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Diese Seite enthält den Text von Dunkle Ruinen aus The Elder Scrolls Online.
Inhalt
Man nennt mich verrückt und heißt mich einen Wahnsinnigen. Ich nehme diesen Titel an, den man mir verlieh, und trage ihn stolz wie einen Orden. Denn mein neuer Name beweist, dass ich wieder und wieder willens war, die dunklen Orte zu betreten. Dass ich den Ruinen aus Irrsinn und Chaos trotzte, um Wissen in die Welt zu bringen. Die Drei behüteten mich vor den Dingen, die ich fand, und schenkten mir lange genug einen klaren Verstand, um dieses Wissen mit der Welt zu teilen!
Ich fand meine erste daedrische Ruine, als ich noch ein sehr junger Mann war. Sie war ein verborgener Schrein aus der Vergangenheit, der den Erwartungen des Tribunals geweiht war. Ich wollte ein paar Kwamaskribs einfangen, die sich von der Herde entfernt hatten. Ich folgte den Skribs in eine verstecke Schlucht, wo ich die jämmerlichen Schreie eines Skribs hörte, die aus einer Spalte in der Felswand drangen. Ich zwängte mich durch die schmale Ritze und stellte fest, dass sie in eine große Vertiefung im Fels mündete. Doch es war keine gewöhnliche Höhle, die ich betreten hatte. Nein, dieser Ort war voller behauener Steine, die mich sofort gleichermaßen in Staunen und tiefe Furcht versetzten. Denn die erdrückenden Steinblöcke waren mit Netzmustern und Spinnenmotiven verziert, und die Statue in der Mitte des Raums stellte niemand anderen als die Netzweberin Mephala, die Erwartung Vivecs, dar.
Die Worte, die in den Sockel der Statue eingemeißelt waren, brannten sich in mein Gedächtnis und ich habe sie seitdem nicht vergessen: „Lust ist Liebe. Lügen sind Wahrheit. Tod ist Leben.“ Sie ängstigten mich, doch sie weckten zugleich eine Erregung in mir. Dieses Erlebnis brachte mich auf einen Pfad, der zu Wahnsinn und Wissen führte, doch wo das eine endet und das andere beginnt, vermag ich nicht zu sagen.
Ich geleitete die Skribs zurück zur Herde und kehrte zur Kwamamine meiner Familie zurück. Dort packte ich meine Sachen, sagte meiner Mutter Lebewohl und begann meine Suche nach jenen verborgenen Schreinen und dunklen Orten, an denen daedrische Ruinen ihrer Entdeckung harren.
Nicht jeder verwüstete Schrein liegt unter der Erde. Einige liegen auch unter freiem Himmel, fernab jeglicher Siedlungen. Sie können von Pflanzen überwuchert oder unter dem Moos von Hügeln und Bergen verloren sein. Ich habe sogar einmal einen Schrein besucht, der tief unter dem Meer verborgen lag.
Die Schreine in unterirdischen Höhlen und Anlagen neigen dazu, unheilvoller und beklemmender zu wirken, als jene, auf die man draußen stößt, doch dies könnte auch nur an der allgegenwärtigen Dunkelheit und dem Anblick der erdrückenden Felswände liegen. Manche dieser uralten Schreine liegen einsam in der Dunkelheit, während andere den Mittelpunkt gewaltiger Anlagen bilden, von denen viele durch komplizierte Fallen oder bösartige Ungeheuer bewacht werden – oder durch beides.
Ich habe mehr als ein Dutzend dieser daedrischen Ruinen besucht, und einige davon sind nicht so verlassen oder ungenutzt, wie es der Tempel einen glauben machen möchte. Es gibt unter uns nach wie vor jene, die die daedrischen Fürsten ehren oder gar anbeten, und ich habe nicht selten frische Gaben und Opfer an diesen dunklen Orten entdeckt. Doch das wahre Geheimnis, das Wissen, das mir meinen neuen Namen eingebracht hat? Dafür muss ich Euch bitten, Euch Eure Unvoreingenommenheit und Eure Entschlossenheit zu bewahren, da das, was ich Euch nun enthülle, unglaublich klingen mag. Vielleicht klingt es gar wie der Anfang einer Geschichte am Lagerfeuer, die einem einen unruhigen Schlaf bescheren soll. Doch ich versichere Euch, dass dies keine solche Geschichte ist.
Was fand ich im ersten Schrein der Netzweberin, den ich aus Glück oder Zufall betrat? Was trieb mich auf der Suche nach anderen daedrischen Ruinen aus dem Haus meiner Eltern? Es war eine Stimme. Wunderschön und verführerisch. Sie flüsterte und verriet mir Geheimnisse, die ich niemals hätte hören sollen. Das Flüstern kam aus der uralten verwitterten Statue. Es klang von den Höhlenwänden wider. Es hallte durch meinen Geist und wurde lauter und eindringlicher, bis meine eigenen Gedanken und Erinnerungen vollständig darin untergingen. Es jagte mir Angst ein, dieses Flüstern. Doch es erregte mich auch, und ich musste mehr hören. Doch die Netzweberin war fertig mit mir. Sie schenkte mir ihre weisen Worte und ihre dunklen Geheimnisse und verstummte dann. Jener Ort war wieder einsam und verlassen.
Wenn ich mehr hören wollte – und das wollte ich so sehr –, musste ich einen weiteren Schrein finden. Und so war meine Lebensaufgabe bestimmt. Ich musste andere geheime Orte, andere verborgene Ruinen finden. Ich musste hören, was die anderen Daedra zu sagen hatten. Nicht deshalb, weil ich sie verehrte. Nicht deshalb, weil ich unter dem Bann eines finsteren Zaubers stand. Nein, ich musste mehr erfahren, auf dass ich es mit der Welt teilen konnte. Es war unerlässlich! Es war meine Pflicht! Doch beim Verfassen dieser Worte stelle ich fest, dass ich nicht preiszugeben vermag, was mir die Stimmen verrieten. Meine Hand bringt das Flüstern nicht zu Papier. Sie weigert sich, ganz gleich, wie sehr ich mich auch darum bemühe.
Es scheint so, als wäre meine Mission gescheitert. Das Einzige, was ich Euch sagen kann, ist, dass es Geheimnisse zu entdecken gibt. Doch wenn Ihr sie in Erfahrung bringen möchtet, müsst Ihr offenbar Eure eigene Reise unternehmen. Sucht die dunklen Ruinen auf und lauscht dem Flüstern. Vielleicht ergeht es Euch besser als mir, und das Flüstern treibt Euch nicht in den Wahnsinn.