Eigenes Werk 112 - Wir sind für jeden Sch...paß zu haben

Killfetzer

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Nachdem ich zu Weihnachten ein wunderschönes Buch über Geschichten eines Berufsfeuerwehrmanns geschenkt bekommen habe ("Die Sauerei geht weiter", Review kommt noch ;)), dachte ich mir, ich könnte auch mal ein paar meiner Geschichten aufschreiben.

Ich bin inzwischen seit über 10 Jahren Mitglied der Einsatzabteilung einer Freiwilligen Feuerwehr. Und obwohl wir nur eine kleine Ortsteilfeuerwehr sind (oder gerade deswegen?), hatten wir schon eine ganze Reihe von skurrilen Einsätzen. Der Titel des Themas geht auf ein T-Shirt zurück, das ich mal bei einer anderen Feuerwehr gesehen habe. Auch wenn es etwas derb klingt, beschreibt es doch die Aufgaben der Feuerwehr ziemlich gut. Oder um es mal mit einem "Kunden" auszudrücken, der ein Bienennest im Schornstein hatte: "Der Schornsteinfeger hat gesagt, ein Imker wäre zuständig und der Imker hat gesagt, ein Schornsteinfeger wäre zuständig. Da hab' ich halt die Feuerwehr gerufen." Je nach Zeit und Lust werde ich in diesem Sinne von ein paar unserer ungewöhnlicheren Einsätze erzählen.


Wenn die Polizei Schafe zur Fahndung ausschreibt

Einer unserer Einsätze wird mir wohl ewig im Gedächtnis bleiben. Das Alamierungsstichwort lautete "gewaltbereites Schaf behindert den Verkehr". Was auch immer man sich darunter vorstellen soll, wir rückten erstmal aus. Vor Ort trafen wir zwei Polizisten an, die schon vor Ort waren. Anscheinend war irgendwo ein Schaf ausgebrochen und auf die Landstraße gelaufen. Als jemand das Schaf von der Straße scheuchen wollte, hatte es ihn wohl anrempelt und war durch Gärten einen Hang hinauf geflohen. Das erklärte wohl die Alarmierung. Aber die Geschichte fängt ja gerade erst an.

Wir (die Feuerwehr) und die beiden Polizisten machten sich also auf die Verfolgung des flüchtigen Schafes. Während wir ein paar Leinen dabei hatten, um das Schaf gegebenenfalls einzufangen, nahmen unsere Kollegen in Blau die Warnung vor der Gewaltbereitsschaft ernster. Einer der Plozisten hatte seine Hand die ganze Zeit an der Waffe, der andere trug einen spitzen Metallpfosten als Waffe. So kämpften wir uns durch zunehmend dichtere Hecken der vermutlichen Spur des Schafes hinterher. Nachdem ich über den zweiten Zaun geklettert war, bezweifelte ich, dass das Schaf hier jemals durchgekommen war, aber einer meiner Kameraden konnte ein Stück Wolle in einer Hecke entdecken. Anscheinend war das Schaf hier tatsächlich gewesen.

Um die Geschichte abzukürzen: Wir durchsuchten mit etwa 20 Mann den gesamten Hügel und konnten das Schaf nicht finden. Wir wollten schon aufgeben, als einer von uns eine Bewegung unter einem Busch bemerkte. Hatten wir das Schaf also doch noch gefunden. Damit es nicht entkommen konnte, zogen wir den Ring enger und standen schließlich mit etwa sechs Mann um den Busch herum. Einer krabbelte unter den Busch um das Schaf heraus zu holen. Doch statt dem Schaf kam plötzlich der Ruf: "Mist, das ist ein Wildschwein!" Zum Glück schien dieses vor uns genausoviel Angst zu haben, wie wir vor ihm und machte sich schnell durch eine Lücke in unserem Kreis ab. Dabei sah ich, dass es noch ein Frischling war. Bevor seine Mutter auftauchen konnte, beschloss unser Einsatzleiter die Suche abzubrechen. Das Schaf würde sich schon wieder von selbst einfinden.

Tatsächlich ist dies nicht das Ende der Geschichte. Zwei Tage später wurden wir erneut alarmiert. Ein Schaf sei in einen Keller eingebrochen. Tatsächlich konnten wir vor Ort ein Schaf entdecken, dass es sich in einer Kellerecke gemütlich gemacht hatte. Bis der Besitzer gefunden werden konnte, sollte das Schaf bei einem örtlichen Bauern untergebracht werden. Damit endete für uns die Geschichte des wahrscheinlich kriminellsten Schafes der Republik. Ob die Staatsanwaltschaft noch Strafantrag wegen Verkehrsbehinderung, tätlichem Angriff und Einbruchs erhob, konnte ich leider nicht mehr in Erfahrung bringen.


Von LKWs und abschüssigen Straßen

Eines nachts, so gegen 1 Uhr, wurde ich von meinem Funkalarmempfänger geweckt. Also aufstehen, anziehen und in die Feuerwehr rennen. Dort erfuhren wir über Funk von der Leitstelle, dass wir von der Polizei angefordert worden waren. Ein abgestellter LKW sei auf einer stark abschüssigen Straße ins Rutschen gekommen und wir sollten ihn nun sichern. Okay, soweit nichts Verwunderliches, wenn man wie ich in einem Dorf im Taunus wohne, in dem fast jede Straße stark abschüssig ist. Verwunderlich wurde es, als uns die Einsatzstelle genannt wurde. Der LKW sollte sich in der Talstraße befinden. Wie der Name vermuten lässt, befindet sich die Talstraße im Tal und ist die wahrscheinlich einzige Straße in meinem Ort, die nicht das geringste Gefälle hat. Aber vor Ort würden wir sicher diese mysteriöse Meldung klären können.

Wir fuhren also mit mehreren Fahrzeugen in die Talstraße. Dort erwarteten uns zwei Polizisten neben einem LKW und schienen von unserer schieren Personalmasse sehr überrascht zu sein. Nachdem sich unser Einsatzleiter mit den Polizisten unterhalten hatte, ergab sich ein klareres Bild der Lage: Der LKW war ohne Feststellbremse oder eingelegtem Gang abgestellt worden und ist danach irgendwie ins Rollen gekommen. Deswegen hatte er den PKW hinter sich berührt. Schäden waren oberflächlich nicht festzustellen, aber die Polizei wollte verhindern, dass der LKW erneut wegrollen konnte. Da die Polizisten keine Möglichkeit sahen, den LKW alleine zu sichern, hatten sie bei ihrer Leitstelle gefragt, ob "mal jemand" ein paar Unterlegkeile vorbeibringen könnte.

Daraufhin hatte die Polizei-Leitstelle bei unserer Leitstelle angerufen und die hatte dann uns alarmiert. Das ist ein Problem bei der Freiwilligen Feuerwehr, entweder man bekommt keinen oder alle. Da wir ja nur über unsere Funkalarmempfänger erreicht werden, alarmieren die halt alle gleichzeitig. Irgendwo bei dieser Stillen Post muss sich dann wohl auch die stark abschüssige Straße in die ursprüngliche Meldung geschlichen haben.

Unser Einsatz beschränkte sich dann darauf, dass wir einen Metallkeil unter ein Rad des LKW geklemmt haben. Den beiden Polizisten war es dann sichtlich peinlich, dass sie etwa 25 Feuerwehrleute wegen einer zehnsekündigen Aufgaben um den Schlaf gebracht hatte. Auf jeden Fall ging es danach wieder ins Bett.


Warum Grillen und Fußball-WM eine schlechte Kombination sind

Es war ein Samstagabend im Sommer 2010. Die Wiederholung des Sommermärchens von 2006 war erneut an Spanien gescheitert und unsere Fußball-Nationalmannschaft stand im Spiel um den dritten Platz. Ich saß mit einigen Freunden zusammen in der Feuerwehr und wir schauten zusammen das Spiel. Uruquay war gerade in Führung gegangen, als unsere Melder aufgingen. Wir wurden zu einer unklaren Rauchentwicklung an einem Steilhang alarmiert.

Da es heiß und trocken war, war das eine sehr ernste Meldung. Es könnte sich immerhin um einen Flächen- bzw. Waldbrand handeln. Wir fuhren also so nah wie möglich mit unserem Tanklöschfahrzeug an den gemeldeten Ort. Tatsächlich konnten wir eine deutliche Rauchentwicklung feststellen, die sich recht weit oberhalb der Straße im Feld entsprang. Mit einem kleineren, geländefähigen Fahrzeug konnte unser Wehrführer näher an die vermutete Feuerstelle gelangen.

Am Ursprung des Rauchs hatten es sich ein paar jüngere Männer in Klappliegestühlen gemütlich gemacht. Vor ihnen war ein kleiner Fernseher aufgebaut, auf dem sie Fußball schauten. Und neben ihnen, mitten auf der trockenen Wiese, qualmte ein Grill vor sich hin. Schon von Weitem wurden wir von ihnen begrüßt: "He, was macht ihr denn hier?! Warum guckt ihr nicht wie alle anderen Fußball?!"

Ihnen war noch nicht in den Sinn gekommen, dass ihr Grillfeuer der Grund für unser Erscheinen war. Zum Glück konnte unser Wehrführer die drei überzeugen ihr Feuer zu löschen und sich vom Acker zu machen, bevor wir die Gelegenheit bekamen die drei zu löschen (mit 2,5 m³ Wasser oder so...). Nachdem ihre Personalien aufgenommen waren und ihnen die Gefahr von Feuer auf trockenen Wiesen erklärt worden war, konnten wir zurückfahren. Im Feuerwehrhaus kamen wir dann noch gerade rechtzeitig zum Abpfiff an. Der kleine Trost an der Sache: Auch unsere drei Grillfreunde dürften vom Ende des Spiels nichts mehr mitbekommen haben...
 
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Wer hat hier auf dem Schlauch gestanden?

Eines schönen Morgens in den Semsterferien wurde ich unsanft aus den HIMYM-Wiederholungen gerissen. Nicht nur mein Melder, sondern auch die Sirene drei Häuser weiter, machten sich lautstark bemerkbar. Aus der Durchsage über den Melder konnte ich direkt hören, dass es einen Großbrand in einem anderen Ortsteil gab. Da es ein Wochentagmorgen war, rechnete ich nicht mit vielen Kameraden. In der Feuerwehr wurde ich in dieser Erwartung auch nicht enttäuscht. Wir waren zu viert. Darunter kein Gruppenführer und nur einer mit LKW-Führerschein. Als dienstältester Truppführer übernahm also ich das Kommando. Wir waren für den Brand eines Aussiedlerhofes alarmiert worden und speziell wurde unser Schlauchwagen angefordert.

Ein Schlauchwagen ist ein Fahrzeug, auf dem hauptsächlich Schläuche verladen sind. (Wer hätte das gedacht?) Normalerweise sind unsere Schläcueh aber aufgerollt, so dass man sie tragen und ausrollen kann. In einem Schlauchwagen liegen die Schläuche in Buchten in großen Schubladen. Somit kann man die Schläuche direkt aus dem fahrenden Fahrzeug verlegen. In unserem Schlauchwagen haben wir so einen Kilometer Schlauch, den wir schnell verlegen können.

Normalerweise rückt unser Schlauchwagen nicht alleine aus, aber da wir nur einen Fahrer hatten, entschied ich, dass wir schon mal losfahren. Der Vierte sollte warten, ob noch weitere Kameraden eintrafen.

Am Einsatzort trafen wir gleichzeitig mit einer anderen Ortsteilfeuerwehr ein. Ich begab mich zusammen mit deren Gruppenführer auf die Suche nach der Einsatzleitung. Die kam uns auch direkt in Form unseres Stadtbrandinspektors (Chef der Feuerwehr) entgegen. Aber statt uns zu sagen, was wir tun sollten, verabschiedete er sich, er habe noch was Wichtiges zu tun und wir bekämen das auch alleine hin. Wir beide waren erstmal etwas verduzt, konnten dann aber den Wehrführer der örtlichen Feuerwehr (und damit Einsatzleiter) finden. Während die andere Ortsteilfeuerwehr beim Löschangriff unterstützen sollte, bekam ich den Auftrag bei der Wasserversorgung zu helfen. Das überraschte mich nicht im geringsten, immerhin wollte man ja extra unseren SW haben. Wie die Wasserversorgung aussehen sollte, war auch klar. Aus dem angrenzenden Industriegebiet sollten zwei parallele Schlauchleitungen über etwa 1,5 km Landstraße gelegt werden. Der Schlauchwagen der Kernstadt (mit 2 km Schlauch) hatte damit bereits begonnen und wir sollten weitermachen, wenn er leer war.

Als ich zu meinem Fahrzeug zurückkam, war auch unser Tanklöschfahrzeug eingetroffen und mit ihm auch ein Gruppenführer. Nach kurzer Rücksprache sollte ich als Fahrzeugführer die Schlauchleitung verlegen (lassen). Mitten auf der Landstraße trafen wir den leeren SW der Kernstadt und seine beiden unvollständigen Schlauchleitungen. Da ich Zweifel hatte, ob wir genügend Schlauchmaterial für zwei Leitungen hatten, entschied ich, zunächst nur eine Leitung zu legen. Diese Entscheidung sollte sich später als doppelt richtig herausstellen. Also setzten wir zunächst unsere Tragkraftspritze (eine tragbare Pumpe) und schlossen die beiden leeren Leitungen an. Die Pumpe würde den Druck verstärken, so dass das Wasser überhaupt die lange Strecke überwinden konnte. Dann legten wir die Schlauchleitung bis zur Brandstelle. Dafür brauchten wir etwa 700 unserern 1000 Meter. Also hätten wir gar nicht zwei Leitungen legen können. Aber das wurde schnell zur Nebensache.

Als wir den Hof betraten, kam uns aufgeregt der Einsatzleiter entgegen, was wir hier überhaupt machen. Ich antwortete, dass wir gerade seine Wasserversorgung sichergestellt haben. Darüber freute er sich aber überhaupt nicht. Anscheinend reichte die Wasserversorgung vor Ort für den Brand aus. Und anscheinend war das seit 30 Minuten bekannt. Leider hatte uns das niemand gesagt. Es ließ sich nachträglich nicht mehr klären, wo der Befehl hängen geblieben ist, aber er ging niemals über Funk raus. Auf jeden Fall hatten wir nun knapp 3 km unbenutzten Schlauch auf der Landstraße liegen. Folgerichtig war unsere Aufgabe für die nächsten paar Stunden, diese etwa 150 Schläuche wieder aufzurollen und einzusammeln. Nur damit wir sie dann in der Feuerwehr wieder ausrollen und in Buchten in die beiden SW räumen konnten. Vom Feuer habe ich während des gesamten Einsatzes nichts gesehen.
 
Wenn aus Übung Ernst wird

Um zu meiner Geschichte zu kommen, muss ich einen größeren Bogen schlagen. Ein allgemeines und zunehmendes Problem der Freiwilligen Feuerwehren ist die sogenannte Tagesalarmstärke. Also wie viel Einsatzkräfte sie tagsüber bei einer Alarmierung zusammen bekommen. Da die meisten Menschen immer weiter vom Wohnort entfernt arbeiten und viele Arbeitgeber nicht von der Feuerwehrtätigkeit begeistert sind, können immer weniger zu Einsätzen kommen. In Städten ist das noch viel schlimmer, da diese mehr Einsätze haben. Unser Ortsteil kommt durchschnittlich auf so einen Einsatz alle zwei Wochen. Die Kernstadt kommt eher auf einen am Tag.

Auf jeden Fall zeigte sich, dass die Kernstadt nicht mehr die erforderliche Tagesalarmstärke aufbrachte. Deswegen wurde entschieden, dass im wöchentlichen Wechsel je ein Ortsteil zur Unterstützung der Kernstadt mitalarmiert wird, wenn ein Feuer gemeldet wurde. Das wurde so in den Einsatzleitrechner eingegeben und funktioniert seit dem mehr oder weniger automatisch.

Diese Regelung war noch sehr neu, als mein Ortsteil zur Unterstützung alarmiert wurde. Statt der üblichen Brandmeldeanlage (die in 90% der Fälle ein Fehlalarm ist) lautete die Meldung über Funk: "Bestätigtes Feuer in Gebäude, Menschenleben in Gefahr". Das ist so ungefähr das schlimmste Einsatzstichwort, das man so erleben kann. Die bestätigte Feuermeldung sagt, dass tatsächlich einen Person auf der Leitstelle angerufen hat: "Hier brennt es und da sind noch Menschen drin." Egal was man von der Zuverlässigkeit von Augenzeugen hält, in einem solchen Fall sind sie deutlich zuverlässiger als technische Hilfsmittel (wie zum Beispiel die Druckknopfmelder, die ja ab und zu mal unbeabsichtigt gedrückt werden...).

Wir rückten also mit allem was wir hatten aus. Es ging in die enge Altstadt. Ich war Angriffstruppführer und rüstete mich auf der Anfahrt mit Atemschutz aus. In der Altstadt ergab sich dann das Problem, wie man zum Einsatzort gelangen sollte. Es hatten wiedermal eine Reihe Autos im Halteverbot geparkt und von unserer Seite war kein Durchkommen mehr. Nachdem dann schon zwei Spiegel dran glauben mussten, schickte der Gruppenführer mich und meinen Truppmann schon mal mit Atemschutz vor. Wir sollten dann falls nötig mit dem Material der Kernstadt arbeiten, die von ihrer Seite anfahren konnte.

Wir kamen also auf das brennende Haus zugelaufen und es brannte tatsächlich, zumindest kam Rauch aus dem Keller und es roch auch nach Feuer und nicht nach Nebelfluid. Der Einsatzleiter hatte nichts gegen einen weiteren Angriffstrupp einzuwenden. Da seine beiden Trupps mit der Menschenrettung aus dem Obergeschoss beschäftigt waren, schickte er uns mit einem Strahlrohr zum Innenangriff in den Keller. Irgendwas kam mir die ganze Zeit merkwürdig vor, aber ich konnte es nicht benennen.

Wir beide gingen also unter Atemschutz in den Keller vor. Dort fanden wir einen kleinen Stapel mit brennendem Sperrmüll, nichts wirklich Dramatisches. Natürlich begann mein Truppmann direkt mit dem Löschen. Da tippte mir plötzlich jemand auf die Schulter. Da wir uns in einem verrauchten, brennenden Keller befanden, erwartet man da sonst niemanden. Entsprechend wäre ich vor Schreck durch die Decke gegangen, wenn ich nicht den schweren Pressluftatmer auf gehabt hätte. Als ich mich umdrehte sah ich da zwei Kameraden der Kernstadt mit Atemschutz und zwei Feuerlöschern in einer versteckte Ecke sitzen. "Macht das Feuer doch nicht aus! Die anderen wollen auch noch ihren Spaß haben!"

In diesem Moment fügten sich einige Mosaiksteinchen, die ich vorher nur unterbewusst wahrgenommen hatte zusammen: Warum waren die Kameraden der Kernstadt trotz eines solchen Einsatzes alle so ruhig? Warum hatte dieses Wohnhaus keine Scheiben mehr? Warum stand ein Abrissbagger im Hof? Wir befanden uns in einer Alarmübung, nur hatte uns das niemand gesagt.

Bei einer Alarmübung wird so vorgegangen, als wäre es ein echter Einsatz. Die Melder und Sirenen werden ausgelöst, es gibt eine Anfahrt mit Sondersignal und das Einsatzgeschehen wird normalerweise aufwändig mit Rauchbomben und Verletztendarstellern simuliert. Trotzdem ist es eine Übung, von der die Einsatzkräfte normalerweise im Voraus wissen, dass es eine Übung ist. Man muss sich ja nicht unnötig in Gefahr bringen. Sie wissen nur nicht wann und wo genau diese stattfinden wird.

Nach dem "Einsatz" stellte sich dann wirklich heraus, dass die Kernstadt eine Alarmübung in einem Abrisshaus veranstaltet hatte. Deren Kameraden wussten auch alle Bescheid. Leider hatte niemand mehr daran gedacht, dass bei einem Feuer nun ja automatisch einer der Ortsteile mitalarmiert wird, folglich hatte denen auch keiner etwas erzählt. Letzlich fanden das eigentlich alle ganz lustig, bis auf den Einsatzleiter der Kernstadt, der der Versicherung erklären musste, warum bei einer Übung zwei unbeteiligte Autos beschädigt worden waren.
 
Von Gasaustritt und offenem Feuer

Eines Abends wurden wir zu einem Gasgeruch in einer Tiefgarage alarmiert. Gasgeruch ist immer eine recht unklare Lage. Bildet sich da jemand nur was ein oder tritt wirklich irgendwo Gas aus? Sollte letzteres der Fall sein, ist es vor allem eine Frage der Gaskonzentration. Wenn der Anteil an Gas in der Luft hoch genug ist, bildet sich ein explosionsfähiges Gemisch, das durch einen einzelnen Funken in die Luft gehen kann. Vor allem in geschlossenen Räumen besteht diese Gefahr. Deswegen muss man bei einem solchen Einsatz unbedingt vermeiden, dass man irgendwo einen Zundfunken erzeugt. Es darf also kein Schalter betätigt werden, kein Elektrogerät eingeschaltet und so weiter.

Als wir ankamen ging der Einsatzleiter an den Eingang der Tiefgarage und schnüffelte kurz. Dann befand er: "Ja, hier riechts nach Gas." Da wir kein eigenes Messgerät besitzen und das der Stadt noch auf der Anfahrt war, wurde ich mit meinem Truppführer als Angriffstrupp zur Erkundung mit Atemschutz in die Tiefgarage geschickt. Wir sollte unter anderem den Haupthahn finden. Wir hatten nur unsere explosionsgeschützen Lampen dabei, nicht einmal Funkgeräte, da diese nicht ex-geschützt sind. Auch Werkzeug, das ja Funken schlagen könnte, wenn es hinfällt, hatten wir keins dabei.

Draußen war weiträumig abgesperrt und im Haus über uns, evakuierten unsere Kameraden die Bewohner mit Pochen an der Tür (Klingeln können Funken erzeugen!). Dabei ist ihnen aber jemand durch die Lappen gegangen, denn plötzlich öffnete sich die Tür zum Treppenhaus in der Tiefgarage und eine Frau trat heraus. Sie sah uns und meinte: "Warum machen Sie sich denn kein Licht, Sie sehen ja gar nichts." Unsere "HALT!"-Schreie konnten sie nicht mehr davon abhalten, den Lichtschalter zu drücken. Die Leuchtstoffröhren flackerten auf und gingen an. Sonst passierte nichts. Mein Truppführer kommentierte diese Nahtoderfahrung lapidar mit: "Jetzt haben wir immerhin bewiesen, dass es hier kein zündfähiges Gemisch gibt."

Das konnte dann kurz darauf auch mit dem Messgerät bestätigt werden. Es roch zwar weiterhin nach Gas, aber das Messgerät konnte nichts aufspüren und die Quelle des Geruchs konnten wir auch nicht finden. Somit fuhren wir dann unverrichteter Dinge wieder heim und ließen eine Frau zurück, die nach einer Ansprache des Einsatzleiters hoffentlich verstanden hatte, dass sie im Begriff war sich umzubringen.


Die Augen des Betrachters

In einer früheren Geschichte hatte ich geschrieben, dass Augenzeugen normalerweise zuverlässiger sind, als technische Warneinrichtungen. Aber auch auf die Aussagen der ersteren sollte man sich nicht unbedingt verlassen.

Bei einem Einsatz wurden wir zu einem Verkehrsunfall mit einem überschlagenen LKW und mehreren eingeklemmten Personen alarmiert. Das hört sich natürlich sehr gefährlich an. Als wir ankamen, war der Rettungsdienst schon bei der Arbeit und kümmerte sich um den Fahrer eines PKWs, der im Straßengraben stand. Nur einen LKW, geschweige denn einen überschlagenen, suchten wir vergebens. Auch der PKW hatte sich nicht überschlagen und eingeklemmt war auch niemand, erst recht nicht mehrere Personen.

Wir haben keine Ahnung, wie es zu dieser Alarmierung kommen konnte, aber letzlich beschränkte sich unsere Tätigkeit darauf, die Unfallstelle bis zum Eintreffen des Abschleppdienstes abzusichern. Danach fuhren wir zurück und wunderten uns, ob sich noch irgendwo ein paar LKWs versteckten.
 
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Also langsam gehen mir die Geschichten aus, die ich hier noch ohne längere Erklärungen erzählen kann. Aber ein bisschen was geht noch:

Größenwahn?

In einem Sommer wurden wir zu einem Flächenbrand alarmiert. Als wir ankamen konnten wir sehen, dass etwa 100m² dder Wiese bereits verkohlt waren und sich das Feuer ringförmig davon ausbreitete. In der Mitte der verkohlten Fläche war ein rauchender Haufen Gartenabfälle zu sehen. Also hatte mal wieder jemand unerlaubterweise Gartenabfälle verbrannt und es war ihm außer Kontrolle geraten. Der Verursacher kam uns auch gleich aufgebracht entgegen: "Was machen Sie denn hier? Das bisschen Feuer bekomme ich schon alleine wieder aus!" Dazu schwenkte er mutig eine halbvolle Gießkanne.

Während sich der Mann erstmal eine Standpauke vom Gruppenführer abholte, bauten wir den Schnellangriff auf und löschten den Flächenbrand. Bis wir sicher waren, dass er aus war, hatten wir etwa 1500 Liter Wasser verbraucht. Hätten wir danach nicht noch mehr Arbeit bekommen, wäre es wahrscheinlich ganz lustig gewesen, die Löschversuche mit der Gießkanne zu beobachten.


Wer nicht hören will, muss sein Auto waschen

Während der Fahrt hatte der Motor eines LKWs Feuer gefangen. Der Fahrer konnte gerade noch stehen bleiben und aus dem Fahrerhaus springen. Verständlicherweise hatte er sich keine Mühe gegeben, den LKW irgendwo ordentlich zu parken. Also stand der brennende LKW mitten auf der Straße. Da der Brand zwischen der Kernstadt und meinem Ortsteil ausbrach, wurden beide Feuerwehren alarmiert. Wir hatten auch keine Probleme damit, dass der Lastwagen auf der Straße stand, die Straße wurde sowieso gesperrt.

Diese Sperrung wollte ein älterer, nach dem Auto zu urteilen, auch wohlhabenderer Mann nicht hinnehmen. Wie mir später von meinen Kameraden erzählt wurde, hat sich an unserem letzten Fahrzeug etwa folgende Szene abgespielt:

Unser Fahrzeug stand quer und blockierte somit rein optisch recht effektiv die Straße, als ein Mercedesfahrer gerne durchwollte. Dies drückte er auch lautstark aus, als er einen meiner Kameraden darüber aufklären wollte, dass die Feuerwehr überhaupt keine Straßen sperren darf. Mein Kamerad erwiederte darauf: "Aber ich darf hier stehen und Sie dürfen mich nicht überfahren." Das hielt den Fahrer aber nicht auf in der Folge weiterzufahren und sich an mehreren Feuerwehrfahrzeugen unter der Gefährung aller Feuerwehrleute vorbeizuquetschen. Dann kam leider sein Problem: Neben dem brennenden LKW lagen mehrere Schläuche übereinander und die Bodenfreiheit seines Mercedes war nicht hoch genug. Er setzte auf und blieb keine drei Meter von dem brennenden LKW hängen.

Jetzt interessierte er sich natürlich plötzlich brennend für unseren Einsatz (das Wortspiel musste sein ;)). Er forderte, dass wir ihn sofort befreien und sein Auto retten. Ebenso natürlich stieß er damit auf taube Ohren. Letztendlich passierte seinem Auto nichts, aber dieses bekam ein paar hundert Liter schmutziges Löschwasser und Schaum ab und die Polizei unterhielt sich auch noch länger mit dem Herren. Hoffentlich hat sich diese Abkürzung gelohnt, da die zwei Kilometer lange Umleitung ja anscheinend nicht zumutbar war.
 
Zur letzten Geschichte:
Da leistet ihr so wichtige Arbeit und dann wird es euch noch nicht einmal (von jedem) gedankt. Ich finde es erschreckend, wie krass manche Menschen drauf sind. Wenn ich sehe, dass Polizei oder Feuerwehr irgendwo stehen und irgendwas versperren, wird das schon seinen Grund haben, da muss ich auch nicht wissen, warum das so ist. Ich käme überhaupt nicht auf die Idee, mir "mein Recht" auf eine freie Straße erkämpfen zu wollen. Und dann auch noch so frech sein und erwarten, dass ihr alles stehen und liegen lasst um der Pfeife zu helfen.

aber dieses bekam ein paar hundert Liter schmutziges Löschwasser und Schaum ab
Geschieht ihm aber sowas von Recht! :lol::D
 
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Ich finde es erschreckend, wie krass manche Menschen drauf sind.

Och, da gibt es noch ganz andere Geschichten...

Zum Beispiel regen sich sehr viele Bürger immer wieder auf, wenn die Feuerwehr nachts mit Martinshorn ausrückt, weil sie ja dadurch gestört werden. Natürlich sind das dann die selben, die wenn sie selbst ein Problem haben, gar nicht schnell gnug Hilfe bekommen können. Bevor die Frage kommt, ob das wirklich nötig ist, Paragraph 38 der StVO sollte die Frage beantworten. Wir dürfen Wegerecht nur MIT Martinshorn in Anspruch nehmen.

Oder auch diese Geschichte ist ganz nett (auch wenn ich sie nur aus zweiter Hand habe, ich hab derweil einen anderen Keller ausgepumpt):
Es gab ein Unwetter mit schweren Regenfällen, das dazu geführt hat, dass die Kanalisation überlastet war und Dutzende Keller vollgelaufen sind. In einem solchen Fall kann die Feuerwehr (oder mehrere) nicht allen gleichzeitig helfen. Es wird halt nach Zeitpunkt des Anrufes und der (vermuteten) Schwere entschieden wer zuerst Hilfe bekommt. Ein Bürger wollte anscheinend nicht warten, bis er an der Reihe war und hatte sich mit einer übertriebenen Meldung eine Priorität erschlichen. Aber nicht nur das, es geht ja noch weiter. Meine Kameraden fingen also (nachdem sie die ganze Nacht schon nichts anderes gemacht hatten) auch an seinen Keller auszupumpen. Es dürfte so gegen 3 Uhr nachts gewesen sein. Sowas macht natürlich auch etwas Lärm, da laufen Pumpen und Stromerzeuger, usw. Nach den Erzählungen meiner Kameraden kam nach einiger Zeit der Mann, der uns alarmiert hatte, in den Keller und forderte die Feuerwehr auf, doch bitte leiser zu arbeiten, er wolle schlafen. Der Einsatzleiter vor Ort, war zum Glück schlagfertig genug und hat einfach einpacken lassen. Das war dem Mann natürlich auch nicht Recht. Bevor es aber noch weiter eskalieren konnte, sind wohl die anderen Bewohner des Mehrfamilienhauses eingeschritten und haben den Meckerer zum Schweigen gebracht. Danach wurde dann auch der Keller ausgepumpt.
 
ich wäre froh, wenn man hier regelmäßig sirene einschalten würde. wie oft wäre ich mit krankenwagen in einen unfall verwickelt worden, wenn der wagen nich rechtzeitig abgesoffen wäre 0_ô Wenn da so n Transporter aus ner seitenstraße geschossen kommt, zwar blaulich anhat, aber man ihn meilenweit nicht hört, is das schon doof.
 
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Ich find die Stories geil. Wahre Erlebnisse zu schildern, fiel mir neulich auf, ist mit der richtigen prise Humor einfach toll zulesen (Hatte da mal son Arbeitstag, der mit Schnee, Sommerreifen am Roller und der anschließenden Festellung, dass ich eigentlich frei hatte zu tun hat. Gehört hier abner nicht rein ;) )
 
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scheint ja einige zeit lang nichts neues passiert zu sein.

Also die Geschichten von mir waren aus 11 Jahren aktiver Dienstzeit gesammelt ;)

Als Düsseldorfer hätte er noch so einiges zu erzählen gehabt...
Ich hoffe, ihr werdet besser für eure Überstunden bezahlt.

Ich bin bei der freiwilligen Feuerwehr, wir werden überhaupt nicht bezahlt ;)
Ansonsten, erzähle doch mal von deinen Geschichten :)
 
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Ach, freiwillig. Das hatte ich vergessen :)

Ich wollte nur darauf hinaus, dass es bei uns in Düsseldorf ganz doll Ärger gab. Habt ihr doch bestimmt in den Nachrichten gehört? Unsere Berufsfeuerwehrleute haben für die letzten Jahre ihre Überstunden nicht bezahlt bekommen. Darauf hat einer bei Facebook seinen Unmut geäußert und etwas in der Art geschrieben, dass er sich Zeit lassen würde, wenn der Stuhl unseres Oberbürgermeisters (und somit sein Vorgesetzter) brennen würde. Neun Kollegen klickten auf "Gefällt mir". Der Schreiber und seine klickenden Kollegen wurden daraufhin vom OB suspendiert!! Nach viel Ärger von allen Seiten hat er die Suspendierung wieder aufgehoben. Mehr könnt ihr hier lesen: RP-Online und OB in der Kritik.

Da hat sich der Elbers gut mit ins Knie geschossen.
 
Einen hätte ich mal wieder:

Hase in Seenot

Ja, genau das war das Alarmierungsstichwort. Seenot verbindet man jetzt eher mit dem Meer und nicht mit Mittelgebirgen, aber gut. Wir sind also zum örtlich Bach gefahren und tatsächlich saß dort ein Kaninchen (kein Hase :p) auf einer "Sandbank" mitten im Bach und sah dabei nicht ganz so glücklich aus. Die Versuche von Anwohnern, das Kaninchen mit dem Köcher eines Zimmeraquariums einzufangen, waren bisher gescheitert. Da das Kaninchen offensichtlich zahm und ein Haustier war, nahm die Einsatzleiterin die pragmatische Lösung, lief einfach durch den Bach zum Kaninchen und nahm es ohne Gegenwehr auf den Arm. Es war dann sehr froh gerettet zu werden. Soweit also erstmal nichts Spektakuläres, aber immerhin mal wieder ein lustiges Einsatzstichwort.