenfalls anhängen kann. Der Vorteil bei diesem..." er räusperte sich, "nennen wir es 'Tausch' ist, dass ich Euch besser einschätzen kann als 'Ascilla Xynalithia'. Wenn Euch diese Beschreibung kränken sollte, dann sei hinzugefügt, dass Ihr nach wie vor viele spannende Geheimnisse für mich bereit haltet und durchschauen nach wie vor schwer ist bei Euch." Er grinste und musterte die ansehnliche Frau in Ihrer ansehnlichen Kleidung. "Eine durch und durch aufregende Persönlichkeit umgeben von Schönheit und Mystik. Ich denke dieser Worte Honig sollten euch den Moment versüßen." Er schaute sich nach dem nächsten Eingang in den Zirkel um und wollte gerade los stiefeln, als ihm die ursprüngliche Anfrage von Keerah wieder in den Sinn kam. "Oh, bevor ich es vergesse: Ich habe natürlich nichts gegen Eure längerfristige Anwesenheit in dieser Gruppe, im Gegenteil. Auch wenn ich das jüngste Mitglied dieser Unternehmung bin, werde ich Lichtquellen über Euch rücken so gut ich es vermag, damit die Anderen über lästige Kleinigkeiten wie Moral hinwegsehen können." Mit einem knappen "Da ist die Pikdame wohl wieder im Rennen.", wandte sich der Harlekin nun endgültig von Keerah ab und setzte seinen Weg ins Innere der Behausung fort, bis er von der angenehmen Dunkelheit kühl umfangen wurde. Er musste dringend zusehen, dass er sein eigenes Antlitz wieder herstellte, sonst könnte ihm noch jemand auf die Schliche kommen, oder gar den Grund für seine Aufmachung erfahren...
 
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Alexis saß einfach nur da, lauschte den Beiden bei ihrer Unterhaltung und versuchte mit ihren Stimmen seine Gedanken zum Schweigen zu bringen. Jede Erwähnung der eisernen Lady stach ihm ins Herz, doch er wandt nichts dagegen ein. Er klammerte sich an die Geschichte Xynalithias, anscheinend einer uralten Hexe, die großes Leid verursacht hatte. Er hatte gerade eben einen eigenen Eindruck von Lithias Situation erhalten. Er hatte den Einfluss ihrer Herrin zu spüren bekommen. Den Stein einfach so zu entfernen... Vaashj hatte es vermutlich geschehen lassen. Weggeworfen, wie eine leere Puppe, deren Fäden nicht mehr hielten. Er hatte es gesehen. Alles gesehen. Und das Gefühl, das er immerzu dabei hatte, nur eine Schachfigur in einem größeren Spiel zu sein. Mit solchen Mächten, die einfach mit ihnen spielten, als wären sie kleine Figürchen, die man zertrampeln kann?
Lithia war eine Gefangene gewesen. Gefangen in einem Körper, der nicht einmal ihr gehörte. Und die Ketten, die sie hielten, das war also dieser Stein gewesen.
In Alexis' Hand war mittlerweile nichts mehr. Ein schwarzes Mal hatte sich gebildet, umringt von spitzen strahlen, die in unterschiedlichen Längen vom Zentrum des Mals fortgingen. Einer davon ging sogar innen über sein Handgelenk.
Was auch immer Lithia gebunden hatte, war nun ein Teil von ihm. Und wäre all das nicht passiert... Hätte die Gruppe es jetzt mit einem Herold aus den eigenen Reihen zu tun gehabt.
Seine eigene Magie wirkte nicht mehr. Er spürte nach wie vor die Magie der umgebenen Zirkelmagier, aber das Gespür für seinen eigenen magischen Fluss war abhanden gekommen. Mana war fort. Magna war fort. Hatte Hector sie nun? Vaashj, als Gegenleistung für die Rettung?
Er hob seine rechte Hand und versuchte einen Geisterfaden zu formen. Ein kurzes Lichtflackern, dann erstarb der Zauber sofort wieder. Was spielte es für eine Rolle? So war er nutzlos. Am leben, nutzlos und gebrochen.
Er lauschte noch Festes Worten, der wohl mehr als nur erfreut schien die Dame wieder zu sehen. Alte bekannte, die sich an einem unwahrscheinlichen Ort wieder treffen. Ein weiterer Stich in seinem Herzen.
Er kniff die Augen zusammen, wollte, dass der Schmerz aufhörte. Wollte für immer vergessen, weiter machen, damit niemand auf dieser Reise umsonst gestorben wäre. Damit sie nicht umsonst gestorben wäre.
Er raffte sich auf, vom Kampf völlig gezeichnet, die Augen rot vom Weinen und sprach nun zum ersten Mal zu Keerah. Wenn er der Anführer sein sollte, dann musste er sich auch so benehmen.
"Ich werde ihren letzten Wunsch respektieren.", meinte er und hielt den noch immer ungeöffneten Brief hoch, um Keerah zu bedeuten, was er damit meinte. "Eure Beweggründe sind mir herzlich egal, so lange ihr nicht noch eine Geschichte parat habt, als Begründung jemand anderen aus dieser Gruppe zu töten. Ich kannte Lithia kaum und ich kenne Euch nicht. Ein Urteil bilde ich mir mit der Zeit. Bis dahin seid ihr als Mitstreiterin willkommen."
 
Vor dem Raum in dem sie erwacht waren und nunmehr der Goblin untergebracht war, stoppte Serafine. Wenn sie die Pferde dabei hatte, würde sie nicht mehr nach dem kleinen Wesen sehen können, also war es richtig es jetzt zu tun. So betrat sie das Zimmer und erschrak. Das Fenster war zerbrochen, überall lagen Glassplitter und der Goblin lag nicht mehr in dem Bett. Sie fand ihn schnell. Neben dem Bett lag der kleine Goblinleib lag eingerollt leblos. Sie sah aus, als ob sie schlafen würde, so friedlich. Tränen schossen Serafine in die Augen, als sie niederkniete und sie aufhob. "Warum müssen alle um mich herum, alle die ich kenne sterben." schrie sie in den Raum, das es von den Wänden hallte. "Welchen Fluch trage ich dass ich alles überlebe? Dämonen, Wüstenwürmer, riesige Echsen, Drachen und noch einmal Dämonen, nichts bringt mich um." haltlos schluchzend drückte sie den Goblinkörper minutenlang an die gepanzerte Brust, bevor sie ihn sanft auf dem steinernen Bett ablegte. Regungslos stand sie noch minutenlang neben der Toten. "Könnt ihr Götter nicht ertragen, wenn ich jemanden auch nur ansehe müsst ihr ihn umbringen."

Langsam richtete sie sich wieder auf, als ein neuer Gedanke in ihren Verstand sickert: Der Panzer den sie trug, warum? Ihr wurde bewusst, dass sie es ihm verdankte, dass sie noch lebte. Warum hatte Harvald ihn ihr gegeben, warum war er so versessen darauf, dass sie ihn sofort trug? Plötzlich wurde ihr klar, dass er ihr nie etwas erzählt hatte, außer dem einen Satz: "Ich bin der fahle Mann, ein Dämon, der durch Maradar wandert und schon seit vielen Jahren tot sein sollte. Der Junge, der ich einmal war, wäre sofort in dich verliebt gewesen. Ihr hättet geheiratet und ein halbes Dutzend Kinder bekommen. Aber dieser Junge ist nicht mehr." War er wie sie? Konnte er auch nicht sterben?"

Sie hörte die Stimme ihrer älteren Schwester in ihrem Kopf: "Er ist nicht wie du; er ist ein brutaler Mann, ein Schlächter, der sich an deiner Reinheit labt. Er hat nur einen Grund zu leben. Er tötet."

Serafine riss sich zusammen, verließ das Zimmer und ging zu den Pferden, die sie etwas weiter hinten im Gang angebunden hatte. Der erste Griff ging zu dem Kleiderbündel in der Satteltasche ihres Braunen. Hätte sie überlebt, wenn sie es ihr angezogen hätte? Mit nur ein wenig mehr Mühe hätte es gelingen können. Sie hatte schon wieder versagt, wie bei ihren Schwestern. Dann fiel Twiggys Feuersteinmesser aus dem Bündel und sie hob es auf. Als sie es berührte, klang nochmals die fachende Stimme in ihrem Kopf "Gutes Essen" und es formte sich das Bild wie das Goblinmädchen die 4 Tauben verschlang. Leise seufzte und einschlief, so friedlich.

Serafine steckte den Dolch vorn in den Gürtel und führte die 3 Pferde hinaus. Auf dem Weg begegnete sie dem kleinen Mann mit verschmiertem Gesicht, der es offenbar ziemlich eilig hatte. Sie erinnerte sich, es war der, der wie verrückt über die Ebene gerannt war und er blutete. "Wenn ihr Hilfe braucht, kommt später wieder heraus. Ich könnte einige der Schnitte nähen, wenn ihr wollt. Vielleicht habe ich auch noch eine Jacke für euch, wenn sie passt."

Harvald ging über die Ebene und bemühte sich ruhig zu bleiben. Das Adrenalin und die Energie der genommenen Leben pulsten durch seinen Körper und hielten ihn in einem Zustand von Euphorie. es würde wohl eine ganze weile so bleiben. Sein Blick fiel auf den Magier der den Drachen erlegt hatte. Offensichtlich war auch er am Ende seiner Möglichkeiten angekommen. Ein schwaches Flimmern signalisierte einen letzen Zauber, den er zu werfen gedachte. Er hatte sich als stärker erwiesen, als seine Mitwirkung beim Aufstieg vermuten ließ. Einige Schritte weiter stand die verrückte Drachenreiterin. Wer geht ein solches Risiko ein, wenn er keinen Plan hat das Monster zu töten. "Du" maulte die Stimme in einem Kopf.

"Dann werden wir mal eine Trage bauen, auf der wir euch die nächsten Tage bis in die Zivilisation transportieren können." grinste er Ha'jett an und reichte ihm eine Flasche. "Nehmt und trinkt. Später helfe ich euch in den Schatten."

Dann vermass die Beute mit den Augen. Die feinen Schuppen am Hals waren unbezahlbar. Sie waren viel feiner als die von Serafines Panzer und würden sich sogar für Hosen eignen. Dazu das feine Leder der Schwingen. Es eignete sich für jede Art leichter Schutzkleidung. Sie würden viel Geld bringen.

Sein Blick blieb an den Handschwingen hängen, die Knochen und Sehnen mussten sich für Bögen eignen, wenn die einen Drachen durch die Luft tragen konnten, dann auch einen Bolzen, aber zunächst waren sie für eine Trage unbezahlbar, insbesondere da geeignetes Holz hier absolut nicht zu finden sein dürfte. "Dann wollen wir mal beginnen und uns die Beute holen." Harvald zog einen seiner Dolche und begann einen langen Schnitt entlang der Halsseite. Schwarzes, stinkendes Blut, schon halb geronnen sickerte aus dem Schnitt über seine Hände und Kleidung, doch dies schien Harvald nicht weiter zu beeindrucken. Schnitt um Schnitt löste er die schuppige Haut vom Hals. Minuten später er war noch in seine Arbeit vertieft, trat, nachdem sie die Pferde an den Wassertrögen angebunden hatte, Serafine an seine Seite. "Twiggy ist tot" sagte sie mit leicht bebender Stimme.

"Wer ist Twiggy?" fragte Harvald etwas verwundert, während er sich umwandte und in das von Tränen gerötete Gesicht blickte.

"Der Goblin und du wusstest nicht einmal wie sie heißt." Wieder kämpfte sie gegen die Tränen, wandte sich ab und lief zurück unter die Arkaden, wo sie sich bei den Pferden niederließ und leise weinte.

Harvald schüttelte nur den Kopf und wandte sich wieder seinem blutigen Handwerk zu. Der Goblin war gestorben. Etwas was jedem irgendwann bevorstand, aber er hatte getan was getan werden musste und er hatte bis zum Schuss gekämpft. Das verdiente Achtung, seine Ausrüstung hingegen eher nicht. Jeder war für seine Ausrüstung verantwortlich und im Kampf konnte selbst der kleinste Vorteil entscheidend sein.
 
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Feste bemerkte Serafines Angebot fast gar nicht. Zu sehr war er in Gedanken über das was geschehen war und das was geschehen würde.. oder könnte. Er nickte ihr nur kurz zu und setzte seinen Weg fort. Die Glöckchen an seiner Kappe klingelten ihr fröhlicher entgegen als seine Stimmung war. Im Haus angekommen war noch alles wie zuvor. Die Gänge waren teilweise in Hektik durchlaufen wurden. Hier und da gab es materielle Opfer, wie umgestoßene Vasen, oder Körbe. Die meisten Fackeln waren nicht gewechselt worden und so glimmten sie nur noch vor sich hin. Doch anders als bei seinem Verlassen vor einigen Minuten, erblickte der Harlekin nun wieder bedächtiges Leben der Zirkelmagier. Sie verließen ihre Schutzräume, wohl einige Höhlen im Fels weiter hinten. Vielleicht hatte sogar Keerah etwas damit zu tun. Er hatte sie nach der Schlacht hier irgendwo aus den Augen verloren. Ob sie vielleicht sogar Verbündete unter diesen hier hatte? Unwahrscheinlich. Wer so abgeschieden lebt, geht keine großartigen Bündnisse ein, sondern will vor allem leben was Abgeschiedenheit mit sich bringt. Feste ertappte sich dabei noch immer wie eine Statue im Gang zu stehen. Er schüttelte bimmelnd seinen Monolog ab und setzte seinen Weg fort. Eine alte Frau bat ihn heran. Sie musste wohl dreimal so alt sein wie er. "Was kann ich für Euch tun?" Die Alte sprach nicht viel. Vielleicht lag es am Alter, vielleicht an den Umständen. Immerhin verwüstet ein riesiger Drache nicht jeden Tag dein Zuhause, indem schon ganze Generationen vor dir gewohnt und gearbeitet haben. "Bitte.." Sie bat ihn mit beiden Armen in einen Raum. Der Narr betrat das Zimmer, besser gesagt eine Kemenate. Klein, fein und durch das Beben ordentlich durchgeschüttelt. Ein Schrank war umgefallen und lehnte nun diagonal an der gegenüberliegenden Wand. So war ein Teil des Zimmers nicht nutzbar.

Das Mütterchen schickte sich an den Schrank wieder Zurückdrücken zu wollen. Ein Gewicht was sie nicht heben konnte. Sie schaute den Narren wieder bittend an. Feste verstand und lächelte seicht. Er nickte ihr zu und lief zum Schrank. "Da habt Ihr Euch eine große Aufgabe gestellt Mütterchen!" Mit aller Kraft stemmte er sich gegen den Schrank. Das Möbel war schwerer als es den Anschein hatte. "Was habt Ihr darin gebunkert? Eure Sammlung antiker Steine?" Der Harlekin drückte fester. Wo ist Harvald wenn man ihn mal braucht, oder Alexis. Die könnten mir hier gut und gern helfen. Na nun komm...! Er biss die Zähne zusammen und tatsächlich der Schrank rührte sich. Seine Oberseite hob sich von der Wand und gab mehr Raum zwischen seinen Türen und der Zimmerbegrenzung frei, genug damit der Narr zusammengestaucht dazwischen passen würde. Er überlegte nicht lange. "Tretet zurück gute Frau!", stieß er eine knappe Warnung aus, die auch sofort befolgt wurde. Mit einem behänden Sprung stieß er sich vom Boden ab und ging in die Horizontale, wobei er sich mit beiden Füßen fest an der Wand abstütze und sein Körper so nun als eine Art Bock diente. Mit der Kraftübertragung seines ganzen Körpers schaffte es Feste nun endlich den Schrank wieder auf seine Füße zu stellen. Etwas im Schrank polterte.

Der Agent sprang wieder herunter. "Geschafft. Eure Steinsammlung ist wieder sicher und zu Eurem Regal kommt Ihr auch wieder." Das runzlige Gesicht der Alten grinste Feste freudig an, dass er einen Moment nicht anders konnte und zurücklächeln musste. Er wischte sich den Schweiß von der Schläfe und hatte nun an einer Stelle die Schminke endgültig abgerieben. Das erinnerte den Narren an sein eigentliches Vorhaben. Das Mütterchen öffnete die Türen, welche knarzend aufschwangen. Darin war eine kleine umgefallene Vase mit einer getrockneten Wüstenblume. Feste wunderte sich wo sie diese herhatte. Die Uhlar-Wüste war auf dem Weg hierher nur ein einziges Sandmeer gewesen. Erst auf den zweiten Blick entdeckte der Agent, dass neben der Vase auch einige kleine Gemälde lagen. Sie zeigten einen jungen Mann mit schnittigen Gesichtszügen. Zwei andere schienen Kleinkinder zu zeigen. Das Bild vervollständigte sich immer mehr. Es gab Kerzen, Habseligkeiten und sogar Statuetten von den Drei. Der Agent brauchte nicht lange um eins und ein zusammen zuzählen. Das ist ein Familienaltar. Das Mütterchen hielt die Bilder in ihren Händen.

Feste fühlte sich seltsam fehl am Platz. Er wusste nicht ob er etwas sagen sollte, entschied sich jedoch dagegen. Einfach zu gehen fand er aber auch falsch. Ihre alten Finger strichen liebevoll über die Bilder. "Dankeschön.." Es war so unerwartet für den Narren in diesem Moment, dass er sogar aufschreckte. "...keine Ursache." Das Mütterchen stellte die Bilder wieder behutsam zurück in den Schrank. "Ich.. ich muss weiter...", räusperte sich der Agent. "Euer Gesicht." Der Harlekin blieb in seiner Drehung zum Ausgang stehen. "Hm?" Die alte Frau zeigte auf eine Waschschale und einen großen Krug. "Wollt Ihr...?" Sie lief hinüber und goss klares Wasser in die Schale. "Zum Dank... für meine Erinnerungen." Feste wusste nicht Recht ob er das Angebot annehmen sollte. Es war ihm fast etwas peinlich. "Bitte!", bestärkte sie ihn. "Danke..." Feste ging zur Schale herüber und betrachtete sein dreckiges, verschwitztes Antlitz in dem klaren Wasser. Ein Anblick den das Mütterchen anscheinend ähnlich bewertete wie er selbst. "Ich hole noch mehr Wasser.", sprach's kurz und ging mit dem Krug in den Armen aus der Kemenate.

Der Narr legte seine Narrenkappe beiseite und offenbarte seine rabenschwarzen Haare. Er blickte weiterhin ins Wasser als er sich die Maske vom Gesicht zog. Darunter kam vernarbte Haut zum Vorschein. Vom Ohr bis zum Auge und zum Kinn. Seine ganze Wange war von etwas oder jemanden vor langer Zeit übel zugerichtet worden. Es schien bei diesem Anblick an ein Wunder zu grenzen, dass weder Auge noch Ohr oder Kiefer in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Geschichte dahinter kannten nur sehr wenige Personen und Feste hatte noch nie darüber gesprochen. Es war eines seiner Geheimnisse und doch erinnerte ihn dieses Geheimnis bei jedem Anblick an die Dinge die ihn antrieben. Er ballte die Fäuste. Dann tauchte er sein Gesicht tief in die Schale und verweilte einen Moment. Für diesen Augenblick war alles vergessen: Die Wüste, der Kampf, sogar die Umstände seiner Narben. Als er wieder auftauchte standen zwei gefüllte Wasserkrüge und ein großes Tuch neben der Schale. Er sah sich um, konnte aber weder die alte Frau noch jemand anders erblicken. Anscheinend war sie kurz hier gewesen und dann wieder gegangen. Der Narr setzte seine Reinigung fort.

Nachdem Haare, Gesicht und Oberkörper sauber waren und der Narr eine Flüssigkeit in der Schale hinterließ die mehr an Pech als an Wasser erinnerte, betrachtete er sich im Spiegel. Eine große Wunde am Hals und am Schulterblatt mussten wirklich genäht werden. Er erinnerte sich an Serafines Angebot und entschied es anzunehmen. Sein Rücken, Brust und Bauch waren ebenfalls vernarbt, wenn auch nicht so schlimm wie seine Gesichtshälfte. Der Narr zog seinen geschundene Franzenwams wieder über, setzte sich Maske und Kappe wieder auf und zog ein Stück schwarzer Schminke in einem kleinen Tuch hervor. Damit färbte er sich seine andere Gesichtshälfte wieder dunkel. Als auch dies geschafft war verstaute er alle Habseligkeiten und trat aus dem Zimmer. Auf dem Gang traf er die alte Frau wieder. Ob sie hier die ganze Zeit gewartet hatte? "Dankeschön. Genau was ich gebraucht habe." Das Mütterchen nickte ihm zu und machte sich gleich daran das Schmutzwasser zu entsorgen und weiter aufzuräumen. So gingen beide auseinander wie sie sich begegnet sind: Als Fremde die doch einander helfen konnten und so kurzzeitigen ein Stück zu Vertrauten wurden. Während sie wieder ihrem Tagwerk nachging, machte sich der Agent auf um Serafine zu suchen.
 
Wieder im Schatten der Arkaden trocknete Serafine die Tränen. Niemand sollte sie so sehen, so verletzlich und doch spürte sie immer wieder das Bedürfnis und ihre Gedanken wanderten für einen Moment zurück in die unbeschwerte Jugend vor nicht einmal einem Jahr. Es war nicht leicht gewesen aber doch anders mit den vertrauten Menschen um sie herum, ihren Schwestern, ihrem Vater. Nichts von dem war geblieben. Alle hatten sie zurückgelassen. "Das ist nicht wahr." klang die Stimme ihrer Schwestern erneut in ihrem Kopf.

Ihr Blick ging über die Hochebene. Die ersten Menschen erschienen wieder und begannen die Verwüstungen zu besichtigen. Ein kleiner Junge hatte sich vorwitzig bis in die Nähe Harvalds und des Drachen gewagt. Harvald, ach ja er stand dort als sei nichts Bedeutsames geschehen und arbeitete effizient ab, was er sich vorgenommen hatte. Die lange Bahn Haut von der Kehle des Drachen bis zum Brustansatz hatte er schon gelöst. Er war so unmenschlich, ohne jede Regung nur auf sein Ziel fixiert. Die sah noch einmal wie er sich den Dämonen auf beim Aufstieg entgegenstellte und ihr wurde klar, dass er dies nicht wegen ihr oder den anderen Reisenden getan hatte, sondern weil er sie töten wollte. Wie groß muss Hass sein, um die Angst vor dem Tod zu überwinden. An diesem Punkt verstand sie Harvald. Was erwartete ihn wenn er unterlag? Der Tod, nur der Tod. Welche Bedeutung hat der Tod. Keine; wenn niemand da ist, für den man leben will. Das bedeutet Freiheit, weil Freiheit nur ein anderes Wort dafür ist nichts zu verlieren zu haben. "Es ist der eine, der sich nicht glauben kann, zu geben, weil niemand von ihm nimmt." wiederholte sie die Liedzeile leise. Und die Dämonen waren der Grund.

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"Warum ziehst du dem Monster die Haut ab!" klang eine junge Stimme hinter Harvald. Er warf einen Blick zur Seite und erkannte einen ungefähr zehnjährigen der in respektvollem Abstand neben ihm stand und ganz interessiert zusah. "Weil er sie nicht mehr braucht und sie sehr wertvoll ist."

"Warum ist sie wertvoll"

Harvald grinste und wischte sich Blut, Schweiß und Dreck aus dem Gesicht. "Wie viele von diesen Monstren hast du schon gesehen?" fragte er zurück.

"Keinen"

"Eben"

"Aber Mama hat gesagt sie will sofort hier weg, weil man nicht wissen kann wie viele Monster hier noch auftauchen, und Viannets Mutter hat es auch gesagt und dann haben sie geweint, weil sie nicht wissen wie sie mit uns durch die Wüste kommen sollen und die nächste Karawane kommt auch erst in ein paar Wochen haben sie gesagt."

Harvald sah von deiner Arbeit auf. "Ich werde reisen wenn ich hier fertig bin. Wenn du willst, kannst du mit deiner Mutter mitkommen, aber jeder mitkommt wird den größten Teil seiner Sachen selbst durch die Wüste schleppen müssen." Dann richtete er sich auf und schlug mit der Axt einen kurzen Stachel seitlich vom Halsansatz ab, hob ihn auf, und warf ihn dem Jungen zu. "Damit du dich verteidigen kannst." Der hob den Stachel auf und rannte los als wäre der Teufel hinter ihm her.

Er konnte sie im Schatten der Arkaden nicht erkennen doch er spürte ihr Herz. Es schlug schnell. Er hätte nicht gedacht dass der Tod des Goblin sie so berühren würde. Doch dann erinnerte er sich an die Jahre in den Höhlen und die eigenen Tränen in der Einsamkeit. Sie war noch nicht so weit. Doch die Zeit würde kommen, ihre Zeit, wenn sie Rache für ihre Familie und ihre Einsamkeit nehmen würde. Und dann mochten die Götter sich der Dämonen erbarmen, sie würde es nicht. Die Zeit würde kommen .......... Sicher. Sie würden gleich sein.
 
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Der Narr hatte keine rechte Ahnung wo er Serafine suchen sollte. Es gab wenige Plätze an diesem Ort die er kannte, woher auch, war er doch im Grunde zum ersten Mal hier ...naja zum zweiten Mal, aber das erste Mal zählte nicht wirklich. Durch die Spalten einer Transportkiste kann man nicht wirklich etwas erkennen und die Schmuggler wären ohne Sandsturm niemals auf die Hochebene gezogen. Nachdem was der Seveldarer über die Sternenmagier gehört hatte, war er überrascht, dass es hier so viel 'normales' Leben gab hier. Doch als die Beweise bis zu seinem Bewusstsein vorgedrungen waren, überraschte Feste auch nicht mehr, dass die eine Gruppe zwielichtiger Reisender bei einem Sandsturm Unterschlupf geboten haben. Er lief weiterhin etwas planlos durch die Räume des Sternenzirkels und hing weiter seinen Gedanken nach. Im Grunde waren sie jetzt nicht besser dran gewesen, nur dass sie nicht vor einer aufgepeitschten Welle aus Wind und Sand geflohen sind, sondern vor einem Meer aus Dämonen und Tod. Feste hoffte inständig, dass dieser komischer Würfel ein paar Antworten zu dem ganzen bereithalten würde. Immerhin haben sie Kopf und Kragen riskiert dafür. Letztlich gab es noch etwas, was an der Zeit war. Er blickte auf Harvald der den Drachen ausnahm. Seltsam, dass niemand anderes das ebenfalls Tat. Vermutlich wollte sich niemand mit derart viel Gepäck belasten, wenn sie durch die Wüste zogen, was ihnen zweifelsohne bevorstand. Er schaut ihm noch einen Moment zu. Später. Erstmal wollte ich doch... Er sah sich um und seine Vermutung bestätigte: wo Harvald war, war Serafine nicht weit, wie ein Welpe was dem Alpha treu hinterdackelte. Dabei konnten sich beide kaum einen Monat kennen. Bei der Oase war sie noch nicht bei ihm und danach war sie einfach da als er Harvald erneut an den Stufen er Sternentreppe wiedertraf. Der Narr ging klingelnd auf sie zu. Ihre Augen waren gerötet. Sie hatte geweint? Feste räusperte sich. "Serafine, Ihr hattet mir Näharbeiten an meiner geschundenen Haut angeboten. Ich würde gern jetzt darauf zurückkommen, denn der Marsch durch die Wüste ist lang und Sand und Krankheitserregen sind allgegenwärtig." Feste überlegte ob sie überhaupt wusste was Krankheitserreger waren. Egal sie musste sich nur auf die Erstversorgung mit Wunden auskennen. "Wenn Ihr mögt, ich habe die Wunden schon gereinigt und mich wieder in Form gebracht." Er grinste kurz und schaute an sich hinab. Franzenwams und -hose waren durch den Aufstieg unter dem Drachen und dem Wurfs durchs Fenster in Mitleidenschaft gezogen worden und zeigen hier und da viele Risse auf. "Naja... so gut es eben ging. Hättet Ihr Zeit?"
 
Serafine blickte auf und sah den kleinen Mann erneut. "Ja, ich werde euch helfen, dann bin ich wenigsens zu irgend etwas nütze."

Serafine stand auf ging zu den 3 Pferden hinüber. Einen Augenblick lang zerrte sie an den Verschnürungen, bevor sie den Lederpanzer ablegen konnte und legte das Waffengehänge und die Armbrust ab. Sie wusch sich Hände und Gesicht im Pferdetrog. Dann holte sie den dicken Packen, den sie am vergangenen Abend geschnürt hatte, aus der Satteltasche ihres Pferdes und zog die Zeltplanenrolle hinter dem Sattel ab. Sie wühlte in einer Satteltasche des Grauen und förderte nach wenigen Augenblicken das Öllicht zu Tage. Serafine breitete die Zeltplane auf den Steinbodenboden aus, kniete nieder und begann den Packen aufzuwickeln. Twiggys Drachenschuppe fiel ihr entgeggen und fast hätte sie erneut geweint. Was sie dort neben einigen Fläschchen und Tiegeln zutage förderte, waren gespaltene Holzstäbchen, eine halbrund gebogene Nadel und ein in einem größeren Tiegel liegende Fäden und Stücke, die entfernt an Tierdärme erinnerten. Sie zog Twiggys Dolch aus dem Gürtel und prüfte die Klinge mit dem Daumen. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sie erinnerte sich; Harvald hatte ihn in der Hand gehabt. Vorsichtig entzündete sie die Lampe mit dem Reibrad, wie sei es gesehen hatte.

"Du brauchst noch das mit Mohnsaft verriebene Blisenkraut und den Alkohol in der Flasche, die du neulich getrunken hast.", hörte sie die Stimme ihrer ältesten Schwester im Kopf und so stand sie nochmals auf und fand die Flasche und den Tiegel. Ich danke dir Schwester, dachte sie. "Gott sei dank war einer der Straßenräuber laudanumsüchtig und ich habe alles mitgenommen."

Serafine sah erwartungsvoll zu dem Narren auf. "Ich bin Serafine. Seit einigen Wochen liegt meine Welt in Trümmern. Niemand, den ich kenne ist noch am Leben, niemand den ich kennen lerne überlebt lange genug. Ich sah euch mit Twiggy beim Aufstieg, bevor der Drache sie holte.

In diesem Augenblick änderte sie ihre Meinung, nur keine persönliche Beziehung, schüttelte sie den Kopf und fuhr fort: "Ich werde zunächst mit einem Tuch die Salbe entlang der Wunden auftragen. Dies wird euer Fleisch taub machen,... hoffe ich. Das Tuch weil ich nicht riskieren darf, dass meine Finger auch taub werden. Dann werde ich die Wunden nochmals mit dem Brandwein waschen. Sollten noch Steine oder grösseren Teile in den Wunden stecken, kann ich sie damit herausziehen."

Serafine deutete auf die gespaltenen Holzstäbchen.

"Zuletzt werde ich die großen Wunden mit ausgekochtem und eingelegtem Darm nähen. Es ist das beste Material, neben den Blattachseln von Lorbeerblättern. Meine ältere Schwester benutzt es immer. Ich hoffe ich habe noch genug, denn ich weiß nicht, wo ich neuen Darm herbekomme. Ich weiß auch nicht, was ihr mit Krankheitserreger meint, aber falls ihr Sorge habt das die Wunde eitrig wird, ihr Wundkrämpfe bekommt oder die Wunde gar brandig wird ... ich habe keine Goldfliegen, wie sie echte Heiler benutzen würden. Ich bedaure auch, dass es hier keine Birkenrinde gibt. Der Bast wäre am besten geeignet die Wunden zu verbinden. Aber ich habe noch etwas Leimwurzpaste. Damit könnte man ein ausgekochtes Tuch auf die Wunden kleben und sie so zusammenziehen. Ich habe aber keine Erfahrung damit. Leimwurz war in Port Raven teuer, zu teuer für uns. Wenn ihr vorher noch einen Schluck von dem Alkohol trinken wollt, falls die Salbe nicht so gut wirkt. Viele tun es auch, weil es Mut braucht.... Dann setzt oder legt euch bitte hin und sagt, wann ich beginnen kann."

Harvald kam hinzu einen dicken Ballen geschabte Drachenhaut auf der Schulter und packte ihn in den nun leeren Gerbsack. Sorgfältig fügte er das Salz hinzu. Das Leder würde, wenn es fertig war ein Vermögen bringen. Als er sich umwandte sah er Serafine mit dem zwergenhaften Narren sich unterhalten. Erneut war die ganze Sanitätsausrüstung ausgebreitet. Er gedachte sich nicht weiter darum zu kümmern. Der Narr war ihm damals in der Oase unter unerklärlichen Begleitumständen vor die Füsse gefallen und das Gespräch war ihm als eher verwirrend im Gedächtnis geblieben. Im gleichen Augenblick wurde ihm bewusst das die Gruppe, die er an jenem Wasserloch getroffen hatte praktisch nicht mehr bestand. Lediglich der Echsenmensch Ha'jett und der Magier Alexis waren zu finden und auch alle Dämonen, die sie begleitet hatten einschließlich des Wolfdämons des Anführers, waren fort. Am folgenden Tag, lange bevor die Sonne aufgeht, würde er, wenn alles erledigt war, aufbrechen.

Bevor er an seine Arbeit zurückkehren konnte sprach ihn erneut jemand an. Als er sich umwandte erkannte er den blasierten Schneider. "Ich habe gehört, wenn ihr aufbrecht darf man euch begleiten?" Harvald maß ihn abschätzig bevor er antwortete. "Wenn ihr in die gleiche Richtung wollt, warum nicht, doch es wird ein langer Marsch von mindestens 3 bis 5 Tagen durch die Wüste und jedermann wird sein Wasser und was er sonst mitnehmen will selbst tragen müssen."

"Aber es sind schon viele die den Zirkel verlassen möchten und Wasser für 3 Tage ist viel zu schleppen. Ihr habt doch ein Pferd und eure Tochter ebenso und ein Packpferd sehe ich auch. Könnten die nicht Wasser tragen?"

Mit den Worten, "Wir werden sehen, aber es haben auch schon andere gefragt." wandte sich Harvald ab um nach einem Augenblick wieder zurückzukehren. "Kennt ihr einen Magier mit einer empfindlichen Nase, der die Zeit manipuliert. Wenn ihr ihn findet, sagt ihm er möge seine bewundernswerte Magie hier auf der Ebene wirken, anderenfalls gibt es hier in Kürze ein weithin stinkendes Verwesungsproblem."

"Ich werde den Rat der Magier informieren und jemanden finden, der das Problem löst. Ihr seit immer so ... pragmatisch.", gab der Schneider zurück.

Harvald lachte laut. "Vielleicht findet ihr auch noch eine pragmatische Lösung für euer Wasserproblem, in Form eines Handkarren" Er wandte sich ab und war die nächste Zeit damit befasst, den fast unbeschädigten Flügel des Drachen zu entfernen. Er hatte eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie die Trage für Ha'jett aussehen sollte. Er würde dem Echsenkrieger nichts schuldig bleiben.
 
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Feste rührte sich nicht und schaute Serafine zu wie sie die Versorgung seiner Wunden vorbereitete. Dabei versuchte der Narr aus dem schlau zu werden was sie von sich gab. Einige Worte wie 'Salbe', 'Wundkrampf', oder 'Birkenrinde' waren ihm geläufig. Andere wiederum hörte er zum ersten Mal. Feste verstand nichts von Heilung. Bei diesen Gedanken fiel ihm seine Hatz durch Serendrion vor einigen Jahren ein. Die Waldelfen des Landes haben ihn mehr als ordentlich gefordert und er kam mehr tot als lebendig von dieser Mission zurück. Auch Keerah hatte ihren Anteil daran, dass er überhaupt den Wächtern des Waldlandreiches entkam. Doch abgesehen davon, dass er den Eindruck bekam, dass Serafine wusste was sie tat, oder besser gesagt 'tun würde', gab es doch einige Dinge die Fragen aufwarfen und ihn dadurch viel mehr interessierten. Zum Beispiel: 'Seit einigen Wochen liegt meine Welt in Trümmern. Niemand, den ich kenne ist noch am Leben, niemand den ich kennen lerne überlebt lange genug.' oder 'Ich sah euch mit Twiggy beim Aufstieg, bevor der Drache sie holte.' Doch sie schien ihre Meinung zu ändern. Der Harlekin fand das sehr schade und entschloss sie zu versuchen die Heilerin auf das Thema zurückzuführen, besonders weil er eigentlich nichts von ihr wusste, oder sie von ihm. Es bleib jedoch abzuwarten ob sie das wollte, wenn sie so kurzfristig wieder das Gespräch auf die professionelle Ebene lenkte.

Er nahm auf der Plane Platz und streifte sich seinen Franzenwams vom Körper. Narrenkappe und Maske behielt er jedoch sorgsam auf. Es genügte, dass sie seinen entblößten Oberkörper sah. Feste war sich einerseits bewusst, dass es nicht ausblieb, dass Serafine so seinen von Narben übersäten Oberkörper sah, andererseits war er sich nicht zu eitel diesen zu zeigen. Es gab einige ihm bekannte Individuen die solche Kampfspuren mit Stolz tragen würden, allerdings zählte sich der Narr selbst nicht dazu. Dennoch.. von fast allen kannte er noch immer die Geschichte und verband damit lehrreiche Erfahrungen, gute.., schlechte.. und .. sehr schlechte. Es räusperte sich. "Ja, ich hatte Twiggy geholfen als ihr Esel durchging. Es missfällt mir zuzusehen, wenn Verbündeten Leid zugefügt wird,... z.B. durch Drachenzähne." Er unterdrückte ein Grinsen. Ihm war irgendwie nicht danach. Der Tod der kleinen Hexe war noch zu nah und sein Herz war noch immer schwer davon. Feste war sich nach wie vor nicht sicher wie weit er für ihren Tod verantwortlich war. "Ihr .. Ihr habt erwähnt, dass Eure Welt in Trümmern liegt. Wie... wie habt Ihr das gemeint? Symbolisch oder tatsächlich? Wenn es um Trümmer des eigenen Leben ging kann ich durchaus mit einigem aufwarten. Verlust, Trauer und Schmerz sind seit Jahre so treue Begleiter wie sie unerwünscht sind. Es ist fast wie ein verzerrter Spiegel der seit langer Zeit die einzige Chance ist mich betrachten zu können. Ich würde wohl eine mir unbekannte Person erblicken, schaute ich in einen intaktes Bildnis meiner Selbst. Allerdings will ich nicht klagen. Ich habe mir dieses Leben ausgesucht... die Alternative die sich mir bot: aufgeben und als Häufchen Elend sterben wirkte wenig einladend auf mich. Sie verdirbt zu sehr den Appetit auf Neues." Feste schaute schief ins Nichts.

Der Narr steckte zu sehr in ihm als dass er anders könnte als ständig einen Spiegel vorzuhalten. Dabei waren seine Absichten durchaus ehrlich, wenn auch nicht immer verständlich. Es hing viel vom Geisteszustand seines Gegenübers ab. Sympathie spielte dabei selten eine Rolle. Generell hatte der Narr keine Vorurteile. Er hatte zu viele Seiten aller Völker, Altersgruppen und Geschlechter kennen gelernt um jemanden zu bevorzugen, zu benachteiligen, oder um Platz für Vorurteile zu haben. Seine Geschichten könnten wohl ein Buch oder viele Lagerfeuerabende füllen, doch er traf zu wenige Leute die wahrhaftig Interesse an ihm zeigten. So behielt er seine Geschichten meist für sich, trotz offenem Gemüt voll frohgemut. "Bitte keinen Alkohol. Ich muss den Verstand verwahren den ich noch habe. Nehmt diesen stattdessen zum großzügigen Reinigen der Wunden. Mir ist bewusst dass es brennen wird. Es wird schon gehen." Er atmete einmal tief durch und war bereit für die Behandlung.
 
Serafine begann sorgfältig den Rücken und die Seite des Narren mit der Laudanumpaste einzustreichen. Fast wie von selbst begann sie zu reden:

"In Port Raven war mein Vater Lohnkutscher. Wir lebten in der Nähe des Hafens. Dort waren wir fast reich, denn wir hatten 2 Pferde und einen Wagen. Mein Vater musste sich nicht als Tagelöhner zum Entladen der Schiffe verdingen, sondern brachte die Waren zu den Händlern oder von den Händlern in die Häuser der Reichen."

Sie lehnt sich zurück, um die Paste einen Augenblick einwirken zu lassen und betrachtete den Narren. Die Narben auf seinem Körper waren teilweise wulstig und nicht so schmal, wie das Spinnengewebe das Harvalds Oberkörper überzog. Er war wohl mehr, als er zu sein vorgibt. Sie stand auf, holte den Topf aus dem Gepäck, füllte ihn mit Wasser, warf eines von Harvald's Kopftüchern hinein und entzündete erneut das Feuer vom vergangenen Abend.

"Ich habe 2 Schwestern. Sie starben, als die Dämonen kamen in unserem eingestürzten Haus. Ich konnte ihnen nicht helfen. Seit dem kann ich sie in meinem Kopf hören und gelegentlich kann ich mich an nichts erinnern."

Vorsichtig begann sie die Wunden zu waschen, nachdem sie zunächst ihre rechte Hand mit Alkohol übergossen hatte, doch als der Narr nicht zuckte gab sie mehr von dem Alkohol auf die Wunde. Das Blut begann an manchen Stellen wieder stärker zu laufen, doch nirgends eine spritzende Blutung.

"Ich bin weggelaufen. Außerhalb traf ich einen Kutscher, den mein Vater kannte. Er fuhr die Überlandroute zu einem Ort der AnShiel heißt und am Binnenmeer liegen soll. Oft hat er zu Vater gesagt, er solle in das Geschäft einsteigen, aber Vater wollte uns nicht so lange allein lassen. Erst wollte ich nicht weg, aber als die Dämonen weiter vorrückten, blieb mir nichts anders übrig, als wieder wegzulaufen. Unterwegs wurden wir von Banditen überfallen. Nur einige Frauen haben das überlebt. Dann hat er mich gefunden."

Sie deutete hinüber zu Harvald der inzwischen den Flügel des Drachen abgeschlagen hatte und begann ihn auf der Ebene auszubreiten. Vorsichtig zog sie noch 2 Glassplitter aus der großen Schnittwunde in der Seite. Der Narr zuckte zusammen, gab aber keinen Laut von sich.

"Erst wollte er mich gar nicht mitnehmen. Er gibt mir alles. Rüstung, Waffen, Gold, alles, alles was ich habe. Es interessiert ihn nicht, auch wenn er jetzt wieder so tut. Er nimmt nichts, nicht einmal Sex. Darauf sind doch alle Männer aus."

Sie brach ab schwenkte die Nadel durch die Flamme der Öllampe und begann zu nähen. Keine langen Nähte, ein Stich ein Knoten, wie sie es bei ihrer Schwester gesehen hatte. Sie kam nur langsam voran, aber ihre Arbeit war gut. Kaum Blut drang noch aus der Naht. Als sie nach einer Ewigkeit fertig war, seufzte sie und legte die Nadel beiseite.

"Er ist unmenschlich, die Axt ist unmenschlich, ich meine er hat alle getötet, allein. Er ist fast blind und trotzdem hatten sie keine Chance. Seine Rippen waren zerschmettert und trotzdem...... Und jetzt töte ich auch und es tut weh. Ich meine es ist eine Sache eine Taube zu schießen, weil sie einen guten Braten abgibt, Ratten zu jagen, weil man ein Kupferstück für 5 Schwänze bekommt, oder am Ufer Krebse zu sammeln, weil man Hunger hat. Und wenn die Monster einen nach dem anderen holen, werde ich wütend. Dann schieße ich auf sie, um sie alle umzubringen. Aber es tut weh, um des Tötens Willen zu töten. Ihm macht das gar nichts aus, er hat noch Freude daran Menschen, Dämonen, Drachen oder sonst etwas zu töten."

Sie wandte sich ab, um die Tränen zu verbergen, nahm den Topf vom Feuer und fischte vorsichtig mit Twiggys Messer das Tuch aus dem kochenden Wasser. Nach einem Moment breitete sie es über dem noch dampfenden Topf aus und verstrich die Leimwurzpaste darauf. Vorsichtig klebte sie den Verband von der Brust bis über den gesamten Rücken. Er deckte fast alle Nähte ab und warf kaum Falten.

"Und die ganze Zeit frage ich mich, warum ich? Was habe ich getan, dass das mit mir passiert? Was habe ich getan, dass ich in diesem Chaos lebe? Was hat er getan, das er so geworden ist?"

Sie stand auf ging nochmals zu den Pferden, wo Harvald auf dem Rand der Tränke saß, und zog Twiggy's Jacke und den Drachendolch aus dem Bündel.

"Mehr kann ich nicht für euch tun, außer ...." Sie hielt Feste die Jacke und Dolch hin. "Probiert sie an. Sie waren für Twiggy, als Geschenk gedacht, von Harvald ....... und mir für ihre Heldentat mit dem Drachen, aber ich habe sie tot drinnen gefunden. Wir hätten Freundinnen werden können. So aber lebt eure Verbündete nicht mehr. Wieder jemand den der Tod geholt hat. Sie wird sie nie mehr brauchen und euer Wams hat ziemlich gelitten. ...und damit könnt ihr wenigstens jemanden aufspießen."


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Harvald hatte inzwischen seine Arbeiten beendet und sammelte das Ergebnis ein. Noch zwei Bündel Haut aus dem Flügel geschnitten, 4 lange Knochenstangen und zwei sehr spitze elfenbeinweisse Zähne von mehr als einem Meter Länge. Als er sich aufrichtete um die geschnürten Bündel zu den Pferden zu tragen, sah er mit dem Schneider einen der Magier aus dem Dunkel auf die Ebene treten. Trotz der edlen Robe aus dunklem Samt und dem Gesichtstuch erkannte er die glühenden Augen eines Sternenmagiers.

Die Person sprach ihn mit einer weichen Stimme an: "Wer seid ihr, dass ihr unsere Mediationen unterbrecht " Auf Harvald's Gesicht bildete sich eine düstere Miene. "Ich kann verstehen, dass viele eurer Dienstboten und Handwerker es vorziehen den Zirkel zu verlassen. Hier fand ein Krieg statt und wie es scheint haben wir knapp gewonnen. Ohne die, die nicht zum Zirkel gehören wäre dies wohl nicht gelungen. Ich habe eure geschätzte Aufmerksamkeit lediglich auf die verwesenden Kadaver zu lenken gedacht. Er wir Seuchen über die Ebene bringen, vom Geruch einmal ganz abgesehen."

Der Magier oder die Magierin warf einen Blick auf die Bündel. "Und was habt ihr damit vor?"

"Ich werde sie feucht einsalzen und feinstes Leder gewinnen. Es wird meine weiteren Reisen finanzieren, den Monstren hinterher die diese Welt überfallen und ich werde sie vernichten, wo ich sie finde."

"Ihr seid sehr überzeugt von euch."

"Nicht mehr als ihr. Doch, mehr als ihr, denn ich gebe nur zurück, zu was sie mich gemacht haben, den Tod."

"Hier muss keine Zeit manipuliert werden, das Objekt ist viel zu groß. Es genügt ein wenig.... Wasser zu entfernen." Die Augen begannen intensiver zu leuchten und der Sand rund um den Drachen begann aufzusteigen bis er komplett in einem feinen Nebel verschwand. Als der Nebel sich senkte zerfiel das Fleisch des Drachen zu grauem Staub und zurück blieb lediglich ein riesiges bleiches Gerippe. "Und nun zeigt mir was ihr aus der Drachenhaut gemacht habt." Geleitet von Harvald ging die Gruppe zu den Pferden wobei er die beiden Hautbündel schleppte.

Er nahm das Bündel mit Twiggys Kleidung aus der großen Tasche und wies Serafines Brustpanzer. "Die bewundernswerte Arbeit eures Schneiders."

"Faszinierend. Doch der Panzer ist zu grob und barbarisch. Ich will auch ein Gewand aus diesem feinen Material. Ein Gewand aus Drachenleder wird meine Bedeutung sicherlich noch unterstreichen. Eigentlich ist dieses Material viel zu schade für jemanden wie euch."

Harvald ging auf den Seitenhieb nicht weiter ein. "Ohne eure Mithilfe wird daraus nichts werden, denn es braucht Wochen bis das Gerbsalz die Haut zu Leder umgewandelt hat und man sie mit Fetten geschmeidig machen kann. Erst danach kann man sie zu Kleidung verarbeiten. Einer eurer Kollegen wusste jedoch einen Zauber....."

"Und ihr wollt dass ich diesen Zauber für euch auf alle Bündel wirke?"

"Das wäre eine Möglichkeit die mir einiges an Schlepperei und Arbeit abnehmen würde."

"Nun denn, es sei" meinte sie eher ungnädig, doch das Interesse an dem Material war ihr anzumerken. Die nächste halbe Stunde war Harvald damit befasst die Häute einzusalzen während die Magierin, Harvald war sich sicher, dass es sich um eine Frau handelte, stand im Schatten der Arkaden und beobachtete ihn bei der Arbeit. Als er fertig war, waren da wieder dieses Flimmern und die Unschärfe und binnen weniger Augenblicke war es vorbei. Auch der Geruch der von den Stapeln ausging war verflogen.

Ohne hinzusehen griff Harvald eines der Bündel und drückte es dem Schneider in die Hände, der dabei sichtlich in die Knie ging. "Viel Erfolg wünsche ich. Ihr besitzt ja noch die Nadeln." und an die Magierin gewandt "Ich danke euch für eure Großzügigkeit und wünsche euch, dass eure Kleidung euren Vorstellungen entsprechen wird. Euer Schneider ist sicherlich ein Meister seines Faches."

"Ihr seid ein merkwürdiger Mensch, Harvald." sage die Magierin zum Abschied. "Achtet darauf, dass euer Selbsthass euch nicht eines Tages umbringt"

Nachdem die beiden gegangen waren sah Harvald einen Jungen auf sich zukommender eine Frau mittleren Alters hinter sich her zog.
 
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