Sonne, Wasser und etwas Schweiß hinterließen einen noch glänzenderen Schimmer auf dem Bauch der Eiselfe, sodass selbst Wanda, die gerade noch mit forschender Neugier durch die Gegend geschwebt war, innehielt, um das Glänzen und Schimmern auf der weißen Haut zu betrachten.
Die Schönheit der Gabe Sextana's wurde mit diesen Denkmälern vollendet, als wäre sie noch ganz dort, mit ihrem wunderschönen, blassen Antlitz, den feuerroten Haaren und ihren einprägsamen Augen, die Liss auf eine erfüllende Art bekannt vorkamen, wenn sie sie sich wieder vorstellte. Nie zuvor lebendig gesehen hatte Lissandra die Augen der Verstorbenen trotzdem in Erinnerung, wie sie funkelten und ferne Welten erforschten. Welten, die einem jeden außer Sextana selbst nun für immer verborgen waren.
Welten, die selbst diese Seele vielleicht schon vor diesem einen Leben gesehen hatte. Ferne Welten.. Fern von Leid.
Lächelnd blickte Lissandra gen Himmel und atmete tief ein.
"Aber natürlich kann ich das.", sagte Liss mehrdeutig und blickte wieder mitten in das Geschehen, hatte sie sich doch etwas in der Herrlichkeit ihrer zurückgekehrten Lebenskraft verloren. Sie sah, wie Erad untertauchte in das Nass, auf dem sich die Sonne spiegelte, sowie manch eine Palme. Dort wo Erad abgetaucht war, waren nur noch kleine schwingende Wellen zu sehen und das Spiegelbild der paradiesischen Umgebung wurde unterbrochen. Lissandra holte nochmals Luft und tauchte dann mit aller Kraft unter, um Erad im Wasser zu suchen. Das erlösende Wasser klatschte ihr dabei willkommen ins hübsche Gesicht.
----
So wie am Vorabend, der sie in die Obhut dieser Gruppe treiben sollte. Das in diesem Falle leider warmgewordene Wasser klatschte ihr ins Gesicht, als sie zwei volle Hände der kostbaren Flüssigkeit zu verschwenden bereit war. Die Hitze auf ihrer Stirn war kaum mehr zu ertragen und so fuhr sich Lissandra mit den nassen Händen wüst durch das Gesicht, in der Hoffnung etwas abzukühlen.
"Ich glaube, jetzt habe ich endgültig die Orientierung verloren.", seufzte Lissandra. Sie atmete ruhig ein und aus, während sie etwas abseits des Feuers saß und dieses nur als beruhigende Lichtquelle sah. Es war recht bedeckt, damit sie keine ungebetenen Gäste anlockte, doch wollte sie darauf nicht verzichten. Nachdenklich nahm Liss ihre Feldflasche, in der noch etwas Wasser enthalten war, und trank zwei große Schlücke.
"Wir werden nicht finden, was wir suchen. Selbst, wenn wir es finden... Was dann? Dann sterben wir unsanft und ohne unser Ziel erfüllt zu haben.", sagte Wanda. Ihre fehlende Motivation war allessagend. "Nichtigkeiten im Vergleich zu allen anderen, die sich aufgemacht haben sollen.", stellte Liss nickend fest.
"Und das sollen viele gewesen sein!", stimmte Wanda zu. "Gerüchte hin oder her. Wir sind blind durch die Gegend geirrt. Wäre es nicht besser, wir genießen unsere gemeinsame Zeit einfach?", fragte Lissandra mit besorgter Miene.
"Dass du noch lebst muss ein Geschenk sein! Wieso nehmen wir es nicht an?", flehte die Chantrasami und sank zurück auf ihren Rücken, um gen Himmel zu blicken.
Ein beinahe sternenloser Himmel erstreckte sich über ihnen, genau so trostlos wie diese Wüste.
"Weil ich eine Aufgabe habe. Wie oft soll ich es dir sagen... Meine Rückkehr ist bei weitem wichtiger als persönliche Bande.", sagte Wanda. Sie legte sich nieder an Lissandra's Herz, das langsam schlug und manchmal einen Schlag auszusetzen schien. "Ich.. Ich wünschte, ich wäre ganz frei. Doch wir Waldgeister, wir sind für Anderes bestimmt.", murmelte Wanda. Ihr kleines Köpfchen musste ziemlich auf und ab Beben, während es auf der Brust Lissandra's lag.
"Die Waldgeister sind tot - wenn wir deinem Gefühl Glauben schenken müssen. Wieso du nicht? Bist du sicher, dass zurückzukehren noch deine Aufgabe ist? Sie alle werden ihre Pflicht erfüllen, was ist schon dabei, wenn deine Seele bei mir bleibt.. Zumindest, bis zu meinem Lebensende?", fragte Liss mit ruhiger Stimme. Ihre Augen regten sich allerdings wild, als wollten sie damit mögliche Tränen einfangen.
"Vielleicht bist du nicht verschwunden, weil dein Platz jetzt ein anderer geworden ist."
"Denke an den Dryaden, der in seinem Grabe schlafen würde.. Für weitere hunderte von Jahren!", flehte Wanda. "Ich bin das, Lissandra. Ich muss wiedergeboren werden.. Und dann werde ich meine Aufgabe erfüllen müssen." Ihr Tonfall war jetzt weich und leise.
"Dann gibt es also nur diese zwei Möglichkeiten..", murmelte Lissandra widerwillig.
"Entweder, ich sterbe verfrüht und reiße dich mit mir.. Oder wir suchen nach dem einen Riss, der verursachte, dass du deine Verbindung verloren hast und weiterlebtest..
In beiden Fällen werden sich unsere Wege trennen."
"Dann bleibt uns auf unserer Suche nach einer Lösung nur noch begrenzte Zeit, um unser Beisammensein zu genießen.", sagte Wanda traurig.
"Ja.. Ich wünschte, ich könnte dagegen etwas tun.", murmelte Liss.
"Mit wem redest du, Weib?", tönte es unerwartet. Eine tiefe, bedrohliche Stimme riss Lissandra aus ihren Gedanken. Augenblicklich setzte sich Liss auf, ihre Muskeln spannten sich an und Liss suchte instinktiv nach ihrem Bogen und Köcher.
"Das kannst du vergessen.", hauchte es daraufhin plötzlich hinter ihr.
Wie hatte sie nur so unaufmerksam sein können?
Sie wagte sich nicht, ihren Kopf zu drehen, um dem Mann hinter ihr ins Gesicht zu blicken.
Zu dritt.. Kaum eine Überlebenschance. Lissandra suchte mit schnellen Blicken nach den Waffen der Banditen. Schwerter, also war Lissandra in der denkbar schlechtesten Situation gelandet. "Hört, ich will nur rasten.", hauchte Liss verzweifelt zurück und spürte ihr Herz bis zum Hals schlagen. Eine Hand des Mannes umklammerte jetzt das Handgelenk der Elfe. "Was willst du damit tun? Du willst uns doch nicht etwa wehtun, oder?", sagte der Mann hinter ihr schelmisch, der andere lachte spöttisch. Den Dritten konnte Lissandra nur schwer erkennen, er schien schwer verletzt zu sein. Der Bogen wurde weiter von der Chantrasami weggeschoben.
"Wir brauchen leider dein Pferd.", sagte der Kerl hinter ihr gespielt bedauernd. Es mussten Banditen sein, doch es schien, jemand hatte sie in eine wirklich missliche Lage gebracht. Der Hintere war wirklich sehr zugerichtet. Ob Liss das zu ihren Gunsten nutzen konnte?
Vielleicht reichte es auch, wenn sie ihnen gab, was sie wollten - sei es selbst das vorrätige Wasser..
Lissandra kam nicht dazu, sich eine Lösung zu überlegen. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Wanda hatte sich unter ihrer dicken, blonden Mähne verborgen.
Sie waren vollkommen hilflos, und alles ging plötzlich so schnell.
Der Mann vor ihr zögerte nicht lange und sein Blick war unergründlich. Sein Schwert sah bedrohlich im flackernden Licht des Lagerfeuers aus.
Es bohrte sich schneller durch ihren Oberkörper, als Lissandra sich gegen den eisernen Griff des Mannes hinter ihr auflehnen konnte.
Kälter als alles, was Liss kannte, fuhr Stahl durch den zierlichen Körper. Wortlos, als sei es nur eine Aufgabe, die schnell erledigt werden musste.
Der Griff löste sich, doch die Elfe fühlte sich trotzdem gefangen. Der kalte Stahl fuhr wieder aus ihrem Körper, und wie ein stummes Ritual ging der eine Mann fort, damit der andere an der Reihe war. Beim zweiten Mal war es fast nur noch wie in einem verschwommenen Traum, und als der Dritte, der wankende Krüppel sein Stahl in sie bohrte, spürte sie längst nichts mehr. Sie war kaum mehr wach, als sie das Wimmern Wanda's in ihrem Ohr hörte. Die Banditen nahmen einfach ihre Vorräte mit.. Das Pferd..
Nur ihr Bogen, die Tasche und der kleine Rest Wasser waren noch übrig.
Schritte und die Hufe des Pferdes waren alles, was Liss noch hörte im Kampf gegen die Ohnmacht.
----
Nachdem Lissandra unter Wasser nach dem geübten Taucher Erad gesucht hatte, um ihn schließlich wirklich zu fassen zu kriegen, stieß sie sich von seinem Körper ab und machte sich bereit, vor ihm zu fliehen. Er war wirklich ziemlich schnell, doch der Chantrasami gelang es immer wieder, ein Stückchen voraus zu bleiben.
So tauchten die beiden eine Weile immer wieder auf und ab, um einander daraufhin zu jagen.
Irgendwann allerdings hatte die Chantrasami genug von dem Nass und es trieb sie wieder an Land, wo sie die starke Hitze empfing.
"Genug des Guten.", sagte die Elfe grinsend und fuhr sich durch das nasse Haar, das in der Sonne ziemlich schnell trocknen sollte.
Sie sah sich in der Gegend um. Einige unbekannte Gesichter hatten sich dazugesellt. Ob sie wohl aus der Gegend kamen?
Da war dieser witzig aussehende bunte Kerl, den Lissandra besonders verblüfft anstarrte. Dann ein großer, schlanker Mann, der irgendwie.. etwas gruselig aussah. Liss konnte sich nicht helfen, hatte sie je so einen Menschen gesehen? Irgendwie.. war sie sich nicht einmal sicher, ob das ein Mensch war.
Dann waren etwas abseits noch ein Menschenmann, der in seiner Tunika sehr auffiel, und ein Elf, dessen Herkunft Liss nicht erahnen konnte. Er war bestimmt kein Elf aus Chantrasam. Skeptisch überlegte Lissandra, ob sie mit jemandem aus der Gruppe reden wollte, doch etwas hielt sie davon ab.
"Wieso starrst du solche Löcher in die Luft?", fragte Wanda just in dem Moment, in dem Lissandra beschloss, Flöte spielen zu gehen.
"Die Neulinge scheinen mir ziemlich in Ordnung. Ich hab' sie beobachtet.", sagte der Waldgeist daraufhin. "Auch wenn sie teilweise wirklich eigenartig sind. Du solltest deinen Hintern einmal bewegen und dir ein Bild von der Lage machen. Immerhin wird dies die Gruppe bleiben, mit der wir Reisen - wer weiß, wie lange."
"Wenn wir so lange mit ihnen Reisen, werden sich bestimmt noch bessere Gelegenheiten bieten.", murmelte Liss. Sie kramte unsicher in ihrer Tasche herum, bis sie endlich die Flöte gefunden hatte. Sie suchte sich ein gutes Plätzchen im Schatten einer Palme, in dem sie dennoch genug Licht hatte, und begann eine sehr sanfte, glückliche Melodie zu erzeugen. Wanda rollte daraufhin nur mit den Augen und machte sich davon, um etwas mehr über die anderen Gruppenmitglieder zu erfahren.
Und während sich die Melodie fortsetzte, gesellte sich Erad dazu, dem Lissandra auf der Reise schon oft beim Flötenspiel zugehört hatte. Etwas beflügelt, weil er ein großes Talent hatte und nun Zeuge ihrer Musik wurde, spielte Lissandra noch hingebungsvoller.